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Giraffe auf Roter Liste Alle vier Giraffenarten sind gefährdet

Die Zahl der Giraffen ist in den vergangenen 35 Jahren drastisch gesunken. Seit 2016 stehen sie als "gefährdet" auf der Roten Liste. Je nach Erhebung streifen heute noch zwischen 68.000 und 117.000 Giraffen durch die Savannen.

Stand: 27.09.2022

Giraffen im Amboseli-Nationalpark. Auch der Lebensraum der Giraffen wird immer knapper - und die Tierart immer seltener. Deshalb wurde die Giraffe als gefährdete Art auf die Rote Liste der IUCN gesetzt. | Bild: picture-alliance/dpa

Jahrzehntelang sank die Zahl der Giraffen fast unbemerkt von der Öffentlichkeit. Im Herbst 2016 schlug die Weltnaturschutzorganisation IUCN Alarm: Weltweit sei die Zahl der Giraffen in nur dreißig Jahren um mehr als vierzig Prozent zurückgegangen.

Schutz von Giraffen: Der Welt-Giraffen-Tag

Am 21. Juni ist Welt-Giraffen-Tag. Der Aktionstag wurde von der Giraffe Conservation Foundation GCF ins Leben gerufen und soll auf die Situation der Tiere mit den langen Hälsen aufmerksam machen.

Drei Jahre später folgte ein wichtiger Schritt: Der internationale Handel mit Giraffen, ihrem Fleisch, Fell oder Leder oder anderen Jagdtrophäen wurde verboten, außer, das Herkunftsland kann nachweisen, dass seine Giraffenbestände nicht bedroht sind. Das haben die Länder des Washingtoner Artenschutzabkommens (Cites) auf ihrer Jahresversammlung in Genf im August 2019 beschlossen.

"Die Giraffen sind stark gefährdet. Wenn ein Bedrohungsaspekt wie der Handel wegfällt, besteht die Chance, dass die Giraffenpopulationen sich erholen."

Ralf Sonntag, Senior Advisor beim World Future Council

Rote Liste: Giraffen als "gefährdet" eingestuft

Mehrere Staaten aus dem südlichen Afrika haben gegen den Beschluss protestiert. Bei ihnen seien die Giraffen-Bestände stabil.

Seit 2016 werden Giraffen auf der Roten Liste der Weltnaturschutzorganisation IUCN als "gefährdet" eingestuft. Während 1985 noch 163.000 Giraffen durch die Savannen streiften, lebten 2015 nur noch 97.000 der langhalsigen Tiere. Auf der Roten Liste von 2021 gibt die Weltnaturschutzorganisation IUCN gar nur noch rund 68.000 erwachsene Tiere an. Verantwortlich für den Rückgang sind laut der Organisation Wilderei und der Verlust an Lebensraum.

Genauere Zahl der Giraffen: Keine Entwarnung trotz Anstieg

Die Gefährdung bedrohter Arten wird auf der Roten Liste in verschiedenen Graden angegeben: nicht gefährdet, gefährdet, stark gefährdet, vom Aussterben bedroht. Die Abstufung auf der internationalen Roten Liste der IUCN sind ähnlich, aber nicht genau übereinstimmend. | Bild: BR

"Gefährdet" oder "vom Aussterben bedroht"?

2022 kommt eine Studie der Giraffe Conservation Foundation (GCF) in Namibia zu dem Schluss, dass es rund 117.000 wildlebende Giraffen in Afrika gibt. Der Anstieg sei jedoch auf neue technische Zählungsverfahren mit Computerprogrammen zurückzuführen, statt auf eine Erholung der Bestände. Eine Analyse der Gene von Giraffen zeigt außerdem, dass sich die Situation der Langhälse eher verschärft hat.

"Giraffen sind lange Zeit nicht ein Forschungsobjekt gewesen. Man hat in die Nationalparks geschaut und gesehen, da sind welche, das passt schon. In den letzten zwei Jahren hat man genauer hingesehen und festgestellt, dass in den letzten 30 Jahren der Bestand zurück gegangen ist."

Christian Dienemann, Tiergarten Nürnberg

Schutz von Giraffen: Umzug der Giraffen sinnvoll?

Tatsächlich sind die Bestandsentwicklungen nicht überall in Afrika gleich. So geht die Zahl der Giraffen in Ost- und Zentralafrika stetig zurück, während sie im südlichen Afrika steigt. Daher wollte die Naturschutzorganisation zum Schutz von Giraffen (Giraffe Conservation Foundation, GCF) in Namibia herausfinden, wie sehr sich die Langhälse in verschiedenen Teilen Afrikas ähneln. Und: Welche Auswirkungen hätte es, Tiere in andere Teile des Kontinents zu bringen, weil sie in ihren ursprünglichen Wanderungsgebieten gefährdet sind?

Genanalyse von Giraffen: Vier unterschiedliche Arten entdeckt

Angolanische Giraffen

Lange wurde angenommen, Giraffen gehörten zu einer einzigen Art. Auf Anfrage der GCF fanden Axel Janke von der Frankfurter Senckenberg-Gesellschaft für Naturforschung und seine Kollegen durch einen Vergleich von Gewebeproben von 200 Giraffen aus ganz Afrika heraus: Genetisch sind die Langhälse in vier unterschiedliche Arten aufgeteilt. Die Studie erschien im September 2016 in dem Fachmagazin "Current Biology". Dieses Ergebnis wurde in einer Anfang Mai 2021 veröffentlichten Studie bestätigt. Demnach gibt es vier Giraffenarten: die Nordgiraffe, die Netzgiraffe, die Massaigiraffe und die Südgiraffe - und insgesamt sieben Unterarten. Gefährdet sind sie alle, doch besonders die Nord- und die Netzgiraffe sind akut vom Aussterben bedroht.

Giraffen: Genetisch wie Braunbären und Eisbären

Die Untersuchung des Erbguts sollte zeigen, ob Giraffen in anderen Gebieten angesiedelt werden und die heimischen gemeinsam mit den neuen Populationen Nachwuchs bekommen könnten. Das Studienergebnis überraschte auch die Wissenschaftler:

"Die Arten sind genetisch so unterschiedlich wie Braunbären und Eisbären. In freier Wildbahn paaren sie sich nicht untereinander."

Axel Janke, Senckenberg-Gesellschaft für Naturforschung, Frankfurt

Giraffen in Kenia: Massai-Giraffe fehlen Giraffen ihrer Art

Nubische Giraffen

Eine Massai-Giraffe aus Kenia würde dementsprechend in Namibia keine Paarungspartner finden. Deshalb müssten die Anstrengungen verstärkt werden, die Giraffen in ihren angestammten Gebieten zu schützen, forderte Janke. So gebe es etwa nur noch wenige Tausend Exemplare der Nubischen Giraffe. "Das heißt, die Gefährdung ist etwa auf dem gleichen Niveau wie beim Nashorn."

Jagd auf Giraffen: Wilderer und die Zerstörung des Lebensraums

Netzgiraffe in Samburu in Kenia

Gefährlich wird es für die Giraffen zum Beispiel im konfliktgeladenen Südsudan oder auch in der Zentralafrikanischen Republik, wo das Militär und örtliche Milizen gegeneinander kämpfen. Zudem sind Wilderer auf der Suche nach Buschfleisch hinter ihnen her. Mitunter soll ihr Fleisch - gemäß des örtlichen Aberglaubens - zu Medizin gegen HIV und Aids verarbeitet werden. Die größte Bedrohung geht jedoch vom Verlust und der Zersplitterung ihres Lebensraums aus, weil sich menschliche Siedlungen immer weiter ausbreiten, so Julian Fennessy, Co-Direktor der Giraffe Conservation Foundation GCF in Namibia über die Lage in Ost- und Zentralafrika.

Aussterben von Giraffen: Westafrikanische Giraffe als Beispiel

Noch vor hundert Jahren war zum Beispiel die Westafrikanische Giraffe, die "Giraffa camelopardalis peralta", in weiten Teilen Westafrikas zu Hause. Ihr Lebensraum reichte einst von der Atlantikküste Senegals bis in den Tschad, das Herz Afrikas. Heute ist er auf einen kleinen Landstreifen südöstlich von Niamey, der Hauptstadt des Niger, geschrumpft. Wilderer, Kriege und wachsende Wüsten wurden den sanften Riesen zum Verhängnis. 1996 lebten nur noch 50 Tiere. 2015 waren es wenigstens wieder über 200 - dem Aussterben entronnen, aber noch gefährdet.

Gefährdete Giraffen: Wie Schutzmaßnahmen greifen

Touristenattraktion: Giraffen im Nationalpark

Dass die Giraffen bislang vor dem Aussterben bewahrt werden konnten, führen Fachleute auf mehrere Ursachen zurück: engagierte Naturschützer, eine an Einnahmen interessierte Regierung, die den Tourismus als Gewinn versteht und die friedliche Koexistenz der Tiere mit den Menschen.


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