Josef Aschbacher, Generaldirektor der Europäischen Weltraumorganisation Esa, steht in der ESA-Zentrale in Paris.
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Josef Aschbacher ist seit Anfang März der neue Generaldirektor der Europäischen Weltraumorganisation ESA und löst damit Jan Wörner ab.

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Neuer ESA-Chef will Europa wieder auf den Schirm bringen

Seit dem 1. März hat die Europäische Weltraumorganisation ESA einen neuen Generaldirektor - den Österreicher Josef Aschbacher. Auf ihn warten neue Aufgaben und Herausforderungen. Und er will das Feld nicht nur den Amerikanern und Chinesen überlassen.

Über dieses Thema berichtet: IQ - Wissenschaft und Forschung am .

Für die Europäische Weltraumorganisation ESA ist Josef Aschbacher kein Unbekannter. Vorher war er Direktor für Erdbeobachtung und damit für das erfolgreiche Erdbeobachtungsprogramm Copernicus verantwortlich, ein Netz von Satelliten, das Geoinformationen liefert, und Leiter des Europäischen Weltraumforschungsinstituts (ESA/ESRIN) bei Rom. Nun löst er nach vier Jahren den Deutschen Jan Wörner als Generaldirektor der ESA ab, dessen Amtszeit im Juni endet. “Das sind ganz neue Gebiete, die da auf mich zukommen werden, aber ich freue mich drauf,” wie er im Interview mit dem BR erzählt.

Weltraumgipfel für 2022 geplant

Aschbacher sieht es vor allem als seine Aufgabe, Europa in der Raumfahrt wieder nach vorne zu bringen. Dazu plant er 2022 einen Weltraumgipfel - einen “Space Summit” - mit den Staats- und Regierungschefs, um die Wegrichtung für Europa zu schärfen. Denn wirtschaftlich und politisch stehe Europa zwar wie die USA und China da, gebe aber viel weniger Geld für die Erforschung des Weltraums aus. Aschbacher schätzt es dafür trotzdem sehr erfolgreich ein. Vor allem aber, um mit den US-amerikanischen Zugpferden wie SpaceX und dem Mars-Rover Perseverance der NASA mithalten zu können, brauche es eigene Projekte, damit Europa im internationalen Vergleich nicht zurückfällt.

Den internationalen Wettbewerb befeuern

“Wettbewerb ist natürlich ganz wichtig. Wettbewerb erzeugt nicht nur bessere Ideen, sondern auch günstigere Preise und dadurch reduzierte Kosten. Es ist sicher mein Bestreben, den Wettbewerb zu befeuern.” Josef Aschbacher, Generaldirektor ESA

Dabei will Aschbacher die ESA nicht nur so positionieren, dass sie wettbewerbsfähig ist, sondern in gewissen Bereichen sogar führend. Er will sie dynamischer machen und die Weltraumforschung in Europa insgesamt eine Stufe höher bringen.

Gute Ideen und Talente gibt es Aschbacher zufolge in Europa genug. Es liegt seiner Meinung nach eher an langsamen Entscheidungen in Europa, die dafür sorgen, dass die Leute weggehen, weil sie ihre Projekte hier nicht umsetzen können. Diese Risikobereitschaft - wie man sie aus dem Silicon Valley kennt - will Aschbacher ausbauen und auch Unterstützung und Zusammenarbeit mit Partnern möglich machen, damit Finanz-Leute und technologische Start-Ups zueinander finden. Das brauche man auch, um in dem sich so schnell wachsenden und verändernden Feld wie dem Weltraum mithalten zu können - vor allem auch in Hinblick auf private Unternehmen wie SpaceX.

  • SpaceX-Rakete erstmals gelandet - und dann explodiert

Viele Projekte angehen

Eine Vision wie sein Vorgänger Wörner mit seinem europäischen “Moon Village”, einer bemannten Basis auf dem Mond, hat Aschbacher nicht. Stattdessen will er viele Projekte angehen, die sich nicht nur auf den Mond beziehen.

“Es gibt da natürlich viele Projekte und Fragen, zum Beispiel: Wollen wir eine Frau auf dem Mars haben in der nächsten Dekade? Haben wir den Mut und die Unterstützung, um das zu erreichen?” Josef Aschbacher, Generaldirektor ESA

Frauen in der ESA

Ausdrücklich ruft die ESA gerade zur Bewerbung von Frauen als Astronautinnen auf. Eine Quote will Aschbacher aber nicht haben, ihm geht es um Qualität als Kriterium. Im Auswahlverfahren 2008/2009 waren unter 8.000 Bewerben ein Sechstel Frauen. Derzeit gibt es im Astronautenkorps sechs Männer und eine Frau. Bei mehr Bewerbungen von Frauen hofft er zukünftig auch auf mehr Astronautinnen. Und die sollen nach seiner Ansicht auch noch in dieser Dekade ihre Füße auf den Mond setzen können. Hier arbeitet die ESA sehr eng mit der NASA zusammen.

Auf die Frage nach seinem Wunsch gegen Ende des Jahrzehnts im BR-Interview sagt Aschbacher:

“Ich würde mir wünschen, dass Europa - unterstützt von der Politik - die Begeisterung hervorruft, in dem es eine Ankündigung macht, dass eine Frau aus Europa in der nächsten Dekade ihre Fußabdrücke auf dem Mars hinterlassen wird.” Josef Aschbacher, Generaldirektor ESA

Weltraum hat Auswirkungen auf unseren Alltag

Viele von uns merken gar nicht, wie wichtig die Erforschung des Weltraums auch für das alltägliche Leben ist. Aschbacher möchte dafür mehr Bewusstsein und eine richtige Begeisterung in der europäischen Bevölkerung schaffen - ähnlich wie die NASA es in den USA schafft. Etwa 80 Prozent der Daten für die tägliche Wettervorhersage stammen von Satelliten. Ohne sie hätten wir keine so konkreten Wetterdaten. Aber die Satelliten sind auch wichtig für das Verkehrswesen: Navigationssysteme kommunizieren über Satelliten. Das gesamte Transportwesen hängt von ihnen ab.

Start von Trägerrakete noch nicht klar

Man wird gespannt sein dürfen, ob der bereits mehrfach - auch wegen der Corona-Pandemie - verschobene Start der europäischen Trägerrakete Ariane 6 Mitte nächsten Jahres klappen wird. Sie wird von vielen sinnbildlich für Europas Weltraum-Forschungen gesehen: zu teuer, zu bürokratisch, zu träge und zu risikoscheu. In einem Monat wisse Aschbacher mehr über den geplanten Start, er geht aber davon aus, dass der Termin stehe. Er bezeichnet die Rakete an sich als fantastische Ingenieur-Leistung, aber der Druck aus Übersee sei natürlich enorm hoch.

Josef Aschbacher wurde 1962 in Ellmau in Tirol geboren und studierte an der Universität Innsbruck, die er mit Master- und Doktorabschlüssen in Naturwissenschaften beendete. Neben seiner Arbeit als Direktor für Erdbeobachtung bei der ESA sammelte er Erfahrungen bei der Europäischen Kommission und am Asian Institute of Technology in Thailand.

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