Eine Krankenpflegerin schiebt in einem Krankenhaus ein Krankenbett durch einen Flur.
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Marijan Murat

Die Regiomed-Kliniken gehen künftig getrennte Wege und werden wieder von den kommunalen Trägern verantwortet.

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Gegen den Trend: Kliniken zurück in kommunale Hand

Der Trend in Bayerns Kliniken geht zur Privatisierung. An der Grenze zu Thüringen geht man hingegen einen ganz anderen Weg. Mehrere Krankenhäuser sollen dort zurück in kommunale Hand, um den finanziell angeschlagenen Häusern besser helfen zu können.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten Franken am .

Die Regiomed-Kliniken gehen künftig getrennte Wege und werden wieder von den kommunalen Trägern verantwortet. Das teilt der Krankenhausverbund nach einer Gesellschafterversammlung mit. Demnach werden die Kliniken in Coburg, Lichtenfels, sowie Hildburghausen und Sonneberg in Thüringen in eigenständige Einheiten getrennt.

Eine Auswirkung auf die einzelnen GmbHs und die damit verbundenen Arbeitsplätze habe die Entscheidung nicht. Der Klinikverbund Regiomed beschäftigt eigenen Angaben zufolge mehr als 5.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Bestehende Synergien von Regiomed sollen weiterhin genutzt werden, heißt es in der Mitteilung.

Finanzielle Gründe: Regiomed-Kliniken zurück in kommunale Hand

Die Gesellschafter seien aus finanziellen Gründen gezwungen, die Krankenhäuser wieder in eigene Hände zu nehmen, so der Vorsitzende der Gesellschafterversammlung und Lichtenfelser Landrat, Christian Meißner (CSU). "Seit 1. Januar 2023 sind deutschlandweit bereits mindestens 25 Krankenhausträger insolvent", erläutert Meißner. Die Entscheidung sei auch getroffen worden, um einer drohenden Insolvenz entgegenzuwirken und die Krankenhausleistungen sicherzustellen.

Für dieses und das kommende Jahr sieht Meißner hohe Verluste auf Regiomed zukommen, da die Ausgleichszahlungen des Bundes wegfielen und erhebliche Kostensteigerungen zu verzeichnen seien. Regiomed erwarte 2023 ein negatives Ergebnis von mindestens 20 Millionen Euro. Die Rückführung der Kliniken an die Gebietskörperschaften werde die Verluste zwar nicht aufhalten, allerdings seien schlankere Entscheidungsstrukturen möglich.

Grenzübergreifender Zusammenschluss, langsame Entscheidungen

So mache es der grenzübergreifende Zusammenschluss der Regiomed-Kliniken aus Bayern und Thüringen bis heute nötig, dass für Entscheidungen neben den Gremien der Kliniken zwei unterschiedliche Rechtsaufsichtsbehörden sowie bis zu vier Kreistage, ein Stadtrat und eine Verbandsversammlung zu berücksichtigen seien. Derart lange Entscheidungswege seien derzeit allerdings ein großes Risiko für den Konzern. Künftig sollen die Kliniken von ihren kommunalen Trägern wieder schnellere und maßgeschneiderte Hilfe erhalten können.

Die Entscheidung der Gesellschafter, die Regiomed-Kliniken zurück in kommunale Hand zu führen, soll zum Januar 2024 wirksam werden. Sie muss noch von allen kommunalen Gremien verabschiedet werden.

Kliniken vielerorts in Bayern in Finanznot

Ihre Finanznöte teilen die Regiomed-Kliniken mit vielen Krankenhäusern in Bayern. Einer Umfrage der Bayerischen Krankenhausgesellschaft zufolge erwarten neun von zehn Krankenhäusern in Bayern in diesem Jahr einen Verlust in ihrer Bilanz. Ein Jahr zuvor waren es noch sieben von zehn, noch ein Jahr früher waren es nur fünf.

Mittlerweile gelten 19 Prozent aller Kliniken in Bayern gar als insolvenzgefährdet. Das geht aus dem aktuellen Krankenhaus-Rating-Report des RWI-Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung hervor. Bundesweit liegt die Quote bei zehn Prozent und damit niedriger. Schlechter als den bayerischen Kliniken geht es demnach nur Häusern in Baden-Württemberg.

Inzwischen hat sich nach Einschätzung des RWI der Anteil der insolvenzgefährdeten Kliniken sowohl bundesweit als auch in Bayern weiter deutlich erhöht. Auch die Deutsche Krankenhausgesellschaft warnte bereits zum Jahreswechsel: "Auf unsere Kliniken rollt 2023 eine Insolvenzwelle zu, die sich kaum mehr stoppen lässt."

Kliniken in Bayern noch häufiger kommunal geführt

Warum gerade in Bayern so viele Krankenhäuser rote Zahlen schreiben, erklärt das RWI damit, dass Kliniken im Freistaat noch vergleichsweise häufig kommunal geführt werden – von Kommunen, die häufig noch finanzstark genug seien, die Defizite der Krankenhäuser auszugleichen. Trotz finanzieller Schwierigkeiten könnten die Kliniken so über Jahre weiter arbeiten, während Krankenhäuser andernorts bereits in die Insolvenz gingen.

Der Trend geht dennoch zur Privatisierung. Wie die Deutsche Krankenhausgesellschaft mitteilt, werden derzeit 585 Kliniken im Bundesgebiet privat geführt, vor 13 Jahren waren es noch fast 50 Häuser weniger. Die Zahl der kommunalen Krankenhäuser ist unterdessen um mehr als 120 auf jetzt 450 gesunken. Weitere 499 Einrichtungen werden von Verbänden, Kirchengemeinden oder Stiftungen getragen. Auch diese Zahl sinkt.

Diskussion um Klinikum-Privatisierung in Bayreuth

Erst vor einer Woche hatte der Stadtrat in Bayreuth Plänen, wonach eine Privatisierung des Bayreuther Klinikums geprüft werden sollte, eine deutliche Absage erteilt. Zuvor wurde wochenlang über den Antrag einer kleinen Stadtratsfraktion gestritten, die der eine Privatisierung aus finanziellen Gründen prüfen lassen wollte.

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