Kinderärztin schaut einem Kind mit Spatel in den Mund.
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Coronavirus: Warum die Krankheit bei Kindern mild verläuft

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Coronavirus: Warum die Krankheit bei Kindern mild verläuft

Kinder stecken sich genauso leicht mit dem Coronavirus an wie Erwachsene. Sie entwickeln aber kaum Symptome und werden nur selten krank. Dass Kinder eine Sars-CoV-2-Infektion besser abwehren, könnte an ihrem Immunsystem liegen.

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Ein Merkmal der SARS-CoV-2-Epidemie gibt Medizinern schon länger Rätsel auf: Unter den registrierten Coronavirus-Erkrankten sind auffallend wenige Kinder. Nach der bisher größten Fallstudie des chinesischen Center for Disease Control (CDC) waren unter knapp 45.000 untersuchten Fällen nur 416 Kinder unter neun Jahren. Das entspricht rund einem Prozent aller Patienten. Ältere Kinder zwischen neun und 19 Jahren machten gerade mal 1,2 Prozent der Fälle aus, wie die Forscher berichten.

Die Übersichtskarte zu den aktuellen Coronavirusfällen in Bayern finden Sie hier.

Kinder erkranken seltener an Corona

Wenn Kinder an Covid-19 erkranken, entwickeln sie meist nur milde Symptome - ein wenig Husten, Schnupfen und manchmal Durchfall. In weniger als der Hälfte der Fälle entwickeln die Kinder Fieber, wie eine Untersuchung von 15 betroffenen Kindern in Shenzhen zeigt (PubMed NCBI vom 16. Februar 2020). Zugleich zeigten Lungenaufnahmen, dass es durchaus typische Entzündungsanzeichen gibt. Trotzdem verläuft die Infektion mit SARS-CoV-2 bei Kindern ungewöhnlich mild.

Wie reagiert der Körper von Kindern auf die Infektion?

Theoretisch sind dafür zwei Erklärungen denkbar: Entweder werden Kinder weniger häufig angesteckt oder aber ihr Körper reagiert anders auf die Infektion als der Körper von Erwachsenen. Welches Szenario zutrifft, haben Qifang Bi von der Johns Hopkins Bloomberg School of Public Health in Baltimore und seine Kollegen näher untersucht (medRxiv vom 4. März 2020). Für ihre Studie analysierten sie 391 Covid-Fälle in Shenzhen und 1.286 engere Kontakte der Erkrankten.

Kinder stecken sich genauso leicht an wie Erwachsene

Unter den Kontaktpersonen steckten sich Kinder ähnlich häufig an wie Erwachsene. Bei den Kindern unter zehn Jahren lag die Infektionsrate bei 10,7 Prozent, im allgemeinen Durchschnitt aller Altersgruppen waren es rund 7,9 Prozent, wie Bi und seine Kollegen berichten. Damit war die Übertragung des Virus auf Kinder genauso wahrscheinlich und sogar leicht höher als in den anderen Altersgruppen. "Kinder haben demnach ein genauso hohes Risiko, sich zu infizieren", sagt Bis Kollege Justin Lessler.

Coronavirus: Alles Wissenswerte finden Sie hier.

Schulschließungen sind sinnvoll, um Ausbreitung zu verlangsamen

Wie ansteckend allerdings ein mit dem Coronavirus infiziertes Kind ist, das kaum Krankheitssymptome zeigt, ist bislang ungeklärt. "Dies ist eine der noch offenen kritischen Fragen", sagt Lessler. Solange dieser Punkt nicht geklärt ist, halten es Virologen wie Ulrike Protzer von der Technischen Universität und vom Helmholtz Zentrum München durchaus für sinnvoll, Kindergärten und Schulen in Ausbruchsgebieten zu schließen – weniger zum Schutz der Kinder, "sondern um die Ausbreitung zu verlangsamen."

Untrainiertes Immunsystem bei Kindern möglicherweise effektiver

Die Forscher wissen noch nicht, warum die Coronavirus-Infektion bei Kindern weniger schwer verläuft als bei Erwachsenen. Eine mögliche Erklärung wäre, dass das noch nicht ausgebildete Immunsystem bei Kindern effektiver arbeitet als bei Erwachsenen. Denn ihre Immunabwehr hat kaum Erfahrungen mit gängigen Erregern. Dadurch konnten sie noch keine spezifischen Antikörper gegen bestimmte Erreger ausbilden. Vielleicht reagiert dadurch die Abwehr der Kinder auf SARS-CoV-2 stärker. Dazu passt, dass sich die Kinder in der aktuellen Studie schneller wieder erholten als die Erwachsenen.

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