Mehrere Oligarchen haben sich von Putin distanziert
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Mehrere Oligarchen haben sich von Putin distanziert

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Russische Oligarchen distanzieren sich von Putin

Die russische Wirtschaftselite äußert nur selten Kritik am Kreml. Moskaus Angriffskrieg auf die Ukraine hat offenbar jedoch einige Oligarchen zum Umdenken gebracht. Mehrere haben sich nun ungewöhnlich offen vom russischen Präsidenten distanziert.

Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs in der Ukraine haben sich mehrere Oligarchen von Kreml-Chef Wladimir Putin distanziert. In einem am Montag veröffentlichten offenen Brief an Putin schrieb der Medienmogul Evgeny Lebedev: "Als Bürger Russlands bitte ich Sie, den Zustand zu beenden, in dem Russen ihre ukrainischen Brüder und Schwestern töten." Zuvor hatten auch die Milliardäre Oleg Deripaska und Oleg Tinkow deutliche Kritik am russischen Krieg in der Ukraine geübt.

Die EU-Staaten, die USA, Kanada, Japan und weitere westliche Verbündete hatten zuvor harte Sanktionen gegen Russland beschlossen. Dazu zählen unter anderem ein Ausschluss wichtiger russischer Banken aus dem internationalen Zahlungssystem Swift und die Sperrung von Transaktionen der russischen Zentralbank zur Stützung der russischen Währung. Die Strafmaßnahmen richten sich auch gegen Oligarchen und deren Vermögenswerte.

Lebedev: "Die Welt vor der Auslöschung schützen"

Lebedev, der auch die britische Staatsbürgerschaft hat und im britischen Oberhaus sitzt, veröffentlichte den offenen Brief in der Zeitung "London Evening Standard", die ihm gehört. Europa stehe "am Rande eines weiteren Weltkrieges" und die Welt vor einer "möglichen atomaren Katastrophe", warnte er darin. Putin müsse die derzeitigen Verhandlungen mit Vertretern Kiews nutzen, um "diesen schrecklichen Krieg in der Ukraine zu beenden".

"Als britischer Bürger rufe ich Sie dazu auf, Europa vor diesem Krieg zu schützen", schrieb Lebedev. "Als russischer Patriot bitte ich Sie, den unnötigen Tod weiterer junger russischer Soldaten zu verhindern. Als Weltbürger rufe ich Sie auf, die Welt vor der Auslöschung zu schützen."

Milliardäre kritisieren Ausgaben für Krieg

Den Tod "unschuldiger Menschen" in der Ukraine prangerte am Montag auch der russische Milliardär Oleg Tinkow als "undenkbar und inakzeptabel" an. "Staaten sollten Geld für die Behandlung von Menschen und für die Krebsforschung ausgeben und nicht für Kriege", schrieb er auf Instagram.

Der Milliardär Oleg Deripaska forderte angesichts der gegen Moskau verhängten Wirtschaftssanktionen ein "Ende des Staatskapitalismus" in Russland. "Das ist eine echte Krise, und wir brauchen echte Krisenmanager", erklärte der Gründer des Aluminiumkonzerns Rusal auf Telegram.

Am Sonntag hatte auch der russische Oligarch Michail Fridman erklärt: "Krieg kann niemals die Antwort sein". In einem Schreiben an die Mitarbeiter seiner Beteiligungsgesellschaft LetterOne forderte der gebürtige Ukrainer nach Unternehmensangaben ein Ende des "Blutvergießens".

Einer der reichsten Männer Russlands, der Oligarch Roman Abramowitsch, wurde nach Angaben einer Sprecherin von ukrainischer Seite um Hilfe gebeten. Er sei kontaktiert worden, "um bei der Suche nach einer Lösung zu helfen und bemüht sich nun zu helfen", erklärte Sprecherin Rola Brentlin.

EU-Sanktionen treffen Oligarchen empfindlich

Die EU hat Sanktionen gegen Oligarchen aus dem Umfeld von Russlands Präsident Wladimir Putin in Kraft gesetzt. Damit werden unter anderem ihre Vermögenswerte in der EU eingefroren, wie aus einer Veröffentlichung im EU-Amtsblatt hervorgeht. Zudem wird ihre Reisefreiheit eingeschränkt. Neben Oligarchen sind auch Menschen aus Putins engerem Kreis wie Kremlsprecher Dmitri Peskow von den Maßnahmen betroffen.

Auch der Cellist und Putin-Vertraute Sergei Roldugin wird genannt. Roldugins Name tauchte bereits früher in der Berichterstattung zu den sogenannten "Panama Papers" auf. Die Enthüllungen ordneten ihm mehrere Offshore Firmen zu. Auf der Sanktionsliste aufgeführt werden zudem der Oligarch und Tui-Großaktionär Alexei Mordaschow, der enge Putin-Vertraute und Chef des Staatskonzerns Rosneft, Igor Setschin, sowie der bereits erwähnte Milliardär und Chef der Alfa-Bank, Michail Fridman. Außerdem genannt werden die Geschäftsleute Alischer Usmanow, Pjotr Aven und Nikolai Tokarew.

Die Kritik der Oligarchen könnte für den Kreml-Chef letztendlich zur Schwierigkeit werden, sagte ARD-Korrespondent Demian von Osten am Montagabend in der Tagesschau: "Das könnte für Russlands Präsident Putin, den Machtmenschen, am Ende ein größeres Problem sein, als wenn sich tausende Russen auf den Straßen des Landes versammeln."

Schweiz schließt sich Sanktionen an

Auch die Schweiz ist ein besonders wichtiger Finanzplatz für Russen. Nach Zahlen der Nationalbank lagen 2021 auf Schweizer Konten russische Vermögenswerte im Wert von rund 15 Milliarden Franken (14,5 Mrd. Euro). Jedes Jahr sollen weitere Milliardenbeträge in die Schweiz fließen. Am Montag beschloss die Regierung in Bern, sich den EU-Sanktionen anzuschließen. Die Vermögen aller Unternehmen und Personen, die auf europäischen Sanktionslisten stehen, sind ab sofort gesperrt, wie Präsident Ignazio Cassis sagte.

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