HABA-Kugelbahn
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Beispiel HABA: Das Unternehmen mit Sitz in Bad Rodach musste vergangenen Sommer Insolvenz anmelden. Jetzt soll es wieder aufwärts gehen.

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Wie fränkische Spielzeugfirmen gegen Umsatzverluste kämpfen

Spielwarenhersteller in Deutschland haben mit einigen Schwierigkeiten zu kämpfen. Das betrifft auch die fränkischen Marken wie "Playmobil", "Bruder" und "Haba". Mit unterschiedlichen Strategien versuchen sie, sich am Markt zu behaupten.

Über dieses Thema berichtet: radioWelt am .

Wie die gesamte Wirtschaft hat es auch die Spielwarenindustrie aktuell mit zahlreichen Herausforderungen zu tun: hohe Energiepreise in der Produktion, fehlende Fachkräfte, Lieferkettenprobleme, Inflation und die damit verbundene Kaufzurückhaltung von Kunden. Dabei verzeichnete die Branche während der Corona-Pandemie noch Rekordumsätze. Doch im vergangenen Jahr ging die Nachfrage wieder deutlich zurück.

Umsätze von Top-Marken gehen zurück

Umsatzrückgänge gibt es dem Deutschen Verband der Spielwarenindustrie zufolge bei "nahezu allen Top-Marken". Zu diesen zählt auch die Firma Bruder, die realitätsnahe Spielfahrzeuge aus Plastik im großen Maßstab 1:16 herstellt, etwa Traktoren und Baufahrzeuge. Matthias Weigand, der kaufmännische Leiter des Unternehmens aus Fürth, meldet für das vergangene Jahr ein Umsatzminus bei Bruder von knapp 2,5 Prozent. Hauptgrund dafür sind laut Weigand die gestiegenen Rohstoffpreise, auch wenn diese 2023 wieder ein Stück weit zurück gegangen seien.

Kostensprünge bei Energie und Personal

"Stark gestiegen" seien hingegen die Energiekosten in den Fabriken von Bruder, in denen insgesamt 750 Angestellte arbeiten, sagt der Prokurist Weigand. Leicht zeitversetzt seien auch die Lohnkosten nach oben gegangen, wegen der gestiegenen Lebenshaltungskosten. Letztere sind es, die bei den Verbrauchern die Kauflaune gedrosselt haben. Branchenbeobachtern zufolge haben in solchen Situationen kostspielige Markenartikel gegenüber Billigherstellern aus Asien und anderen Regionen das Nachsehen.

Playmobil-Chef: "Zielgruppe um fast ein Drittel geschrumpft"

Das bekommt auch Playmobil zu spüren: Das Unternehmen der Brandstätter-Gruppe in Zirndorf fuhr im vergangenen Jahr erstmals in seiner Geschichte einen Verlust ein. 39 Millionen Euro schwer, so dass der Umsatz nur noch bei 614 Millionen Euro lag. Darüber hinaus verlieren die Plastik-Figuren in ihrer bisherigen Stammzielgruppe der Vier- bis Zehnjährigen zunehmend an Interesse, beobachtet Firmenvorstand Bahri Kurter. Vor allem bei den Neun- und Zehnjährigen ziehe das Playmobil-Spielzeug immer weniger. "Somit ist unsere Zielgruppe um fast ein Drittel geschrumpft", stellt Kurter fest.

Playmobil setzt auf Kleinkind-Segment und auf Erwachsene

Um gegenzusteuern, hat die Brandstätter-Gruppe bereits erste Maßnahmen ergriffen. Bis Ende 2025 will Playmobil allein in Deutschland 370 Arbeitsplätze abbauen. Weltweit beschäftigt das fränkische Unternehmen 4.000 Menschen. Auch die Produktstrategie soll geändert werden. Wachstumspotential sieht Firmenchef Kurter im Geschäft mit Sammlerstücken für Heranwachsende und Erwachsene. Das soll ausgebaut werden. Der Reformator Martin Luther als Playmobil-Figur sei ein gelungenes Beispiel dafür.

Das Sortiment für die Kleinen soll indes weiter gepflegt werden. "Wir stellen unsere 'Playmobil 1,2,3'-Serie um, nennen sie 'Playmobil-Junior' und positionieren uns ganz klar im Kleinkind-Segment. Da wollen wir die führende Marke werden", kündigt Kurter an. Das soll unter anderem mit mehr Nachhaltigkeit erreicht werden. Spätestens ab 2028 will Playmobil die komplette Junior-Serie aus pflanzenbasierten Rohstoffen herstellen, so der Plan.

Zwei Produkt-Segmente sollen Haba aus der Insolvenz führen

Auf seine Kernklientel fokussieren will sich hingegen der Hersteller Haba, der nach kräftigen Verlusten und einer Entlassungswelle gerade in einer selbst verwalteten Insolvenz steckt. Seinen Kinderkleidungsversand "Jako-o" hat Haba abgestoßen. Stattdessen will die Firma aus Bad Rodach ihr Geschäft künftig auf zwei Säulen ausrichten: auf Holzspielzeug und auf Spiele. Denn mit Gesellschaftsspielen für Kinder und Familien erzielt Haba nach Angaben seiner Marketing-Chefin Stefanie Frieß unverändert gute Absatzzahlen.

Die Firma möchte ihr Spiele-Sortiment aber noch weiter aufwerten, beispielsweise um Spiele mit frühkindlichem Bildungsanspruch. Ein Neues davon präsentiert Haba auf der Messe in Nürnberg. Frieß betrachtet das als hilfreich, damit Kinder Grund- und Zukunftskompetenzen erwerben. Wie nötig das sei, zeige die jüngste Pisa-Studie, der zufolge Deutschlands Schülerinnen und Schüler in Basiskompetenzen immer schlechter abschneiden.

Schleich setzt auf Nachhaltigkeit und Export

Die Probleme betreffen natürlich nicht nur fränkische Hersteller. Auch die Firma Schleich aus Baden-Württemberg, die seit Jahrzehnten für ihre Tier- und Fabelfiguren aus Kunststoff bekannt ist, hat es mit einem empfindlichen Umsatzrückgang zu tun. Um 15 Prozent sanken die Zahlen 2023 gegenüber dem Vorjahr. Doch die Nachfrage an Schleichs Fantasy-Figuren "Eldrador Creatures" scheint ungebrochen, weshalb das Unternehmen in dieser Serie weiter kräftig nachlegen will.

Auch die bewährten Lizenzgeschäfte im Bereich "Hexen und magische Welten" sollen gestärkt werden, teilt die in Schwäbisch Gmünd ansässige Firma mit. Wie Playmobil will auch Schleich mit einer Innovation für mehr Nachhaltigkeit Käuferschichten erschließen. Laut Firmenchef Stefan de Loecker soll noch in diesem Jahr eine Produktserie auf den Markt kommen, die komplett aus recycelten Schleich-Figuren hergestellt wird. Außerdem strebt der Plastikfigurenhersteller an, den Export ins europäische Ausland und nach Nordamerika auszuweiten.

Handel für Hersteller weiterhin ein Problemkind

Ein Problem bleibt für viele Spielzeughersteller der Handel. Die Zahl der Fachgeschäfte nimmt ab. Im Online-Geschäft konkurrieren viele Plattformen, darunter auch große aus Fernost, die Billigware oder gar Plagiate für wenig Geld anbieten. Eine Belastung seien über dies viele Normen und Vorschriften, die bei den Firmen für einen hohen Bürokratieaufwand sorgen, beklagt Matthias Weigand vom Spielfahrzeug-Hersteller Bruder.

Als Hauptverursacher sieht er die Gesetzgeber in Deutschland und der EU und nennt als Beispiel das Lieferketten-Sorgfaltspflichten-Gesetz. Dabei räumt Weigand ein: "Natürlich sind manche Sachen auch sinnvoll, keine Frage. Aber jedes Gesetz muss natürlich unter Aufwands- und Nutzengesichtspunkten geprüft werden." Und er ergänzt: Bei einigen Gesetzen habe er so seine Zweifel.

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