Hunderte Landesbeschäftigte nahmen an einer Demonstration in München im Rahmen der Tarif- und Besoldungsrunde teil.
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Hunderte Landesbeschäftigte nahmen an einer Demonstration in München im Rahmen der Tarif- und Besoldungsrunde teil.

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"Erst der Auftakt": Hochschul-Warnstreiks auch in Bayern

Prekäre Systeme und Frust über Befristungen: Beschäftigte des öffentlichen Dienstes der Länder fordern bei Streiks in dieser Woche eine bessere Bezahlung und bessere Bedingungen. Laut Verdi kamen am Montag bereits mehr Teilnehmer als erwartet.

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"Schluss mit prekärer Wissenschaft": Unter diesem Motto haben Beschäftigte des öffentlichen Dienstes mit Warnstreiks, Kundgebungen und Protestaktionen an mehr als 70 Hochschulen in Deutschland eine bessere Bezahlung gefordert. Ein Bündnis aus Gewerkschaften, Initiativen, Studierendenvertretungen und hochschulpolitischen Organisationen mobilisierten für einen Aktionstag.

Im Rahmen der laufenden Tarifrunde für die Angestellten der Länder fordern die Gewerkschaften eine Gehaltserhöhung von 10,5 Prozent, mindestens aber 500 Euro mehr im Monat. Zudem verhandeln sie über einen Tarifvertrag für studentische Hilfskräfte. Auch die massenhaften Befristungen an Hochschulen seien ein Thema. Mindestens 35 Prozent der wissenschaftlichen Mitarbeiter sollen unbefristet angestellt sein, fordert Verdi. Hinzu kommen Forderungen, die über die Tarifrunde hinausgehen. Dazu zählen höhere Bafög-Sätze sowie eine Forschung und Lehre, die unabhängig von Drittmitteln und Projektförderung ausfinanziert sind. Die Verhandlungen sollen Anfang Dezember in ihre dritte Runde gehen.

Verdi-Warnstreik in München: "Erst der Auftakt"

Auch an der Bayerischen Staatsoper und den Staatstheatern in München fielen am Montag Vorstellungen wegen der Warnstreiks aus. In der Landeshauptstadt folgten laut Angaben der Polizei über 1.500 Menschen dem Warnstreik-Aufruf von Verdi: Mit Trillerpfeifen und Rasseln zogen sie mittags als Demonstrationszug durch die Innenstadt, vom Odeonsplatz zur Technischen Universität. Auf einem weißen Laken mit Flecken und Löchern der Streikenden – unter ihnen Angestellte von Hochschulen, Kultureinrichtungen und von der Polizei – stand: "Dieses Laken ist so erbärmlich wie eure Verhandlungsbereitschaft".

"Wir demonstrieren für faire und gerechte Löhne der Landesbeschäftigten. Die heutige Aktion ist erst der Auftakt", sagt Heinrich Birner von Verdi München. Am 5. Dezember soll wieder gestreikt werden, kündigte er an.

Bamberg: 120 Beschäftigte nehmen an Verdi-Warnstreik teil

In Bamberg beteiligten sich rund 120 Beschäftigte des öffentlichen Dienstes am Warnstreik. "Zum Streikauftakt an der Uni Bamberg mit Studierendenwerk und Leibniz-Institut sind unsere Erwartungen mehr als übertroffen worden", wird Gewerkschaftssprecher Moritz Faude von Verdi Oberfranken-West in einem Schreiben zitiert. Zwischen 8.30 Uhr und 12 Uhr war in der Innenstadtmensa eine Streikkonferenz angekündigt. Ohne die bundesweit mehr als 300.000 studentischen Beschäftigten würden die Hochschulen nicht laufen, betonte die Verdi-Jugendsekretärin für Oberfranken, Talea Scholz.

Streikbeteiligung in Erlangen "historisch hoch"

Die hohe Inflation der vergangenen Monate bekämen gerade Hochschulbeschäftigte in den niedrigen Entgeltgruppen zu spüren, sagte Gewerkschafterin Joana Terborg von Verdi Mittelfranken mit Blick auf die Länder-Tarifverhandlungen. In Erlangen gingen Montagvormittag knapp 200 Hochschulbeschäftigte auf die Straße, für eine Kundgebung vor dem Audimax und einen anschließenden Protestzug. Laut Terborg sagen viele der Mitarbeiter, es könne nicht sein, dass sie "als Beschäftigte des öffentlichen Dienstes auf Nebenjobs angewiesen" seien. Ein Demonstrant, der als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Uni Erlangen arbeitet, berichtet davon, dass er bis zu seinem Bachelor-Abschluss lediglich den Mindestlohn bekommen habe. Jetzt, nach seinem Abschluss, sei es mit 13 Euro nur unwesentlich mehr. "Ich lebe auf Armutsniveau", sagt er.

Gewerkschafterin Terborg fordert allerdings auch mehr Geld für die Hochschulen. Sie spricht von einem "prekären Wissenschaftssystem", von "Kettenbefristungen". Damit müsse endlich Schluss sein, so Terborg. Was es brauche, sei eine solide Ausfinanzierung der Universitäten und Hochschulen. Nur so könnten die Einrichtungen gute Arbeitsbedingungen und damit auch gute Forschung und Lehre ermöglichen. Aufgrund der großen Verärgerung sei die Streikbeteiligung in Erlangen "historisch hoch", so die Gewerkschafterin. So sei von dem Streik erstmals die Erlanger Uni-Mensa betroffen. Auch alle Kitas des Studierendenwerks blieben zu. Neben Erlangen streikten in Franken auch Uni-Beschäftigte in Nürnberg, Bamberg und Bayreuth.

Rund 200 Hochschulmitarbeiter in Regensburg streiken für mehr Geld

In Ostbayern war vor allem die Oberpfalz von dem Streik betroffen. So hatte die Gewerkschaft Verdi die Beschäftigten der Universität Regensburg, der Ostbayerischen Technischen Hochschulen in der Oberpfalz und der Oberpfälzer Einrichtungen des Studentenwerks Niederbayern/Oberpfalz zu einem Warnstreik aufgerufen. In Regensburg zogen laut einem Gewerkschaftssprecher bis zu 200 Mitarbeiter in die Innenstadt zu einer Kundgebung. Mensen und Cafeterien seien geschlossen geblieben, so ein Verdi-Sprecher.

Verdi-Streiks in Niederbayern erst am Donnerstag

Die Beschäftigten in Niederbayern nehmen an den Streiks erst die kommenden Tage teil. Laut Verdi-Sprecher Josef Ilsanker beteiligten sich zwar schon 150 Angestellte der Uni Passau an einer "Aktiven Pause", doch der Hauptstreiktag in Niederbayern werde am Donnerstag sein. Dann wollen unter anderem Angestellte des Finanzamts, der Straßenmeisterei, der Technischen Hochschule Deggendorf und des Studierendenwerks in Passau die Arbeit niederlegen. Das bedeutet, dass die Mensa und die Cafeterien an der Uni Passau am Donnerstag geschlossen bleiben. Laut Ilsanker beteiligt sich auch die Gewerkschaft der Polizei.

Weitere Streiks in dieser Woche

Für Dienstag planen die Gewerkschaften einen "Jugendstreiktag" der Nachwuchskräfte im öffentlichen Dienst der Länder, also etwa Auszubildende und Absolventen dualer Studiengänge im Bereich der Verwaltung. In Bayern werden sich die Streikenden an zwei Standorten zu Kundgebungen treffen, am E-Werk in Erlangen sowie am Zentrum für Operative Medizin (ZOM) in Würzburg. Wie Verdi auf BR-Anfrage mitteilte, kommen in Würzburg Studierende und Azubis aus ganz Nordbayern zusammen.

Am Donnerstag und Freitag sollen Beschäftigte der Universitätskliniken in München, Augsburg, Regensburg, Erlangen und Würzburg zeitweise streiken, ebenso Beschäftigte ihrer Dienstleister. Es fehle nicht an Geräten, sondern an Personal – das Personal "läuft zunehmend davon", sagte Martin Schmalzbauer, Verdi-Fachsekretär für die Unikliniken in Bayern.

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