29.01.2024, Bayern, Nürnberg: Zwei Figuren aus der "Tiny Haus Spielwelt" von Playmobil stehen im Vorfeld der Spielwarenmesse am Stand von Playmobil. Vor 50 Jahren kamen die ersten dieser Spielzeugfiguren auf den Markt und eroberten in den nächsten Jahrzehnten die Kinderzimmer in vielen Ländern weltweit.
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Daniel Karmann

50 Jahre Playmobil

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50 Jahre Playmobil-Figuren: Als aus Möbeln Männchen wurden

Seit einem halben Jahrhundert sind die Figuren mit dem freundlichen Gesichtsausdruck fester Bestandteil vieler Kinderzimmer. Erfunden wurden sie 1974 im fränkischen Zirndorf - mitten in der Ölkrise.

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Playmobilfiguren sind egalitär im besten Sinne. Sie sind genau 7,5 Zentimeter hoch, egal, ob Privatdetektiv "Magnum" aus der gleichnamigen US-Fernsehserie der 80er Jahre, der Griechengott Zeus samt Olymp, die Tierärztin für Pferde mit der Bestellnummer 71241 oder Martin Luther. Der ist übrigens mit einer Auflage von einer Million die erfolgreichste Figur und wurde angesichts des 500. Jubiläums der Reformation 2017 auf den Markt gebracht. 7,5 Zentimeter. Sozusagen das Gardemaß für Playmobil-Männchen.

Geboren in der Ölkrise

Das galt schon 1974. Da steckte das Unternehmen "geobra Brandstätter" im fränkischen Zirndorf in einer tiefen Krise. Öl war durch den Nahostkrieg sehr teuer geworden, es gab die autofreien Sonntage und mittendrin stand Horst Brandstätter. Er stellte Kindermöbel aus Kunststoff her, deren Grundstoff Öl ist und die sich wegen des teuren Rohöls nicht mehr absetzen ließen. Sein Produktentwickler Hans Beck erfand die Playmobilfiguren, die viel weniger Plastik benötigten und ganz anders aussahen als alle Figuren vorher im Kinderzimmer.

Die Männchen konnten sich bewegen und hatten am Kopf Einkerbungen, um ihre Kopfbedeckungen auszutauschen. Der Gesichtsausdruck anfangs war Punkt, Punkt, Strich ohne Komma, denn Nasen haben sie eigentlich keine. Sie sollten lächeln, sagte Brandstätter einmal: "Der Gesichtsausdruck ist relativ freundlich, neutral, weil das Kind macht die Figur schon ernst, wenn es will." Aber die Figur dürfe kein breites Lächeln haben.

Der Erfolg gab ihm recht. Seitdem wurden rund vier Milliarden "Playmos", wie sie von Kindern liebevoll genannt werden, produziert - alle Playmobilfiguren, Hand in Hand aneinandergereiht, reichen viermal um die Erde. Und die meisten der Figuren dürften noch leben, denn sie sind erstaunlich robust.

Konkurrenz durch Super Mario

Je mehr Figuren auf den Markt kamen, desto weniger galt Punkt-Punkt-Strich. Zu weißen Männern kamen Frauen, aber auch indigene Figuren. Playmobil wuchs auch noch, als längst das Zeitalter der Digitalisierung hereingebrochen war und neue Konkurrenten von "Super Mario" bis zur PlayStation auf den Markt kamen.

Playmobilfiguren hielten nämlich auch Einzug ins Erwachsenenleben: Sie waren Darsteller für Dioramen, um ganze Welten aufzubauen, von historischen Schlachten bis jüngst gar zu 175 Jahre Paulskirche zu Frankfurt. Auch Entertainer Harald Schmidt baute in seinen besten Zeiten in seinen Shows Wimmelbilder mit Playmos, ob zu Sigmund Freud, Jürgen Klinsmann oder der Geschichte des britischen Königshauses. Und sogar in vielen Praxen von Therapeuten gehören Playmobilfiguren heute zum Inventar für eine Familienaufstellung.

Krise nach Tod des Playmobil-Patriarchen

Im Jahr 2015 schließlich starb der "Playmobil-Patriarch" Horst Brandstätter. Kurz zuvor hatte er sein Testament noch zugunsten ihm nahestehender Frauen ändern lassen. Die Firma stand Kopf - Punkt, Punkt, Strich, aber waagrecht, das Lächeln gefror.

Im vergangenen Jahr gab es den ersten Verlust in der Unternehmensgeschichte. Mit der Folge, dass 700 der 4.000 Jobs weltweit abgebaut werden. Das hatte der um ein Vielfaches größere Lego-Konzern besser gemacht. Trotz Krisen hat die dänische Firma die wundersame Gabe, sich auch immer wieder neu zu erfinden. Lego macht riesige Umsätze mit Lizenz-Produkten, zum Beispiel der Star-Wars-Serie.

Playmobil mit ewig gleichen netten, aber doch biederen Landschaften tut sich hier sichtlich schwer. Den Ferrari 308 GTS des Privatdetektivs Thomas Magnum und dessen Figur im lässigen Hawaii-Hemd kennt heute kein Kind mehr. Das ist eindeutig etwas für die älteren Semester.

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