Symbolbild: Landtagswahl
Bildrechte: picture alliance / Karl-Jose Hildenbrand

Symbolbild: Landtagswahl

Per Mail sharen
Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

Bayern wählt: Ein Rekord und einige Fragezeichen

15 Parteien, 1.811 Kandidaten, 9,4 Millionen Stimmberechtigte: Bei der bayerischen Landtagswahl fällt heute die Entscheidung über die künftigen Kräfteverhältnisse im Freistaat. Ein Rekord zeichnet sich ab, mehrere Fragen versprechen Spannung.

Über dieses Thema berichtet: BR24live am .

"Richtungsentscheidung" für Bayern, ein "Riesen-Signal" auch für den Bund - wenn bayerische Spitzenpolitiker in den vergangenen Wochen die Bedeutung der Landtagswahl betonen wollten, sparten sie nicht mit großen Worten. 9,4 Millionen Bürgerinnen und Bürger in Bayern sind aufgerufen, über die Zusammensetzung des Landesparlaments zu entscheiden. Gleichzeitig werden die sieben Bezirkstage im Freistaat gewählt.

Auch wenn Umfragen zuletzt eine Mehrheit für die bisherige Regierungskoalition aus CSU und Freien Wählern sahen, verspricht die Landtagswahl Spannung. Wie verändern sich die Kräfteverhältnisse? Wie viele Parteien schaffen es ins Maximilianeum? Wer wird zweitstärkste Partei? Welche Direktkandidaten können sich in den besonders umkämpften Stimmkreisen durchsetzen?

Das Meinungsforschungsinstitut Infratest dimap verweist darauf, dass sich viele Bürger erst kurzfristig vor einer Wahl festlegen. Die letzte Phase des Wahlkampfs "mit der gezielten Ansprache von unentschlossenen und taktischen Wählern" habe eine große Bedeutung. Beim letzten BayernTrend vor der Wahl Ende September war rund ein Drittel der Wahlberechtigten noch unentschlossen.

15 Parteien treten an

Insgesamt treten bei der Landtagswahl dieses Mal 15 Parteien mit insgesamt 1.811 Bewerberinnen und Bewerbern an. Zehn der Parteien sind in allen bayerischen Regierungsbezirken auf einem Stimmzettel zu finden. Die Wählerinnen und Wähler entscheiden über 180 Abgeordnetensitze, wobei es wieder einige Parlamentarier mehr werden könnten: In der zu Ende gehenden Legislaturperiode saßen aufgrund von Überhang- und Ausgleichsmandaten 205 Abgeordnete im Maximilianeum.

Erste Hochrechnungen werden zwischen 18.25 und 18.40 Uhr erwartet, erste vorläufige Ergebnisse aus den 91 Stimmkreisen könnte es laut Landeswahlleiter etwa ab 20 Uhr geben. Das vorläufige bayernweite Resultat dürfte erst nach Mitternacht vorliegen. BR24 berichtet umfassend über alle Ergebnisse und Entwicklungen.

Briefwahlrekord zeichnet sich ab

Bayern wählt - aber nicht erst heute, sondern im Grunde schon seit gut einem Monat: Wer lieber in Ruhe daheim seine Kreuzchen machen wollte, konnte in den vergangenen Wochen Briefwahlunterlagen beantragen. Nach Angaben des Landeswahlleiters hatten sich schon vor zehn Tagen fast 38 Prozent der Stimmberechtigten Wahlscheine mit Briefwahlunterlagen ausstellen lassen - deutlich mehr als zum gleichen Zeitpunkt vor der Landtagswahl 2018 (29,5 Prozent). Damit zeichnet sich ein Briefwahlrekord bei einer bayerischen Landtagswahl ab.

Laut einer ersten Schätzung liegt die Gesamtwahlbeteiligung bis 14 Uhr bei rund 60 Prozent. Bis dahin hatten rund 35,4 Prozent der Stimmberechtigten ihre Stimme in einem Wahllokal abgegeben. Dieser Anteil bezieht sich auf diejenigen Stimmberechtigten, die keinen Wahlschein beantragt haben und damit ausschließlich per Urnenwahl teilnehmen können. Briefwähler sind in der Grundgesamtheit nicht enthalten.

Bei den bis 14:00 Uhr befragten ausgewählten Stimmbezirken haben 41 Prozent der Stimmberechtigten einen Wahlschein beantragt. Nach den Erfahrungen der letzten Landtags- und Bundestagswahlen haben sich von den Stimmberechtigten mit Wahlschein rund 95 Prozent für die Briefwahl entschieden.

CSU: Besser oder schlechter als 2018?

Die CSU lag vor zehn Tagen im BayernTrend der ARD bei 36 Prozent. CSU-Chef und Ministerpräsident Markus Söder lehnte in den vergangenen Monaten "Prozent-Diskussionen" stets ab, als Messlatte für ihn sehen viele aber das Wahlergebnis von 2018. Damals mussten die Christsozialen mit 37,2 Prozent ihr schlechtestes Landtagswahl-Resultat seit 1950 hinnehmen. Ob die CSU gegenüber 2018 ein Plus oder Minus verzeichnet, könnte sich nicht nur auf Söders Autorität in seiner Partei auswirken, sondern ist auch mitentscheidend für das Kräfteverhältnis in der nächsten Regierungskoalition.

Zwar würden Grüne, SPD und FDP jeweils gern die Freien Wähler als Juniorpartner der CSU ablösen, der Ministerpräsident hat sich aber schon vor Monaten auf eine Fortsetzung von Schwarz-Orange festgelegt. Die Freien Wähler kamen Ende September im BayernTrend auf 16 Prozent - bei der Landtagswahl 2018 hatten sie 11,6 Prozent erhalten. FW-Chef Hubert Aiwanger ließ angesichts des Umfragehochs bereits durchblicken, dass seine Partei gern ein viertes Ministerium hätte.

Dreikampf um Platz zwei möglich: Grüne, FW, AfD

Die Freien Wähler rechnen sich auch Chancen aus, ein wichtiges Wahlziel zu erreichen: die Grünen zu überflügeln. Vor fünf Jahren waren die Grünen mit 17,6 Prozent noch klar zweitstärkste Kraft im Freistaat, im jüngsten BayernTrend kamen sie auf 15 Prozent.

Dahinter lauert noch die AfD, die sich zum Ziel gesetzt hat, stärkste Oppositionskraft zu werden: Ihre 14 Prozent bei der Sonntagsfrage waren ein Höchstwert für die Partei in einem BayernTrend. Bei der Wahl 2018 erhielt die AfD in Bayern 10,2 Prozent.

SPD will zweistellig werden, FDP bangt

Die SPD hat ihre Wahlziele über die Monate nach unten korrigiert - von "15 plus x" auf "mehr als zehn Prozent". Umfragen zufolge droht den Sozialdemokraten ein ähnlich niedriges Ergebnis wie 2018, als sie 9,7 Prozent erhielten.

Für die FDP geht es darum, ob sie in den nächsten fünf Jahren überhaupt im Landtag vertreten ist: Die Liberalen müssen fürchten, an der Fünf-Prozent-Hürde zu scheitern. Der Freistaat ist für die FDP traditionell ein schwieriges Pflaster - zuletzt war es der Partei 1978 gelungen, ein zweites Mal in Folge in den Bayerischen Landtag einzuziehen. Alle weiteren Parteien kamen im jüngsten BayernTrend zusammen auf sechs Prozent.

Wie geht es nach der Wahl weiter?

Welche Bewerber in den Stimmkreisen das Direktmandat gewonnen haben und wie die Mehrheitsverhältnisse im neuen Landtag aussehen werden, dürfte schon in der Nacht feststehen. Anders als bei der Bundestagswahl sind für die Sitzverteilung in Bayern die "Gesamtstimmen" entscheidend - dafür werden Erst- und Zweitstimmen addiert.

Welche Kandidaten über die Listen der Parteien ins Parlament einziehen, wird dagegen erst im Lauf des Montags oder am Dienstag feststehen. Denn auch hier gibt es im bayerischen Wahlrecht eine Besonderheit: Die Zweitstimme geht nicht an eine Partei, sondern an einen ihrer Listen-Bewerber. Damit haben die Wählerinnen und Wähler Einfluss auf die Reihenfolge der Kandidaten auf der Liste, was die Auszählung aufwändiger macht.

Spätestens in gut drei Wochen (am 22. Tag nach der Wahl) muss der neue Landtag laut Bayerischer Verfassung zusammentreten - und anschließend innerhalb einer Woche den Ministerpräsidenten wählen.

Im Video: Auch die Erststimme hat in Bayern Auswirkungen auf die Sitzverteilung

Der bayerische Wähler hat bei der Landtagswahl zwei Stimmen. Anders als im Bund hat auch die Erststimme Auswirkungen auf die Sitzverteilung.
Bildrechte: picture alliance / dpa | Karl-Josef Hildenbrand
Artikel mit Video-InhaltenVideobeitrag

Der bayerische Wähler hat bei der Landtagswahl zwei Stimmen. Anders als im Bund hat auch die Erststimme Auswirkungen auf die Sitzverteilung.

Der BR24 Kandidaten-Check:

BR24 Kandidaten-Check: Wofür stehen die Direktkandidatinnen und -kandidaten der Landtagswahl in Bayern? Ihnen allen haben wir dieselben Fragen zu den relevantesten Themen des Wahlkampfs gestellt, mehr als 800 haben teilgenommen. Geben Sie im Tool Ihren Wohnort, Stimmkreis oder Ihre Postleitzahl ein und finden Sie heraus, wie die Bewerber geantwortet haben:

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht's zur Anmeldung!