Bahn und Bus haben geringere Einkünfte durch das Deutschlandticket
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Erste Zwischenbilanz: viele Abos und wachsender Verlust

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Bayern zieht Bilanz: Wie erfolgreich ist das Deutschlandticket?

Das 49-Euro-Ticket ist seit dem Verkaufsstart ein Erfolg. In Bayern haben sich die Fahrgastzahlen in Bus und Bahn im Mai um 10 Prozent erhöht. Aber das günstige Abo ist für die Anbieter ein Minusgeschäft, mit großen Unterschieden bei Stadt und Land.

Über dieses Thema berichtet: radioWelt am .

Viele Berufspendler freuen sich über die Ersparnis und die bundesweite Nutzungsmöglichkeit ihres neuen Deutschlandtickets, das zeigt eine BR24-Umfrage in München. Die Deutsche Bahn hat bereits 1,3 Millionen der Abos verkauft, deutschlandweit besitzen über 9 Millionen Fahrgäste ein Deutschlandticket. Der günstige Preis soll zur Verkehrswende beitragen, das Ziel ist es, mehr Menschen für den öffentlichen Nahverkehr begeistern, als kostengünstige Alternative zur Autofahrt.

Verkaufszahlen des Deutschlandtickets in Ballungsräumen hoch

Viele, die nun das neue Abo nutzen, hatten auch schon bisher ein ÖPNV-Ticket und sind vom normalen Tarif umgestiegen. Oft entspricht der Ticketpreis von monatlich 49 Euro nur etwa einem Drittel oder der Hälfte der bisherigen Abo-Kosten, beispielsweise für Fahrten aus dem Einzugsgebiet von München.

Doch es sind auch neue Abonnenten dazugekommen: Seit Anfang Mai verzeichnet der Münchner Verkehrsverbund steigende Fahrgastzahlen im Regionalverkehr. Bis Ende Mai haben MVV und MVG über 250.000 Deutschlandtickets verkauft, davon 150.000 neue Abos.

Eine hohe Nachfrage bestätigt auch der Verkehrsverbund Großraum Nürnberg VGN mit einem Verkauf von 115.000 Deutschlandtickets, und 65.000 neuen Abos. Laut VAG Nürnberg wurden rund 60 000 bestehende Abos und 19.000 Semestertickets auf das Deutschlandticket umgestellt.

Trotz 49-Euro-Ticket: Unveränderte Fahrgastzahlen auf dem Land

Aber nicht alle Verkehrsunternehmen und Stadtwerke im Freistaat verkaufen das 49-Euro-Ticket. Der Aufwand um das Online-Angebot und die nötigen Software-Infrastruktur einzurichten, übersteigt gerade für kleinere Anbieter den Nutzen. So wird die Stadt Hof zum Jahresende dem VGN beitreten, bis dahin können Kunden auf den Websites und am Verkaufsschalter von Bahn oder VGN das Ticket kaufen. Laut Jean Petrahn von den Stadtwerken Hof sei das effizienter als für wenige Monate einen eigenen 49-Euro-Vertrieb aufzubauen.

Seit Anfang Mai sei das Fahrgastaufkommen in Hof nicht merklich gestiegen, so der Geschäftsführer der Hofer Stadtwerke. Weil im ersten Gültigkeitsmonat noch digitale Lesegeräte für das Deutschlandticket fehlten, gibt es in ländlichen Regionen kaum belastbare Zahlen, mit welchen Fahrkarten die Menschen aktuell unterwegs sind.

Weniger Fahrkartenverkäufe lokaler Busunternehmen

Für manche Gruppen wie etwa Senioren oder Schüler bleiben je nach lokalem Tarifangebot auch weiterhin die bisherigen Wochen- und Monatstickets finanziell attraktiver als das deutschlandweite 49-Euro-Abo. Für sporadische Nutzer rechnen sich oft Einzel-, oder Streifenfahrkarten von Bus und Bahn. In vielen Regionen existiert auch noch keine Statistik über die Zahl gekündigter Tarif-Abos.

Lokale und privatwirtschaftliche Busunternehmen berichten aber von einem Einbruch der Einnahmen beim normalen Fahrkartenverkauf von bis zu 90 Prozent, erklärt Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU). Die Befürchtungen der Verkehrsminister der Länder hätten sich damit bestätigt, dass die mit dem Bund vereinbarte nachträgliche Vergütung des Defizits für die Busunternehmen zu spät kommen könnte, um Insolvenzen zu verhindern. Minister Bernreiter betont, der Freistaat werde in Vorleistung treten, da betroffene Anbieter den Schülerverkehr in ländlichen Räumen sichern müssten.

Vorläufige Verlust-Prognosen fallen hoch aus

Je mehr Menschen von teureren Tarifen oder Einzelfahrkarten umsteigen, umso größer das Defizit - doch noch ist unklar, wie sich das 49-Euro-Ticket auf Dauer etabliere, sagt Maximilian Kaltner von der MVG. Seit Verkaufsstart erwarten auch die großen Verkehrsverbünde hohe Verluste. Zwischen 300 und 400 Millionen Euro Verlust befürchtet der Münchner MVV, die Nürnberger VGA rechnet derzeit mit einem Minus von rund 26,5 Millionen Euro bis Jahresende.

Diese Schätzwerte sind aber noch unsicher: Einige Deutschlandtickets sind erst für die nächsten Monate bestellt worden, das 49-Euro-Abo ist monatlich kündbar, Erfahrungswerte fehlen. So sei schwer vorauszusehen, wie viele Fahrgäste tatsächlich dauerhaft beim Deutschlandticket blieben und wie viele Neukunden bis Jahresende hinzukämen, erklärt Kaltner. Auch weil noch viele Arbeitgeber die Jobtickets ihrer Mitarbeiter finanziell unterstützen, anders als das neue Deutschlandticket, ist die Entwicklung derzeit schwer voraussehbar.

Finanzierungsbedarf für Bus und Bahn steigt weiter

Bund und Länder teilen sich 2023 die Kosten für entgangene Einnahmen der Verkehrsunternehmen. Sie haben dafür rund 1,3 Milliarden Euro vorgesehen. Wie die Kosten für Investitionen in Personal und den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrsangebots im ländlichen Raum vergeteilt werden, diskutieren die Verkehrsminister noch in Berlin, ebenso die Einführung günstigerer Varianten des Deutschlandtickets, etwa ein 29-Euro-Ticket für Studierende.

In Unterfranken soll "callheinz" den vergünstigten Nahverkehr auch aufs Land bringen.
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So soll das Land vom 49-Euro-Ticket profitieren

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