Eine Hand hält einen Rosenkranz
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Sexueller Missbrauch im Bistum Passau: Ärger hinter den Kulissen

Sexueller Missbrauch ist ein heikles Thema in der katholischen Kirche. Im Bistum Passau sollen unabhängige Gremien und eine Studie die Aufarbeitung vorantreiben. Hinter den Kulissen gibt es allerdings Ärger.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Niederbayern am .

"Ehrlich und transparent" soll das dunkle Kapitel sexueller Missbrauch in der katholischen Kirche aufgearbeitet werden, fordert der Passauer Bischof Stefan Oster. Der vor zwei Jahren gegründete unabhängige Betroffenenbeirat soll dabei helfen. In diesem Gremium gibt es offenbar Ärger. Der ehemalige Sprecher erhebt Vorwürfe und gründete eine neue Betroffeneninitiative. Verantwortliche des Bistums weisen die Kritik zurück.

Misstöne im Betroffenenbeirat

Allein der Fall Pater Norbert Weber zeigt, dass sexueller Missbrauch auch in der Diözese Passau ein großes Problem war. Der im Jahr 2000 gestorbene ehemalige Diözesanmusikdirektor hatte sich über drei Jahrzehnte an zahlreichen Kindern und Jugendlichen vergangen. Diese und andere Vorfälle sollen aufgeklärt und Betroffene entschädigt werden.

Eine wichtige Arbeit leistet dabei der Betroffenenbeirat. Das siebenköpfige Gremium hilft bei Aufklärung und Prävention, steht Opfern bei und gibt ihnen eine Stimme. Doch hier gibt es deutlich hörbare Misstöne.

Vorwurf: "Zahlen werden klein gehalten"

Nach BR-Informationen ist der bisherige Sprecher des Gremiums, Rolf Fahnenbruck, vor einigen Wochen wegen einiger Unstimmigkeiten abgewählt worden. Mehr noch: Der 69-Jährige macht jetzt mit der neu gegründeten Betroffeneninitiative Niederbayern (BIN) sein eigenes Ding. Aus Verärgerung über "sehr unterschiedliche Meinungen im Umgang mit sexualisierter Gewalt", schreibt er.

Konkret führt Fahnenbruck an, dass zahlreiche Opfer, die sich bei ihm gemeldet hätten, im Bistum nicht wahrgenommen würden und die Zahl der Betroffenen "absichtlich klein gehalten" werde. Die Diözese fokussiere sich bei der Aufarbeitung zu sehr auf Kleriker beziehungsweise den Missbrauch von Kindern. "Für Nonnen, die von Vergewaltigungen berichten, oder andere Erwachsene, die Missbrauch erlebt haben, scheint niemand zuständig zu sein", kritisiert Fahnenbruck, der nach wie vor Mitglied im Betroffenenbeirat ist.

Interventionsbeauftragte weist Kritik zurück

Der neue Sprecher des Gremiums, Siegfried Lang, bestätigt die Meinungsverschiedenheiten mit seinem Vorgänger. Zu dessen Kritik und Aktivitäten will sich Lang nicht groß äußern. Nur so viel: "Wir werden uns bei der nächsten Sitzung damit auseinandersetzen müssen."

Antonia Murr, Interventionsbeauftragte im Bistum, wird deutlicher. Sie weist Fahnenbrucks Vorwürfe zurück und kritisiert dessen mediale Alleingänge. Die Zusammenarbeit mit ihm gestalte sich zunehmend schwieriger, schreibt sie dem BR. Fahnenbrucks Kritik seien "nicht haltbare Behauptungen".

Nonnen und erwachsene Missbrauchsopfer wahrgenommen?

Dass sich im Bistum Passau niemand für Nonnen oder erwachsene Missbrauchsopfer zuständig fühle, sei mit Hinweis auf umfangreiche Beratungsangebote schlichtweg falsch. Zum Punkt, viele Betroffene - zum Beispiel im Fall Norbert Weber - würden nicht wahrgenommen und die Zahl absichtlich klein gehalten, teilt die Interventionsbeauftragte mit: "Mehrfach wurde Herr Fahnenbruck dringend gebeten, 'seine Fälle' zumindest anonym vorzustellen, um sie in den Bericht des Bistums aufnehmen und die Aufarbeitung im Fall Norbert Weber voranbringen zu können. Dem kam er ohne Begründung nicht nach."

Zur neu gegründeten Betroffeneninitiative BIN teilte Murr dem BR mit, man werde an den Hilfsangeboten des Bistums uneingeschränkt festhalten: "Selbstverständlich stehen aber für Betroffene, die uns durch Herrn Fahnenbruck vermittelt werden, unsere Hilfsleistungen offen."

Studie der Uni Passau in Arbeit

Unterdessen arbeiten Experten der Universität Passau an der Studie zum Missbrauchsgeschehen im Bistum Passau weiter. Aufgearbeitet werden Fälle sexuellen Missbrauchs von minderjährigen Schutzbefohlenen durch katholische Kleriker zwischen 1945 und 2020. Zeitzeugen sollen dabei helfen.

"Die Erkenntnisse werden sicher schmerzhaft sein", befürchtet Bischof Stefan Oster. Die Ergebnisse der Untersuchung sollen im Herbst 2025 vorgestellt werden.

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