Jemand bezahlt mit einer Bezahlkarte (Symbolbild)
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Jemand bezahlt mit einer Bezahlkarte (Symbolbild)

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Bundesweite Bezahlkarte für Geflüchtete – Bayern geht Sonderweg

Eine Bezahlkarte für die Auszahlung staatlicher Leistungen für Asylbewerber soll laut Hessens Ministerpräsident Rhein bundesweit eingeführt werden. Bayern und Mecklenburg-Vorpommern gehen beim Vergabeverfahren für die Einführung aber eigene Wege.

Über dieses Thema berichtet: BR24 Infoblock am .

Ab dem Sommer soll es eine Bezahlkarte für die Auszahlung staatlicher Leistungen für Asylbewerber geben: Die Bundesländer haben sich auf Standards zu einer geplanten Bezahlkarte für Geflüchtete geeinigt. 14 der 16 Länder streben ein gemeinsames Vergabeverfahren an, wie die hessische Staatskanzlei am Mittwoch in Wiesbaden für die Ministerpräsidentenkonferenz mitteilte. Bayern und Mecklenburg-Vorpommern wollen bei der Vergabe allerdings eigene Wege gehen.

Laut Sandro Kirchner, CSU-Staatssekretär im bayerischen Innenministerium, geht es beim eigenen Vorgehen Bayerns vor allem um Geschwindigkeit. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) habe nach der Ministerpräsidentenkonferenz entschieden, "dass diese Bezahlkarte schnell an den Start kommen soll", sagte Kirchner am Dienstag zu BR24. "Deswegen wollten wir keine Zeit verlieren und haben unsere Aktivitäten begonnen." Der Bund entscheide erst jetzt über Kriterien und die Art und Weise einer Ausschreibung. "Es wird also noch viel Zeit vergehen", so Kirchner.

Keine Überweisungen mehr an Herkunftsländer möglich

Die Ministerpräsidenten der Länder und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatten sich im November 2023 darauf verständigt, dass Asylbewerber in Deutschland mindestens einen Teil ihrer Leistungen künftig als Guthaben auf einer Bezahlkarte bekommen sollen. Die Nutzung solcher Bezahlkarten soll Schutzsuchenden die Möglichkeit nehmen, Geld aus staatlicher Unterstützung in Deutschland an Angehörige und Freunde im Herkunftsland zu überweisen.

Es handelt sich um eine guthabenbasierte Karte mit Debitfunktion, die ohne Kontobindung funktioniert. Sie soll das Auszahlen von Bargeld ersetzen. Perspektivisch sollen Geflüchtete einen Teil ihrer Leistungen als Guthaben auf der Karte statt per Barauszahlung erhalten.

Bundesländer entscheiden selbst über die Höhe der Beträge

Jedes Bundesland entscheidet selbst, wie hoch der Betrag sein soll. Auch über weitere Zusatzfunktionen entscheidet jedes Land für sich. Jedoch sollen die technischen Möglichkeiten der Karte überall einheitlich sein.

"Leistungsberechtigte sollen perspektivisch einen Teil der Leistungen als Guthaben auf einer Karte anstelle einer Barauszahlung erhalten. Über die Höhe des Barbetrags sowie über weitere Zusatzfunktionen entscheidet jedes Land selbst", erklärte der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU), mit.

Bezahlkarte nicht im Ausland einsetzbar

Die Bezahlkarte sei grundsätzlich in allen Branchen einsetzbar, aber nicht im Ausland. Auch Karte-zu-Karte-Überweisungen und sonstige Überweisungen im In- und Ausland seien nicht vorgesehen. "Mit einer Bezahlkarte werden Bargeldauszahlungen an Asylbewerberinnen und -bewerber weitgehend entbehrlich", sagte der Co-Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Niedersachsens Regierungschef Stephan Weil (SPD).

Rhein sieht darin einen wichtigen Schritt, um Anreize für illegale Migration nach Deutschland zu senken. "Mit der Einführung der Bezahlkarte senken wir den Verwaltungsaufwand bei den Kommunen, unterbinden die Möglichkeit, Geld aus staatlicher Unterstützung in die Herkunftsländer zu überweisen, und bekämpfen dadurch die menschenverachtende Schlepperkriminalität", erklärte er.

Ende März sollen erste bayerischen Kommunen mit Bezahlkarte starten

Laut CSU-Staatssekretär Kirchner befindet sich Bayern bereits im Vergabeverfahren, welches Unternehmen die Karte technisch umsetzen wird. Der Zuschlag soll Ende Februar erteilt werden. "Ende März versuchen wir dann, mit den Pilot-Kommunen an den Start zu gehen und dann Ende des zweiten Quartals die Karte verfügbar zu haben, überall in Bayern", sagte Kirchner. Insgesamt soll es vier Pilot-Kommunen in Bayern geben: die Stadt Straubing sowie die Landkreise Günzburg, Fürstenfeldbruck und Traunstein.

Probleme bei unterschiedlichen Systemen in Deutschland sieht Kirchner nicht: "Es ist völlig belanglos, ob die Bezahlkarte in Bayern so abgebildet wird und am Ende des Tages in Mecklenburg-Vorpommern eine andere Karte zum Einsatz kommt." Wichtig seien "einheitliche Features". Der Freistaat habe die gemeinsamen Mindestanforderungen des Bundes bei seiner Karte berücksichtigt. "Es wird in Bayern kein reduziertes Leistungsspektrum geben", so Kirchner. Ziel sei es außerdem, die Karte erweiterbar zu gestalten. "Wenn sich Veränderungen abbilden sollten, dann wird es natürlich auch möglich sein, entsprechend die Karte anpassen zu können", sagte Kirchner. Niemand müsse Sorgen haben, dass er in Bayern einen Nachteil erfährt.

Grüne fürchten höhere Kosten und Abstimmungsschwierigkeiten

Bei den Grünen stößt der bayerische Sonderweg auf Kritik. "Wenn ihr auf der MPK (Ministerpräsidentenkonferenz, Anm. d. Red.) was beschlossen habt, dann haltet euch doch da dran", sagte Gülseren Demirel, integrationspolitische Sprecherin der Landtagsfraktion gegenüber BR24. Sie fürchte höhere Kosten, eine schwierige Abstimmung zwischen den Bundesländern und frage sich: "Wie viel Geld werden wir nochmal verpulvern, um das System immer wieder nachzujustieren, um die Kompatibilität wiederherzustellen?", so Demirel. Diese Kritik habe die bayerische Staatsregierung jedoch wenig interessiert: "Sie wollen einfach zeigen, dass sie es besser können als die Bundesregierung."

Obwohl die Regierungen aller Bundesländer - auch die mit Grünen-Beteiligung - sich auf die Bezahlkarte geeinigt haben, sieht die bayerische Grünen-Fraktion den Ansatz grundsätzlich kritisch. Auch im Bund gebe es Skepsis. "Aus der Bundestagsfraktion weiß ich, dass sie von vornherein von dieser Idee nicht begeistert waren, weil sie eben auch den Nutzen anzweifeln", so Demirel. Sie sei nicht überzeugt, dass Menschen für Sozialleistungen ihr Leben auf dem Mittelmeer in Gefahr bringen würden. "Von daher sind das wieder Antworten, die das Problem nicht lösen, sondern Scheinantworten, weil man einer bestimmten Stimmung entgegenkommen will", so Demirel.

Symbolbild: Bezahlkarte für Geflüchtete geplant
Bildrechte: picture alliance/dpa | Bodo Schackow
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Symbolbild: Bezahlkarte für Geflüchtete geplant

Mit Informationen von dpa und AFP.

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