Der Kinderschutzexperte und Jesuitenpater Hans Zollner im Regensburger Presseclub.
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Der Kinderschutzexperte und Jesuitenpater Hans Zollner im Regensburger Presseclub.

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Vertuscher in der Kirche? Kritik an der Missbrauchsaufarbeitung

Seit Jahren erschüttern Enthüllungen über sexuellen Missbrauch Minderjähriger durch Geistliche die Öffentlichkeit. Der anerkannte Fachmann für die Prävention von Missbrauch in der Kirche, Hans Zollner, übt Kritik an den Bischöfen und Ordensoberen.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus der Oberpfalz am .

Der Kinderschutzexperte und Jesuitenpater Hans Zollner kritisiert die deutschen katholischen Bischöfe und Ordensoberen, dass sie bei der Aufarbeitung des Missbrauchsskandals bisher nicht auch persönlich Verantwortung übernommen hätten. Damit seien die Bischöfe mitschuldig, dass die Kirche derart an Vertrauen und Ansehen verloren habe, sagte Zollner am Montagabend bei einem Besuch im Regensburger Presseclub.

Zollner: Niemand übernimmt Verantwortung

Der Psychologieprofessor, ein gebürtiger Regensburger, macht aus seiner Enttäuschung keinen Hehl. Er sehe in Deutschland kein überzeugendes Beispiel, dass ein führender kirchlicher Amtsträger wegen des Missbrauchsskandals zurückgetreten wäre. Wörtlich sagte Zollner: "Der Eindruck, dass das flächendeckend eine wabernde Masse von Vertuschern ist, ergibt sich ja auch deshalb, weil niemand sagt: Das ist mein Gesicht und ich übernehme Verantwortung."

Zollner lehrt in Rom an der päpstlichen Universität Gregoriana und ist weltweit als Experte für Missbrauchsprävention gefragt. Der Jesuitenpater war von Beginn an Mitglied der Kommission, die Papst Franziskus 2014 eingerichtet hat, um den Schutz Minderjähriger vor Übergriffen durch Geistliche zu verbessern.

Im Frühjahr hat sich Zollner, der das Safeguard-Institut in Rom leitet, überraschend aus dem Gremium zurückgezogen und dabei Kritik über strukturelle und inhaltliche Probleme geübt. Er kritisierte die Arbeit und Vorgehensweise der Kommission.

Aufarbeitung des Skandals ist Generationenfrage

Die Aufarbeitung des Skandals um sexuellen Missbrauch in der Kirche in Deutschland nennt Psychologe Zollner eine Generationenfrage. Zwar hätten sich viele Bischöfe dem Thema mittlerweile geöffnet, das sei aber bei Weitem nicht die gesamte Kirche.

Zollner stellt fest: "Wir sind da noch sehr weit entfernt und das muss man nüchtern anschauen. Das ist für viele Leute zu lange, deshalb gehen sie und haben keine Hoffnung mehr." Seine Prognose: Der Missbrauchsskandal und seine Folgen werden die Kirche in Deutschland noch Jahrzehnte beschäftigen.

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