Januar 2023: Erste Blockabfertigung des Jahres
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Januar 2023: Erste Blockabfertigung des Jahres

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Slots gegen Stau: Ist die Blockabfertigung bald Geschichte?

Lkw-Fahrer fürchten diese Termine: 24 Mal erwartet sie im ersten Halbjahr Blockabfertigung auf der A93. Das führt zu Rückstaus, zu Abgasen und zu Ärger bei Spediteuren. Doch jetzt hat Südtirol eine Slot-basierte Verkehrssteuerung entwickeln lassen.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Oberbayern am .

Stundenlang im Stau stehen und nicht wissen, wann es weitergeht: Das ist ein Alptraum für jeden Autofahrer. Viele Lkw-Fahrer können beim Blick in den Terminkalender feststellen, wann sie garantiert mit einem Stau rechnen müssen, zumindest dann, wenn sie auf dem Weg von Bayern über Österreich nach Italien sind: Denn Tirol plant im ersten Halbjahr 2023 an 24 Tagen eine Blockabfertigung am Grenzübergang – zum Ärger von Spediteuren, von Anwohnern und Politikern in Bayern. Doch möglicherweise gehört die ungeliebte Blockabfertigung bald der Vergangenheit an: Südtirol hat eine sogenannte Slot-basierte Verkehrssteuerung an der technischen Hochschule Ingolstadt entwickeln lassen.

  • Zum Artikel: "FDP sieht sich durch Studie bestätigt: Lkw-Verkehr nimmt zu"

Flugverkehr als Vorbild: Slots für Lkw statt Blockabfertigung?

Durch die Tiroler Blockabfertigung kommen höchstens 300 Lkw pro Stunde zur Inntalautobahn durch. Es sei eine Notwehrmaßnahme, sagt die Regierung in Tirol. Die Blockabfertigung soll die Belastungen von Menschen und Natur verringern. Das führt jedoch zu Unmut bei Anwohnern, Auto- und Lkw-Fahrern auf bayerischer Seite. Sie alle hoffen auf eine Verbesserung der Situation diesseits der bayerisch-österreichischen Grenze.

Professor Harry Wagner von der Technischen Hochschule Ingolstadt hat möglicherweise eine solche Verbesserung entwickelt: eine Slot-basierte Verkehrssteuerung. Im Auftrag der Südtiroler Landesregierung sollte er einen Ersatz für die österreichische Blockabfertigung finden. Der Begriff "Slot" kommt aus dem Flugverkehr – wo Flugzeuge bestimmte Zeitfenster für ihre Landung auf dem Flughafen bekommen.

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Verkehrsexperte Prof. Dr. Harry Wagner

Wie im Flugverkehr - so könnte es in einer ferneren Zukunft auch für Lkw auf dem Weg von Bayern nach Italien funktionieren, sagt Harry Wagner: "Man bucht einen Slot, also ein Zeitfenster zwischen zwei und vier Stunden. Innerhalb dieses Zeitfensters muss man beispielsweise von Rosenheim bis Trient durchfahren." So könne man dann fließend über den Brenner fahren, weil innerhalb des Zeitfensters nur eine bestimmte Anzahl an Fahrzeugen dieselbe Route fährt, sagt der Mobilitätsforscher.

Interesse und Skepsis in der Spediteurs-Branche

Auf einer großen Landkarte in ihrem Büro im Münchner Norden fährt Sabine Lehmann mit ihrem Finger die Route der Lkw auf der A93 bis über die Grenze nach und schüttelt den Kopf. Lehmann ist Geschäftsführerin des Landesverbands bayerischer Spediteure (LBS). Sie hört fast täglich von den Sorgen, die die eigentlich kurze Strecke bei ihren Mitgliedern auch im Jahr 2023 wieder verursacht. Die Zahl der Blockabfertigungstage nehme über die Jahre hinweg konstant zu, darunter litten ihre Verbandsmitglieder und allen voran die Lkw-Fahrer.

Insofern müssten die Pläne für die Slots eigentlich gut bei Speditionen und Kraftfahrern ankommen. Doch in Telefongesprächen mit dem Bayerischen Rundfunk äußern manche Spediteure in Bayern Vorbehalte und Sorgen: Was passiert, wenn alle Slots ausgebucht sind? Wer soll sich in den Speditionen um die Slotbestellungen kümmern? Was, wenn der Lkw-Fahrer zu spät an der Grenze ankommt?

Es sollen keine Kosten für Slot-Buchungen entstehen

Auch wenn der Landesverband der Spediteure unbedingt möglichst bald eine Lösung will, gibt es noch offene Fragen, sagt auch LBS-Geschäftsführerin Lehmann. Was würde zum Beispiel passieren, wenn Lkw-Fahrer vor dem gebuchten Slot an der Grenze auftauchen? "Wenn Sie heutzutage in eine Kunstausstellung gehen, die alle besuchen wollen, dann haben Sie dafür ein Zeitfenster. Und wenn Sie drei Stunden vorher da sind, dann müssen Sie halt irgendwo warten. Was machen Sie aber jetzt mit einem 40-Tonnen-Lkw? Wenn ich das jetzt ein bisschen flapsig formuliere, müssten wir große Teile der Region in Parkplätze und Vorstauflächen umwandeln..."

Verkehrsforscher Wagner kann die Sorgen aus der Transportbranche verstehen und in den meisten Fällen entkräften: Es gebe Lösungen für Verspätungen durch vorhergehende Staus und damit verfallende Slots. Vor allem, sagt er, könne er eine Sorge der Spediteure ganz klar ausräumen: Slot-Buchungen werden nichts kosten.

Treffen von Südtirol, Tirol und Bayern im März

Über die Umsetzung einer Slot-Regelung und einer dann möglichen Abschaffung der Blockabfertigung entscheidet allerdings die Politik: Noch im März wird es erneut ein Dreiertreffen von Südtirol, Tirol und Bayern geben. Mit dabei ist dann auch wieder Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU). Nach den Drohungen und Spannungen zwischen Bayern und Tirol in der Vergangenheit umschreibt Bernreiter nun vorsichtig fast schon eine Annäherung zwischen den beiden Parteien: "Es liegt schon noch Arbeit vor uns, aber ich glaube, dass es ein sehr positives Signal ist, dass wir miteinander und alle ein Ziel haben: eine Verbesserung auf dieser Strecke."

Noch ist aber nicht ganz klar, wie eine Slot-basierte Verkehrssteuerung in Zukunft aussehen könnte. Und damit ist auch offen, wann die Blockabfertigung an der Grenze zwischen Bayern und Tirol ein Ende haben wird.

In den Streit über die Blockabfertigung für Lkw an der Grenze zu Österreich kommt Bewegung.
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In den Streit über die Blockabfertigung für Lkw an der Grenze zu Österreich kommt Bewegung.

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