Bayerischer Raumfahrtgipfel beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Aufnahmedatum 26.10.2022
Bildrechte: picture alliance/dpa | Matthias Balk

Das ambitionierte Raumfahrtprogramm "Bavaria One" der bayerischen Staatsregierung wurde oft belächelt.

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Bayern – eine Macht im Weltraum?

Das ambitionierte Raumfahrtprogramm "Bavaria One" der bayerischen Staatsregierung wurde oft belächelt. Wann landen die ersten Lederhosen auf dem Mond? Wie Bayern im Weltraum mitmischt.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Neonröhren an der Decke, Bildschirme auf den Werkbänken. Darüber gebeugt mehrere Studenten, die konzentriert arbeiten. Einer von ihnen flucht gequält, weil er sich am Lötkolben verbrannt hat, mit dem er gerade eine Platine für elektronische Schaltungen bearbeitet. Das könnte eine Szene aus dem Studienpraktikum Raumfahrtelektronik, im letzten Wintersemester an der Technischen Universität München (TUM) sein.

Neues Raumfahrtinstitut

Dieses "Department Aerospace and Geodesy (ASG)" der TUM in Ottobrunn sieht sich als Herzstück des bayerischen "Space Valley". So jedenfalls die werbewirksame Bezeichnung der Staatsregierung für die Region um München. In den Bereichen Luftfahrt, Raumfahrt und Geodäsie. Letzteres bedeutet die Vermessung der Erdoberfläche, hier sollen Ingenieure ausgebildet werden, um die Bayerische Wirtschaft auf diesem Hightechfeld voranzubringen. "Bavaria One" nannte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) schon 2018 das Raumfahrtförderprogramm, über das die Gründung des neuen Instituts und viele andere Space-Valley-Projekte finanziert werden.

Die Staatsregierung ist zufrieden

Heute, knapp fünf Jahre später, zeigt sich der bayerische Wissenschaftsminister Markus Blume mit dem Erreichten sehr zufrieden: "Wenn man internationale Investoren fragt, wer im Bereich Luft- und Raumfahrt führend ist, dann bekommst Du häufig die Antwort 'es gibt eigentlich nur zwei Standorte in der Welt, die hier wirklich spannend sind: Kalifornien und Bayern', und der Grund dafür ist, dass wir so gut ausgebildete Menschen hier haben, um die sich alle händeringend bemühen."

Technik, die wir ständig nutzen

Ex-Astronaut Ulrich Walther, einer der Raumfahrtprofessoren an der TUM, wird nicht müde zu betonen, dass es sich bei der Raumfahrt eher selten um bemannte Missionen handle. Viel wichtiger sei etwas, was man nicht sieht, aber ständig nutzt: Satelliten.

Sie kreisen als künstliche Erdtrabanten weit über uns im Weltraum und ohne sie gäbe es kein Navi im Auto, kein Google Maps im Handy und ebenso wenig die Fernsehübertragung eines Champions-League-Spiels aus dem Ausland oder Bilder für die Wettervorhersage. Quasi täglich werden neue Satelliten in den Weltraum geschossen. Es ist ein riesiger Zukunftsmarkt, den die USA stark dominieren und hier dürfe der Wirtschaftsstandort Bayern nicht den Anschluss verlieren!

Es gibt einiges aufzuholen

Ulrich Walther betont seine Unterstützung bei der Entstehung von "Bavaria One". Dadurch habe sich Bayern, was die Raumfahrt betrifft, einen Spitzenplatz in Deutschland erarbeitet. Allerdings sieht er die Bundesrepublik im Wettbewerb mit anderen Staaten nicht gut aufgestellt. Zum Beispiel unternähmen Schweden, die Briten oder die Niederländer sehr viel größere Anstrengungen, in der Raumfahrt voranzukommen. Deutschland stehe etwa auf dem 30. Platz im Ranking der Raumfahrtnationen.

"In Deutschland fehlt das Interesse der Politik und der Medien, zu verstehen, dass Raumfahrt für unsere Gesellschaft ein sehr wichtiger Punkt ist. Woher wissen wir etwa, dass der Meeresspiegel jedes Jahr um sieben Milimeter ansteigt? Das kann man sehr genau mit Satelliten messen und zwar nur mit Satelliten und das global. Also ohne Satelliten könnten wir keine Umweltpolitik richtig machen", erklärt Ulrich Walther.

Andere sehen die bayerischen bzw. deutschen Raumfahrtbemühungen in einem positiveren Licht. Thomas Pany ist Professor an der Neubiberger Bundeswehruniversität und Organisator einer jährlichen Konferenz über Satellitennavigation, die von heute bis zum Mittwoch in München stattfindet. Zumindest was dieses Spezialgebiet der Raumfahrt, die Satellitennavigation betrifft, sieht er München als ein weltweit bedeutendes "Mekka", mit viel Kompetenz. Besonders, dass an Universitäten und in Forschungszentren viel geforscht werde, hält er für wichtig.

Es fehlt an Risikokapital

Er bemängelt aber auch, dass zu wenige Geldgeber aus der Privatwirtschaft bereit sind, Risikokapital in Weltraumprojekte zu investieren. Nur so sei es möglich, sagt Pany, die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten bzw. zu steigern: "Die Raumfahrtindustrie privatwirtschaftlich und kommerziell zu organisieren bringt offensichtlich viel an Schnelligkeit und Innovation und reduziert die Kosten auch massiv. Aber ohne die Risikokapitalgeber ist das relativ schwer zu denken."

Silberstreif am Horizont

Allerdings kann die Bayerische Weltraumindustrie auch Erfolge vorweisen. Zum Beispiel wird in Würzburg daran gearbeitet, zukünftig Satelliten am Fließband zu bauen. Im Großraum München gibt es zwei Firmen, die eigene Raketen in den Weltraum schießen wollen. Vielleicht schafft es Bayern ja doch noch, auf einen der vorderen Plätze zu kommen, beim Wettlauf im Weltraum.

  • Zum Artikel: Raumfahrt: Raketen aus Bayern als Hoffnungsträger

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