Ein einsamer Tourengeher in den Arber-Hochlagen (Symbolbild)
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Ein einsamer Tourengeher in den Arber-Hochlagen (Symbolbild)

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Freiheit vs. Lebensraum: Wie Wintersport den Wildtieren schadet

Tourenski- und Schneeschuhgehen boomen - doch viele Wintersportler sind zunehmend lieber abseits von Pisten und Loipen unterwegs. Für Wildtiere ist diese Entwicklung zum Teil jedoch tödlich. Im Arber-Gebiet will man dem jetzt entgegenwirken.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Niederbayern und Oberpfalz am .

Einfach einen Skikurs machen oder Langlauf lernen reicht vielen oft nicht mehr. Immer mehr Skischulen bieten auch Abenteuertouren mit Schneeschuhen oder "Schlitten-Gaudi" an - unter anderem auch im Bayerischen Wald. Das sehen Naturschützer kritisch, vor allem, wenn das Freizeitvergnügen in der Dämmerung oder nachts stattfindet.

Wildtiere leiden besonders unter nächtlichen Störungen

Denn das sind auch für Wildtiere Zeiten, in denen Störungen sie noch stärker irritierten, erklärt Johannes Matt, Arber-Gebietsbetreuer beim Naturparkverein Bayerischer Wald: "Unsere Winter in den Bayerwald-Hochlagen dauern einfach enorm lang. Wildtiere müssen die tiefen Temperaturen nachts, wenn es minus zehn oder minus 15 Grad hat, aushalten und mit der Energie haushalten. Der Wintersportler kann sich am Abend auf dem Kanapee vor dem Kachelofen aufwärmen. Das können unsere Wildtiere nicht, ganz im Gegenteil."

Aufklärung für alle Freizeitsportler und Wanderer wichtig

Einige Veranstalter sagen, Nachtangebote würden ohnehin nicht mehr so angenommen oder man habe sie gar nicht mehr im Programm. Aufklärung wäre aber auch für alle wichtig, die das auf eigene Faust machten. Klaus Wölfl von der "Sport-Alm" in Bodenmais beobachtet immer mehr Tagesausflügler, die schlecht vorbereitet im Winterwald unterwegs sind, mit Kinderwagen feststecken oder nur in Halbschuhen Sommerwege nutzen, die gar nicht zum Winterwandern ausgewiesen sind. Das führe zu unnötiger Beunruhigung in den Hochlagen.

Banner weisen auf Schutzgebiete hin

An beliebten Wanderwegen im Arber-Gebiet sind deswegen seit Kurzem zwölf große Banner mit einem Auerhahn-Symbol zwischen den Bäumen gespannt. Die vier letzten werden heute aufgehängt. "Dein Freiraum. Mein Lebensraum" steht darauf und die klare Anweisung an Schneeschuh- und Tourenskigeher, Wanderer und Spaziergänger: "Bitte Wege nicht verlassen".

Schutz vor allem für Auerhühner

Die gemeinsame Initiative unter anderem der Bayerischen Staatsforsten und des Naturparkvereins Bayerischer Wald zielt auf mehr Besucherlenkung. Damit sollen in der Arber-Region Wildtiere geschützt werden, vor allem die selten gewordenen und besonders scheuen Auerhühner.

Sie haben sich an stark frequentierte Langlaufloipen oder Wander- und Radwege gewöhnt, nicht aber an einsame Menschen im Gelände: "Die Loipe oder der Wanderweg - hier ist aus der Sicht des Vogels Gaudi," sagt Jürgen Völkl, Leiter des Forstbetriebs Bodenmais. "Das kennt er und da geht er dann einfach nicht hin. Aber die unbekannte und plötzliche Störung im freien Gelände, die führt zur Flucht und die verbraucht ein Mehrfaches an Energie bei den Tieren als nur zu warten, bis der Winter vorbei ist."

Der Schreck kann bei Wildtieren zum Tod führen

Viele Wildtiere überstehen nämlich die kalte Jahreszeit vor allem durch die Einsparung von Energie und ihre Fettreserven. Im tiefen Schnee finden Tiere wenig Nahrung. Deshalb können sie ihre Reserven auch nicht einfach wieder auffüllen. Wenn sie im Winter zu oft aufgeschreckt werden, kann das zum Tod führen. Vor allem Auerwild, das in dieser Jahreszeit nur energiearme Fichtennadeln frisst, ist da sehr empfindlich.

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Ein balzendes Auerhuhn

Einheimische öfter abseits der Wege als Urlauber

In der Arber-Region gelten 2.755 Hektar Wald und Freiflächen offiziell als Auerwild-Schutzgebiet. Die ersten Flächen wurden schon 1993 ausgewiesen. 2015 wurden die Flächen nochmals erweitert. Hier besteht ein strenges Gebot, auf den Wegen zu bleiben und Hunde anzuleinen. Doch das wissen immer noch zu wenige. Über die freigeräumte Windwurffläche im Hochwald stapfen, gerade bei Neuschnee und ganz allein, das ist natürlich verlockend. Viele Tourenskigeher fühlen sich dabei sogar besonders naturverbunden.

Doch gerade diese Freiflächen sind letzte Rückzugsgebiete für Wildtiere, gerade für Auerhühner. Werden sie hier aufgeschreckt, ist es für sie schlimmer als in Gebieten, wo sowieso mehr los ist. Abseits der Wege sind allerdings bevorzugt die Einheimischen unterwegs. Sie sind ortskundig. Urlauber trauen sich oft gar nicht runter vom ausgewiesenen Weg.

  • Zum Artikel "Wegegebot im Bayerischen Wald zum Schutz von Auerhühnern"

Urlaubsort Bodenmais überarbeitet Winterwanderkarte

Neben neuen Bannern und zusätzlichen Infotafeln sollen Wanderer und Wintersportler auch mehr zusätzlich ausgewiesene Routen finden. Der Urlaubsort Bodenmais hat deshalb jetzt ein überarbeitetes Wanderwege-Konzept und eine neue Winterwanderkarte:

"Da haben wir darauf geachtet, dass wir beim Thema Skitouren und Schneeschuhwandern Routen mit drin haben, die wirklich naturverträglich sind," sagt Tobias Wolf, Pressesprecher der Tourist-Info Bodenmais. "Schneeschuh und Tourenski sind im Trend. Das Angebot müssen wir also unseren Gästen ermöglichen, aber wir möchten darauf schauen, dass die Leute auf den Wegen bleiben."

Das Angebot an ausgewiesenen Routen ist groß und attraktiv, von der "Schneeschuh-Arbersee-Tour" bis zum "Chamer-Hütten-Weg". Dazu gibt es auch ein kleines Wanderbuch, das man mit Gästekarte sogar kostenlos erhält.

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An beliebten Wanderwegen im Arber-Gebiet sind seit Kurzem zwölf große Banner mit einem Auerhahn-Symbol zwischen den Bäumen gespannt.

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