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Missbrauch: Opfer können höhere Zahlungen von Kirche erwarten

Missbrauchsopfer in der katholischen Kirche können künftig im Einzelfall mit deutlich höheren Anerkennungszahlungen rechnen als bislang. Die Leistungen sollen sich am Kölner Schmerzensgeldurteil orientieren, das im Juni für Aufsehen sorgte.

Über dieses Thema berichtet: BR24 Infoblock am .

Das Urteil des Kölner Landgerichts, einem Missbrauchsopfer der katholischen Kirche 300.000 Euro zuzusprechen, hat auch für die Praxis der Unabhängigen Kommission für Anerkennungsleistungen (UKA) Folgen. Wie das Gremium am Dienstag mitteilte, wird sie die Höhe der Zahlungen künftig - je nach Fall - an den Richterspruch von Mitte Juni anpassen.

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Kirche gewährte Betroffenen nur selten mehr als 50.000 Euro

Künftig würden diese freiwilligen Leistungen im oberen Bereich der Schmerzensgelder angesiedelt, die durch staatliche Gerichte in vergleichbaren Fällen zuerkannt worden waren, erklärte die Kommission. Dazu gehöre zweifellos das Urteil des Landgerichts Köln. Bisher konnten Opfer in der Regel mit Zahlungen zwischen 1.000 Euro und 50.000 Euro von der katholischen Kirche rechnen.

Laut Jahresbericht der UKA, der im Februar erschienen ist, hat die Kommission in den vergangenen zwei Jahren 1.839 Anträge von Missbrauchsopfern im Bereich der katholischen Kirche bearbeitet. In 1.809 Fällen bewilligte sie Zahlungen in einer Höhe von insgesamt fast 33 Millionen Euro. Rechnet man Anerkennungsleistungen aus früheren Verfahren dazu, liegt die Gesamtsumme der zuerkannten Leistungen bei rund 40,1 Millionen Euro. Im Schnitt erhielten Betroffene 22.150 Euro.

Bayerische Bistümer zahlten bisher rund 16 Millionen Euro

Die katholischen (Erz-)Bistümer in Bayern haben seit 2010 – als der Missbrauchsskandal in Deutschland publik wurde – bis Mitte vergangenen Jahres knapp 16 Millionen Euro an Opfer von körperlichem und sexuellem Missbrauch gezahlt. Besonders hoch ist die Summe im Bistum Regensburg, wie die nachfolgende Aufzählung zeigt. Mehr als die Hälfte der dort Betroffenen sind ehemalige Domspatzen. Auf sie entfielen Anerkennungszahlungen in einer Gesamthöhe von etwas mehr als 7,2 Millionen Euro.

Gesamtsumme der "Anerkennungsleistungen" an Betroffene seit 2010 in Bayern:

  • Bistum Augsburg: 2.196.538 Euro
  • Erzbistum Bamberg: 509.000 Euro
  • Bistum Eichstätt: 170.000 Euro
  • Erzbistum München und Freising: 450.000 Euro
  • Bistum Passau: 159.000 Euro
  • Bistum Regensburg: 10.736.350 Euro
  • Bistum Würzburg: 375.000 Euro

Weitere Klagen gegen die Erzbistümer Köln und München-Freising

Die Anerkennungsleistungen werden von den Bistümern, Ordensgemeinschaften und neuerdings auch der Caritas freiwillig an Missbrauchsbetroffene gezahlt. Die Bischofskonferenz hatte nach dem Urteil erklärt, weiter an dem Prozedere festhalten zu wollen. Die Debatte über das Verfahren für die Anerkennung erlittenen Leids, das Opfern sexualisierter Gewalt niedrigschwellig und ohne Gerichtsverfahren materielle Hilfe ermöglichen soll, war nach dem Urteil gegen das Erzbistum Köln erneut entfacht worden.

Wegen langjährigen sexuellen Missbrauchs durch einen katholischen Priester war einem Betroffenen ein Schmerzensgeld in Höhe von 300.000 Euro zugesprochen worden. Weil sowohl das Erzbistum als auch der Kläger auf eine Berufung verzichteten, hatte das Urteil Ende Juli Gültigkeit erlangt. Ein weiteres Verfahren steht dem Erzbistum von Kardinal Rainer Maria Woelki jedoch schon bevor: So klagt die frühere Pflegetochter eines wegen sexuellen Missbrauchs verurteilten Ex-Priesters auf 830.000 Euro.

Auch das Erzbistum München und Freising steht derzeit wegen der Klage eines Missbrauchsopfers vor Gericht. Vor dem Landgericht Traunstein fordert ein 39-Jähriger aus Oberbayern, der als Kind von einem Priester sexuell missbraucht wurde, 300.000 Euro Schmerzensgeld vom Erzbistum sowie 50.000 Euro von den Erben des verstorbenen Papstes Benedikt XVI.

Unabhängige Kommission für Anerkennungsleistungen seit 2021 tätig

Die seit dem 1. Januar 2021 tätige Unabhängige Kommission für Anerkennungsleistungen arbeitet weisungsunabhängig von kirchlichen Institutionen. Vorsitzende ist die ehemalige Richterin Margarete Reske.

Die Kommission hat die Aufgabe, darüber zu entscheiden, wie viel Geld Missbrauchsopfer in der katholischen Kirche in Anerkennung des ihnen zugefügten Leids erhalten. Dazu nimmt sie Anträge der Betroffenen über die jeweiligen Ansprechpersonen der Bistümer oder Ordensgemeinschaften entgegen, legt eine Leistungshöhe fest und weist die Auszahlung an Betroffene an.

Mit Informationen von KNA und epd

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