Medizinisches Personal untersucht mit einer Mammografie die Brust einer Frau auf Brustkrebs
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Mammographie-Screening ja oder nein? Es spricht vieles für eine neue Altersgrenze, aber auch manches dagegen.

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Brustkrebs: Mammographie-Screening ab 45 und bis 75 sinnvoll?

Noch dieses Jahr könnte es das sogenannte Mammographie-Screening, eine bewährte Untersuchung zur Früherkennung von Brustkrebs, auch für jüngere und ältere Frauen als Kassenleistung geben. Doch ist das wirklich sinnvoll? Was Ärzte dazu sagen.

Über dieses Thema berichtet: Abendschau - Der Süden am .

Bisher werden Frauen zwischen 50 und 69 Jahren alle zwei Jahre dazu eingeladen, ein sogenanntes Mammographie-Screening durchführen zu lassen. Doch das könnte sich schon bald ändern. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-Ba) überprüft aktuell, ob die Untersuchung zur Früherkennung von Brustkrebs künftig auch unter 50-jährigen und über 70-jährigen Frauen als Kassenleistung angeboten werden darf. Schon für dieses Jahr ist die neue Verordnung geplant. Frauen sollen dann ab 45 Jahren und bis zum Alter von 75 Jahren alle zwei Jahre Anspruch auf ein Screening haben.

Krebspatientin aus München: Tumor beim Screening entdeckt

Für Sylvia Wagner aus München ist jedenfalls klar: Nur durch diese Untersuchung sei ihr Tumor entdeckt worden, wie sie im BR-Interview erzählt. Nach diversen Chemotherapien und einer Operation hofft sie jetzt, wieder gesund zu sein. Sie würde sich wohl immer wieder für diese Krebsvorsorge-Untersuchung entscheiden. Allerdings gehört sie mit ihren über 50 Jahren zu derjenigen Altersgruppe, die schon jetzt das Mammographie-Screening von der Krankenkasse bezahlt bekommt.

Ist es aber sinnvoll, die bisherige Altersgrenze fürs Mammographie-Screening auszuweiten? Was dafür und was dagegen spricht - die Argumente von Ärztinnen und Ärzten.

Brustkrebs-Früherkennung: Erfolge des Mammographie-Screenings

Mit etwa 30 Prozent aller Krebsfälle ist Brustkrebs die häufigste Krebserkrankung bei Frauen in Deutschland. Mehr als 18.500 Frauen sterben jedes Jahr hierzulande daran. Das Mammographie-Screening-Programm (MSP), das im Jahr 2009 flächendeckend in Deutschland eingeführt wurde, sei durchaus sinnvoll, sagt Dorothea Rjosk-Dendorfer, Radiologin am Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU). "Es ist ganz klar bewiesen, dass dadurch die Sterblichkeit an Brustkrebs reduziert werden kann, weil man Brustkrebs früh erkennt, wo noch keine Metastasierung eingetreten ist." Nadia Harbeck, Leiterin des Brustzentrums der Frauenklinik der LMU, beziffert die Erfolgsquote des Screenings auf 25 Prozent, mit der die Sterblichkeit durch die Untersuchung verringert werden könne.

Die Gefahr einer falsch-positiven Diagnose oder einer Überdiagnose

Ein Argument, das gegen das Mammographie-Screening häufig angeführt wird: Die Zahl der falsch-positiven Diagnosen sei hoch. Achim Wöckel, Direktor der Frauenklinik und Leiter des Brustzentrums sowie des Genitalkrebszentrums am Universitätsklinikum Würzburg, sagt dazu: "Die Rate der falsch-positiven Befunde liegt beim Mammographie-Screening mitunter im hohen einstelligen Prozentbereich, das ist nicht von der Hand zu weisen. Doch der Nutzen hat sich klar gezeigt." Vier bis sechs Frauen von 1.000 könnten durch das Screening vor einer potenziell tödlichen Brustkrebserkrankung bewahrt werden, verteidigt der Gynäkologe die Untersuchung.

Institut: Früheres Screening vor allem für Jüngere sinnvoll

Auch das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) argumentiert in seinem Bericht für den Gemeinsamen Bundesausschuss für die Ausweitung der Altersgrenze. Gerade bei jungen Frauen im Alter zwischen 45 und 49 Jahren überwiege der "brustkrebsspezifische Überlebensvorteil" gegenüber den möglichen Schäden, die durch falsch-positive Befunde auftreten könnten oder durch sogenannte Überdiagnosen - also Diagnosen von Erkrankungen, die sich ohne Untersuchung nie bemerkbar gemacht hätten und ohne Folgen geblieben wären, heißt es in dem Papier. Und bei älteren Frauen sei die Rate der falsch-positiven Befunde ohnehin deutlich geringer, sagt Tanja Fehm, Direktorin der Frauenklinik am Universitätsklinikum Düsseldorf.

Wie hoch ist die Strahlenbelastung beim Screening?

Ein Nachteil des Mammographie-Screenings ist die vergleichsweise hohe Strahlenbelastung der Untersuchung. "Die Strahlenbelastung einer Mammographie entspricht ungefähr der eines Transatlantikflugs", sagt dazu Tanja Fehm vom Universitätsklinikum Düsseldorf. Sie stelle also eine potenzielle Belastung dar, denn Röntgenstrahlen könnten selbst auch Krebs auslösen. "Trotzdem ist die Nutzen-Risiko-Bewertung bei der Mammographie diesbezüglich positiv", sagt die Ärztin.

Zumindest für ältere Frauen bis 75 Jahre hat das Bundesamt für Strahlenschutz Ende vergangenen Jahres eine positive Nutzen-Schaden-Abwägung hinsichtlich des Mammographie-Screenings veröffentlicht. Auch Nadia Harbeck vom Brustzentrum in München sagt im Interview mit dem BR: Bezüglich der Strahlenbelastung könne man "Entwarnung" geben, weil dank der neuen Technik sehr gute Bilder mit weniger Strahlung möglich seien.

Warum alle zwei Jahre ein Screening?

Frauen im entsprechenden Alter sollten alle zwei Jahre ein Mammographie-Screening durchführen lassen. Der Zeitabstand sei so gewählt, dass man die meisten Veränderungen gerade erkennen könne. "Größere Zeitabstände sind zu unsicher, kleinere wären zu früh", erklärt dazu die Radiologin Rjosk-Dendorfer.

Mammographie-Screening: Die Probleme bei jungen Frauen

Was gegen ein Mammographie-Screening bei Frauen unter 50 Jahren spricht: Bei ihnen ist die Brustdichte höher, Tumore dadurch beim Screening schwerer zu erkennen. Trotzdem hält die Gynäkologin Harbeck eine Ausweitung der Altersgrenze nach unten für Frauen ab 45 Jahren für "absolut sinnvoll".

Brustkrebs-Früherkennung: Warum Abtasten der Brust nicht reicht

Abtasten statt Screening, das reicht laut Tanja Fehm vom Universitätsklinikum Düsseldorf nicht aus. "Abtasten ist keine Früherkennung", warnt sie. Potenziell gefährliche Gewebeveränderungen seien meist erst ab einer Größe von ein bis zwei Zentimetern ertastbar. "Und abhängig von ihrer Periode ertasten sich bei Frauen die Brustdrüsen auch anders. Deshalb gehört die Abtastuntersuchung zwar auf jeden Fall dazu, sie stellt aber keine klassische Krebsfrüherkennung dar", sagt Fehm. Bei einer Frau am Ende der Wechseljahre, die einen neuen Tastbefund habe, sollte auf jeden Fall eine Abklärung erfolgen, betont auch Matthias Beckmann, Direktor der Frauenklinik am Universitätsklinikum Erlangen. Auch Sylvia Wagner, die Brustkrebs-Patientin aus München, konnte ihren Tumor nicht ertasten.

Frau beim Mammografie-Screening
Bildrechte: picture alliance/dpa | Klaus Rose
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Für Frauen zwischen 50 und 69 Jahren zahlen die Krankenkassen ein Mammographie-Screening alle zwei Jahre. Künftig auch schon früher und länger?

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