Vier Milchverpackungen, auf denen mit den Begriffen "Land", "Weide", "Bayerisch", "Berg" und "Alpen" geworben wird
Bildrechte: BR/Christine Schneider

Zum Tag der Milch: Bayern, Weide, Berg und Alpen: Hält die Werbung, was sie verspricht?

Per Mail sharen
Artikel mit Audio-InhaltenAudiobeitrag

Bauern-, Land-, Weide- oder Alpenmilch: Was ist wirklich drin?

Bayern, Berge, bunte Wiesen, glückliche Kühe, urige Bauern, gesunde Inhaltsstoffe - und das alles in einem Liter Milch. Doch ist in der Packung auch drin, was draufsteht? Interessant ist oft das Kleingedruckte, dennoch bleibt vieles unklar.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Wenn auf einer Packung Milch draufsteht, ist auch Milch drin. Aber welche Milch am besten schmeckt – das kann niemand seriös beantworten, es bleibt Geschmacksache. Doch gibt es gute oder schlechte Milch? Milch, bei denen die Kühe besser oder schlechter gehalten oder gefüttert werden? Zum Internationalen Tag der Milch hat Greenpeace einen Molkerei-Check veröffentlicht und BR24 hat eingekauft: Bei einem Edeka-Markt in Kösching im Landkreis Eichstätt vier Packungen konventionelle Milch – dreimal H-Milch, einmal Frischmilch aus dem Kühlregal.

Bildrechte: BR/Christine Schneider
Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

Vorderansicht der Verpackung: Bayerische Bauern-Milch

Was ist klimaneutral an "Bayerischer Bauern-Milch"?

Mit den Farben weiß-blau und einer prächtig für den Almabtrieb geschmückten Fleckviehkuh mit Hörnern wirbt die "Bayerische Bauern-Milch", eine H-Milch. Groß auf der Packung steht: "Aus der Alpenregion Tegernsee Schliersee" und "klimaneutral". Am ovalen Herkunftslabel, das in Deutschland auf jeder Milchpackung drauf sein muss, sieht man auf den ersten Blick: Die Milch kommt aus Deutschland (DE) und aus Bayern (BY): DE BY 40407 EG.

Doch wenn man dann im Internet diese Herkunftsangabe recherchiert, liest man: Abgefüllt wird die Milch der oberbayerischen Kühe im oberfränkischen Scheßlitz. Warum das so ist, erfährt man als Verbraucher nicht. Hans-Jürgen Seufferlein vom Verband bayerischer Milcherzeuger kritisiert das: "Ist das klimaneutral, wenn man 87 Prozent Wasser nach Oberfranken zum Abfüllen fährt?"

Auf der Homepage der Bauern-Milch wird der Begriff "klimaneutral" so erklärt: Der Händler aus dem oberbayerischen Miesbach, der die Milch vertreibt, habe Zertifikate für Umweltprojekte in Uruguay, Uganda und Indien gekauft. Solche Zertifikate stehen allerdings oft in der Kritik und werden als moderner Ablasshandel bezeichnet.

Landmilch mit "traditioneller Fütterung"

Grüne Wiese, gelber Himmel, ein Glas Milch - ziemlich schlicht sieht die H-Milch der Marke "Landliebe" aus. Das Produkt heißt Landmilch. Keine Irreführung, aber auch keine für den Verbraucher wichtige Information, sondern ein reiner Marketingbegriff. Denn nahezu alle deutschen Kuhställe sind auf dem Land und nicht der Stadt. Die Molkerei, die sich hinter der Herkunftsangabe DE NW 401 EG verbirgt, ist allerdings in einer Großstadt: die Friesland Campina GmbH in Köln.

Bildrechte: BR/Christine Schneider
Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

Vorderansicht der Verpackung: Haltbare Landmilch

Die Kühe, die die Landmilch produzieren, stehen im Sauerland und im Bergischen Land, und zur Haltung gibt es im Internet ein "Landliebe Versprechen: Gute Milch dank viel Bewegungsfreiheit." Auf der Packung gibt es auch einen Hinweis auf die Fütterung der Kühe: ohne Gentechnik (damit werben alle vier der hier untersuchten Milchpackungen) und "traditionelle Fütterung". Aber was ist das? Nur Gras und Heu? Oder auch Soja, Getreide, Mais- und Grassilage? Dazu gibt es keine Erklärung.

Weidemilch: Greenpeace kritisiert Verbrauchertäuschung

Im Kühlregal von Edeka steht "Frische Weide Vollmilch", als Hausmarke von Edeka, mit vier Siegeln auf der Vorderseite der Packung. Unter anderem mit dem Label des Deutschen Tierschutzbundes und der Premium-Haltungsstufe der Initiative Tierwohl. Ebenfalls auf der Vorderseite, aber im Kleingedruckten ist zu lesen: "Unsere Kühe grasen an mindestens 120 Tagen im Jahr für mindestens 6 Stunden am Tag auf heimischen Weiden." Diese Formulierung, die auch andere Hersteller benutzen, steht massiv in der Kritik.

Bildrechte: BR/Christine Schneider
Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

Vorderseite der Verpackung: Weide Vollmilch

Die Umweltorganisation Greenpeace kritisiert, dass es keine gesetzlichen Vorgaben gebe, wie lange Kühe auf der Weide stehen müssten und wie groß eine Weide sein müsse, um den Begriff Weidemilch benutzen zu dürfen. Außerdem sei meist unklar, wie die Kühe den Rest des Jahres gehalten werden.

Bei der Edeka-Weidemilch ist das allerdings nachvollziehbar. Denn auf der Packung ist ein QR-Code, und der verrät: Der Hersteller der Milch ist die Dr. Oetker Frischeprodukte Moers KG in Nordrhein-Westfalen, die Kühe stehen auf 26 Milchviehbetrieben an der Grenze zu den Niederlanden und haben neben der Weide einen Laufstall, in dem sie sich frei bewegen können.

Alpenmilch: Nur ein Marketingbegriff

Auch für den Begriff Alpenmilch gibt es keine gesetzlichen Vorgaben. Greenpeace kritisiert: "Begriffe wie Alpenmilch beschreiben keinen näher definierten Haltungs- oder Qualitätsstandard."

Die vierte Milch aus konventioneller Haltung, gekauft bei Edeka, ist eine "Haltbare Berg und Alpen Milch", abgefüllt in Piding bei der Molkerei Berchtesgadener Land. Wie die Tiere gefüttert werden, ob mit Gras, Heu oder Maissilage, ist nicht ersichtlich, ebenso wenig, wie die Tiere gehalten werden: auf der Weide, im Laufstall oder in Anbindehaltung?

Bildrechte: BR/Christine Schneider
Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

Vorderseite der Verpackung: Haltbare Berg und Alpen Milch

Im Voralpenland gibt es noch viele kleine Betriebe, in denen die Kühe im Winter oder sogar ganzjährig angebunden sind. Auf Anfrage teilt die Unternehmenssprecherin der Molkerei, Barbara Steiner-Hainz, mit: Milch aus Anbindehaltung werde zwar noch angenommen, aber seit 2020 nicht mehr in Markenprodukten verarbeitet, sondern auf dem Weltmarkt, dem sogenannten Spotmarkt, verkauft.

Eine Molkerei - verschiedene Markennamen

Noch verwirrender wird es, wenn man sich die anderen Trinkmilchprodukte der Molkerei Berchtesgadener Land anschaut: neben der "Berg und Alpen Milch" gibt es Bio-Alpenmilch und Frische Bergbauernmilch. Die Unterschiede erklärt Barbara Steiner-Hainz so: "Die Milchsorten erfüllen zum Teil unterschiedliche Anforderungen hinsichtlich Bewirtschaftungsart und Herkunft."

So wird zum Beispiel auch Milch von rund 190 Betrieben aus Österreich verarbeitet: die konventionelle Milch für den österreichischen Markt unter dem Namen "Die leichte Muh-Frühstücksmilch", die Biomilch als Alpenmilch für deutsche Supermärkte. Und der Unterschied zwischen Alpen- und Bergbauernmilch? Ein Bergbauer muss seinen Hof mit Stall mindestens 700 Meter über dem Meeresspiegel haben. Alpenmilch gibt es auch aus dem Flachland.

95 Prozent der bayerischen Milch sind gentechnikfrei

Alle vier Milchpackungen werben mit dem Logo "ohne Gentechnik". Das kann in die Irre führen, denn es suggeriert, dass in Milch, auf der das nicht draufsteht, gentechnisch veränderte Organismen enthalten sind. Das ist falsch. Gemeint ist mit dem Siegel, dass die Kühe nicht mit gentechnisch verändertem Mais oder Soja gefüttert werden. Nur bei der Landmilch von Landliebe steht dabei, dass sich das Siegel auf die Fütterung der Kühe und nicht auf die Milch bezieht. Fast alle bayerischen Molkereien schreiben ihren Landwirten gentechnikfreie Fütterung vor.

Nur die Molkerei Goldmilch mit Standorten in Ingolstadt und Thalmässing erlaubt allen Milchlieferanten, die Kühe mit gentechnisch veränderten Pflanzen zu füttern. Goldmilch produziert keine Trinkmilch, sondern beliefert McDonald's und die Schokoladenindustrie mit Milchpulver.

Bildrechte: BR/Christine Schneider
Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

Logo "ohne Gentechnik"

"Schlechte" Milch gibt es nicht

Das Fazit: Das Angebot in den Milchregalen wird immer unübersichtlicher. Hans- Jürgen Seufferlein vom Verband der Milcherzeuger sagt: "Kein Mensch kennt sich mehr aus und es wird immer noch schlimmer." Neben den vier beschriebenen konventionellen Milchen gibt es zum Beispiel auch noch Heumilch, Vorzugsmilch (nicht-pasteurisierte Rohmilch), A2-Milch (mit einem bestimmten Milcheiweiß), Fitmilch (mit nur 0,7 Prozent Fett). Und viele Molkereien bieten neben konventioneller Milch auch Bio-Milch in verschiedenen Varianten an.

Biomilch ist immer Weidemilch. Bei dem Bioverbands-Label Demeter ist zusätzlich garantiert, dass die Kühe Hörner haben.

Milchbauern fordern Marktregulierung

MIlchbauern haben vor dem bayerischen Landwirtschaftsministerium aus Protest in Milch gebadet. Sie fordern von der Staatsregierung eine Regulierung des Marktes. Die Bauern fürchten um ihre Existenz. Es sei zu viel Milch auf dem Markt. Die Molkereien könnten weiterhin Gewinne erzielen, während die Bauern mit sinkenden Preisen zu kämpfen hätten.

Milchbauern baden aus Protest in Milch
Bildrechte: BR
Artikel mit Video-InhaltenVideobeitrag

Milchbauern baden aus Protest in Milch

💡 Fakt ist:

Milch ist eines der am besten kontrollierten Lebensmittel in Deutschland. Selbst die billigste Milch ohne jegliches Siegel ist ein hochwertiges Produkt ohne Zusatzstoffe.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!