Giraffen in der Steppe des Serengeti Nationalparks, Tanzania.
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Aufgrund der Pandemie finden vor allem in Afrika in vielen Naturschutzgebieten weniger Einsätze gegen Wilderer statt.

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Corona und Naturschutz: Krise trifft auch die Schutzgebiete hart

Reisebeschränkungen, ausbleibende Touristen, weniger Flugverkehr – da müsste sich doch die Natur erholen, oder? In manchen Regionen ist das so. Global betrachtet hat der Naturschutz jedoch in vielen Teilen der Welt Schaden genommen.

Vor allem Schutzgebiete in Afrika, Asien und Lateinamerika leiden unter den Folgen der Corona-Pandemie, so die Weltnaturschutzunion (IUCN). Ausgangssperren, Geldmangel und fehlendes Personal haben dazu geführt, dass wichtige Tätigkeiten in den Naturparks, zum Beispiel im Kampf gegen die illegale Jagd, nur noch eingeschränkt oder gar nicht mehr möglich sind.

So mussten in Afrika Patrouillen und Einsätze gegen Wilderer in mehr als der Hälfte der Naturschutzgebiete reduziert oder ganz eingestellt werden. Nach Umfragen in mehr als 60 Ländern verlor jeder fünfte Wildhüter seinen Arbeitsplatz, jeder vierte musste mit einer Einkommenskürzung oder Auszahlungsverspätung fertig werden, schreibt die IUCN in einem ausführlichen Bericht, der soeben in der hauseigenen Zeitschrift Parks publiziert wurde.

Fatale Abhängigkeit vom Tourismus

Der Bericht beruht auf zehn von unabhängigen Experten geprüften Studien mit Daten aus 90 Ländern aus allen Kontinenten, mit Ausnahme der Antarktis, und er zeigt: Für viele Naturschutzgebiete ist der Tourismus Fluch und Segen zugleich. Einerseits belastet er die Natur, andererseits sind mehr als die Hälfte der weltweit befragten Länder wirtschaftlich von ihm abhängig. Fallen diese Einnahmen weg, fehlen auch wichtige Ressourcen für den Naturschutz: Nicht nur für Förster und Wildhüter, sondern auch für Fortbildungen, Ausrüstung, Aufklärungskampagnen, für lokale Helfer, die sich für den Naturschutz einsetzen.

Es sei daher dringend notwendig, jenseits vom Tourismus alternative wirtschaftliche Strukturen in den Gemeinden vor Ort zu schaffen, so die Experten im IUCN-Bericht. Ferner stellen die Forscher im internationalen Vergleich fest, dass kein einziges Land auf die Pandemie vorbereitet gewesen sei, obwohl es in der Vergangenheit reichlich Vorboten dafür gegeben habe: Die Ebola-Infektionen in Afrika, die Vogelgrippe, die Covid-19-Vorläufer SARS und MERS.

Gesunde Natur als Basis für menschliche Gesundheit

Um in Zukunft besser gewappnet zu sein, fordern die Experten einen Standard-Leitfaden, der Antwort darauf gibt, wie man aus der Perspektive des Naturschutzes präventiv agieren, im Notfall reagieren und sich gegebenenfalls von den Folgen einer Pandemie erholen sollte. Natürlich habe die Gesundheitskrise der Menschen in der Corona-Pandemie Priorität, so der IUCN-Generaldirektor Bruno Oberle:

"Aber wir dürfen nicht vergessen, dass wir nur mit Investitionen in eine gesunde Natur eine solide Basis für die Erholung von der Pandemie schaffen und künftige Krisen der öffentlichen Gesundheit vermeiden."

Einschränkungen durch Covid-19 haben auch positiven Effekt

Ein kleiner Lichtblick geht aus einem Teilbericht aus Lateinamerika hervor. Naturschützer aus dreiundzwanzig Gebieten berichteten, dass sich der Rückgang von Besuchern und Verkehr positiv auf die Tierwelt auswirke. Manche Tierarten würden wieder in vormals verlassene Gebiete vordringen. Und sogar gefährdete oder bedrohte Tiere wie der Brillenbär und der Bergtapir würden sich wieder öfter blicken lassen.

Die IUCN wurde 1948 gegründet und bezeichnet sich mit 17.000 Experten als größtes Umweltnetzwerk der Welt. Unter den 1.400 Mitgliedern sind Naturschutzorganisationen und Regierungen. Unter anderem gibt sie die Rote Liste der bedrohten Tier- und Pflanzenarten aus.

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