Wirtschaftsreferent Horst Müller und Citymanagerin Verena Tykvart stehen auf dem Fürther Wochenmarkt.
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Wachstum gegen den Trend: Der Einzelhandel in Fürth wuchs um 14 Prozent. Ein Erfolg für Wirtschaftsreferent Müller und Citymanagerin Tykvart.

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Wirtschaftswunder: Fürther Einzelhandel legt gegen den Trend zu

Fürth war lange das "hässliche Entlein" im Zentrum der Metropolregion. Doch heimlich, still und leise hat die Stadt beim Einzelhandel sogar das wohlhabende Erlangen überholt. Motor des Aufschwungs sind Wirtschaftsreferent Horst Müller und sein Team.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Der Fürther Wirtschaftsreferent hat sich an diesem Vormittag Zeit genommen. Horst Müller (CSU) schlendert über den Wochenmarkt in der Innenstadt. Es gibt Obst und Gemüse, an vielen Ständen wird etwas zu Essen und Trinken angeboten. Vor den transportablen Marktbuden stehen Stühle, Tische und Sonnenschirme. "Das ist genau das südländische Flair, das man hier haben will, die Aufenthaltsqualität in der Stadt", sagt er. Angeboten würden vor allem Dinge, die es online nicht zu kaufen gebe. "Man kann überall schnabulieren, man kann überall einkehren, überall was probieren. Und genau das wollten wir haben."

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Marktforscher geben gute Zensuren

Seit vier Jahren gibt es nun den neu gestalteten Fürther Wochenmarkt. Für Müller ist er das Sahnehäubchen bei der Umgestaltung der Innenstadt. Die Anzahl der Passanten hat sich verdreifacht, das hat vor einiger Zeit eine Zählung ergeben. Wenn Menschen in die Innenstadt kommen, dann profitiert auch der Handel. Rund 860 Millionen Euro setzten die Läden und Geschäfte in der Fürther City im vergangenen Jahr um, so stellte es jüngst eine Studie des Marktforschungsunternehmens GfK fest. Ein Plus von 14 Prozent gegenüber 2008. Fürth habe, so heißt es in der Studie, "stark von Kaufkraftzuflüssen profitiert, was auf das umfassende und kundenattraktive Einzelhandelsangebot der Stadt zurückzuführen ist."

Schlechte Noten für das wohlhabende Erlangen

Im Fürther Rathaus liest man so etwas gerne. Weniger gut kommt die Studie dagegen in der Nachbarstadt Erlangen an. Die GfK maß hier einen deutlichen Rückgang des Einzelhandelsumsatzes zwischen 2008 und 2022 um 14,6 Prozent auf 688 Millionen Euro. "Wir haben tatsächlich erstmals Erlangen überholt. Das hat es in der Geschichte von Fürth noch nie gegeben", sagt Müller. Ausgerechnet das wirtschaftsstarke und wohlhabende Erlangen, das mehr Arbeitsplätze hat und die höchsten Gehälter in Bayern.

Jahrzehntelanger Kampf gegen Schmuddel-Image

Als Horst Müller vor 25 Jahren als Wirtschaftsreferent in Fürth angefangen hat, sah die Lage ganz anders aus. Die Innenstadt am Boden – Leerstände und Billig-Shops. Zum Einkaufen fuhren die Fürther mit der U-Bahn ins nahegelegene Nürnberg. Und eine Besserung war nicht in Sicht. "2008 war Fürth am Tiefpunkt. Das Angebot im Handel entsprach dem einer Stadt mit 40.000 Einwohnern", erinnert sich Müller. Dabei war Fürth etwa dreimal so groß. "Aber wir haben extrem aufgeholt. Wir haben hohe Steigerungsraten gehabt von 2008 bis 2018 und auch jetzt nochmal 14 Prozent zugelegt." Inzwischen entspreche das Angebot im Handel dem einer Großstadt mit 135.000 Einwohnern.

Gestopptes Großprojekt war Chance für die Stadt

Müller ist inzwischen in der sogenannten "Neuen Mitte" angekommen. Einst standen hier ein Geschäftshaus und ein heruntergekommenes Hotel. Ein Investor wollte stattdessen ein Einkaufzentrum bauen, so wie es zig andere in ganz Deutschland gibt. Das Projekt scheiterte, und die Stadt griff zu, berichtet der Wirtschaftsreferent. "Wir haben damals die gesamten Häuser selbst gekauft und haben bundesweit vermarktet." Statt einer Passage stehen nun Geschäftshäuser in einer Fußgängerzone. Und ganz oben haben die Volksbücherei und ein beliebtes Café ihren Platz gefunden.

Finanzielle Unterstützung für Neuansiedler

Das ist ein Baustein zum Erfolg. Aber ohne kleine Geschäfte mit einem attraktiven Sortiment geht es nicht. Da ist sich Müller sicher. "Wir haben auch den kleinen, inhabergeführten, mittelständischen Einzelhandel unterstützt. Und die Mischung zusammen, die hat eben das Ergebnis gebracht."

Für die Unterstützung des Einzelhandels ist Verena Tykvart zuständig. Sie ist eine von zwei Innenstadtmanagerinnen im Rathaus und begleitet Müller auf der Tour durch die Innenstadt. Weil Fürth im Zweiten Weltkrieg kaum zerstört wurde, gibt es in der City viele kleine Läden in historischen Häusern. Und gerade deren spezielles Angebot macht die Attraktivität aus. Deshalb bezahlt die Stadt "kleine Umzugshilfen", sagt Tykvart. Zwar könne das Innenstadtmanagement die Mieten grundsätzlich nicht ändern. "Außer wir kennen die Eigentümer. Und da verhandeln wir durchaus auch mit, wenn wir versuchen, Geschäfte anzusiedeln", erzählt Tykvart.

Kümmerer helfen bei der Gründung

Sie besucht Raimar Bradt in seinem Modegeschäft. Seit eineinhalb Jahren verkauft er in der Königstraße hochwertige Kleidung – von kleinen Herstellern, weitgehend Made in Germany. Die Citymanagerin habe bei der Ansiedlung geholfen, berichtet er. Gemeinsam seien sie durch die Stadt gegangen, hätten überlegt, wo ein guter Standort für den Laden sein könnte. "Da waren viele Kleinigkeiten dabei, wo ich mir gedacht habe, da fühle ich mich wohl dabei", sagt Bradt. Inzwischen läuft sein Laden. Die Kunden kommen aus der ganzen Region.

Das Modegeschäft hat sich etabliert - auch dank der finanziellen Hilfe der Stadt. "Es gab eine kleine Förderung", sagt er. Die habe ihm geholfen, "ein bisschen die Angst zu nehmen wegen der Mieten, die man natürlich hier auch stemmen muss." Bradt ist seit 21 Jahren in der Branche. Er betreibt auch in Nürnberg ein Geschäft. So gut aufgehoben wie in Fürth fühlt er sich dort jedoch bei weitem nicht.

Vorbild für andere Städte

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Andere Städte haben sich schon interessiert in Fürth umgeschaut, erzählt Wirtschaftsreferent Müller. Sie wollten sich Anregungen holen, wie sie ihre Innenstädte aufmöbeln können. Gerade jetzt, wo überall Kaufhäuser wie Galeria Kaufhof dichtmachen und Filialisten ihre Läden aufgeben, droht eine Verödung der Einkaufsstraßen. Fürth hat dem einigermaßen gut gegengesteuert. Müller: "Man kann Teile sicher auch wo anders umsetzen. Aber jede Stadt muss die perfekte Lösung für sich selbst finden!" Und Fürth hat diese Lösung gefunden.

Fürther Einzelhandel legt gegen den Trend zu
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Fürther Einzelhandel legt gegen den Trend zu

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