Mit der Krankenhausreform wollen Bund und Länder die finanziellen Probleme vieler Kliniken besser in den Griff bekommen.
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Mit der Krankenhausreform wollen Bund und Länder die finanziellen Probleme vieler Kliniken besser in den Griff bekommen.

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Krankenhausreform: Was bedeutet sie für Bayern?

Gesundheitsminister Lauterbach hat sich mit der Mehrheit der Bundesländer auf Eckpunkte einer Klinikreform geeinigt. Wird sie die Finanzprobleme der Krankenhäuser lindern? Und warum stimmt nur Bayern gegen die Pläne? Ein Überblick.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Mit der Krankenhausreform wollen Bund und Länder die finanziellen Probleme vieler Kliniken besser in den Griff bekommen. Doch was sind wichtige Punkte der Reform? Ein Überblick.

Was bedeutet die Reform für Bayerns Krankenhäuser?

Das lässt sich noch nicht konkret sagen. Bislang liegen nur Eckpunkte vor, die in einem 15 Seiten langen Dokument zusammengefasst sind. Diese Eckpunkte müssen erst in einem Gesetzestext verarbeitet werden. Der soll dann bis Ende des Jahres verabschiedet werden, damit Änderungen zum Jahreswechsel in Kraft treten können. Deswegen sagt auch die Bayerische Krankenhausgesellschaft, die den Reformplänen skeptisch gegenüber steht: Genaue Einschätzungen sind im Moment nicht möglich.

Wie stark sind Bayerns Kliniken finanziell gefährdet?

Nach einer Umfrage der Bayerischen Krankenhausgesellschaft unter ihren Mitgliedern erwarten knapp neun von zehn Kliniken in diesem Jahr einen Verlust. Im Vorjahr machten sieben von zehn Kliniken nach eigenen Angaben ein Defizit. Oftmals gleichen die Träger, etwa Landkreise, diese Verluste aus. Deshalb können viele Kliniken über Jahre hinweg auch dann weiter arbeiten, wenn sie Defizite machen.

Nach einer Datenauswertung des RWI-Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung, die im Juni veröffentlicht wurde, befanden sich in Bayern im Jahr 2021 19 Prozent der Krankenhäuser der Kliniken "in erhöhter Insolvenzgefahr".

Dafür hat das RWI nicht eine Befragung durchgeführt, sondern Jahres-Abschlüsse der Kliniken selbst ausgewertet. Im Bundesschnitt sah das RWI elf Prozent der Kliniken in erhöhter Insolvenzgefahr. Bayerns Kliniken standen also beim Vergleich fürs Jahr 2021 deutlich schlechter da als der Bundesschnitt. Inzwischen hat sich nach Einschätzung des RWI der Anteil der insolvenzgefährdeten Kliniken sowohl bundesweit als auch in Bayern weiter deutlich erhöht.

Auch beim Blick auf die langfristige Entwicklung schneidet Bayern nach Einschätzung der RWI-Forscher schlecht ab. Bei einer Auswertung der Jahresabschlüsse von 2007 bis 2020 sei in Baden-Württemberg die Entwicklung am Langfrist-Vergleich am schlechtesten, Bayern belegt bei dieser Betrachtung den vorletzten Platz.

Warum stecken in besonders viele Kliniken in den roten Zahlen?

Das RWI-Leibniz-Institut beobachtet schon seit längerem, dass es in Bayern überdurchschnittlich viele Kliniken gibt, die Verlust machen. Da Bayern zu den Bundesländern mit besonders großer Wirtschaftskraft gehört, klingt dieser Befund auf den ersten Blick überraschend. Aber dieser scheinbare Widerspruch lasse sich auflösen, erklären die RWI-Forscher. In Bayern seien vergleichsweise viele Kommunen finanzstark genug, um die Defizite der Kreis-Krankenhäuser auszugleichen, die sie betreiben. Das sei mit ein Grund dafür, dass es im Freistaat mehr Kliniken gibt, die trotz ihrer schwierigen wirtschaftlichen Situation weiter arbeiten können.

Wird die Klinik-Reform die Finanzprobleme bayerischer Kliniken lindern?

Die Reform soll für mittel- und langfristige Veränderungen sorgen. Sie hat nicht das Ziel, dass die Finanzlücke geschlossen wird, die bei den Kliniken derzeit vor allem durch die hohe Teuerungsrate derzeit entsteht. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sieht es hier als Aufgabe vor allem der Krankenkassen, zusätzliches Geld zur Verfügung zu stellen.

Warum lehnt Bayern die Reform-Pläne als einziges Bundesland ab?

In den Augen von Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) lässt das Eckpunkte-Papier noch zu viele Fragen offen. Den Ländern sei eine Analyse versprochen worden, wie sich die Reform konkret auf Kliniken auswirken wird, eine solche gebe es bislang nicht. Nach jetzigem Stand sei in ländlichen Regionen eine ausreichende medizinische Versorgung gefährdet. Außerdem seien für Krankenhausplanung die Länder und nicht der Bund verantwortlich.

"Die Länder müssen weiter gestalten können, welche Krankenhausversorgung regional am sinnvollsten ist", sagte Holetschek. Diese Entscheidungshoheit sieht Bayerns Gesundheitsminister in Gefahr. Eine Sorge, die seine Länderkolleginnen und -kollegen offenbar nicht teilen: 14 von 16 Bundesländern stimmten den Eckpunkten zu.

Insgesamt stellt die Union drei der 16 Gesundheitsminister, alle drei votierten unterschiedlich. CDU-Ministerin Kerstin von der Decken aus Schleswig-Holstein enthielt sich. Der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) stimmte am Montag zu und sagte im Anschluss an die Beratungen: "Ich bin heilfroh, dass wir diese Eckpunkte erarbeitet haben." Er sei "sehr sicher, dass das unser Krankenhaussystem in Deutschland nach vorn bringen wird", so Laumann.

CSU grenzt sich von Bundesregierung ab

Holetschek sagte bei BR24 hingegen, er könne nicht "im Blindflug eine Reform abnicken". Einen "Blindflug", den er damit augenscheinlich nicht nur Bundesminister Lauterbach, sondern auch den zustimmenden Ländern vorwirft. Bayerns Einzelvotum beim Bund-Länder-Treffen erfolgte auch vor dem Hintergrund der anstehenden Landtagswahlen im Oktober.

Mit dem aktuellen "Nein" zur Reform grenzt sich die CSU weiter ab von der Politik der Bundesregierung. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) schrieb am Dienstag bei Twitter: "Die Ampel lässt unsere Krankenhäuser im Stich." Die Reform gehe zulasten des ländlichen Raums und führe zu seiner "Zwei-Klassen-Medizin", so Söder weiter.

Laut Gesundheitsminister Holetschek ist es dennoch denkbar, dass sich Bayern im Laufe des Gesetzgebungsprozesses den anderen Ländern noch anschließen könnte – sofern die Forderungen des Freistaats erfüllt würden. Dazu gehören etwa Ausnahmeregelungen für bestimmte Kliniken, die nach Einschätzung der Staatsregierung besonders wichtig für die Versorgung sind. Denn grundsätzlich lehnt Holetschek eine Reform der Krankenhauslandschaft nicht ab, im Gegenteil: Diese sei "definitiv" nötig.

Im Video: Stimmen zur Krankenhausreform

Stimmen zur Krankenhausreform
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