Container mit Wirtschaftsgütern stehen aufgestapelt im Hafen in Stuttgart. Die deutsche Wirtschaft steckt im Tief.
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Container mit Wirtschaftsgütern stehen aufgestapelt im Hafen in Stuttgart. Die deutsche Wirtschaft steckt im Tief.

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OECD halbiert Wachstumsprognose für Deutschland

Die deutsche Wirtschaft soll laut OECD 2024 weit weniger stark wachsen als die anderer Industrieländer. Einen Grund sieht die Industriestaatenorganisation weiterhin in der Energiekrise. Aber einige Probleme seien auch hausgemacht.

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Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung OECD hat in Paris ihren Zwischenbericht zur weltweiten Wirtschaftsprognose vorgestellt. Demnach wird Deutschland auch in diesem Jahr beim Wachstum international hinterherhinken. Das liege einerseits an der Zusammensetzung der deutschen Industrie, die noch immer unter der Energiekrise leide. Aber auch die Haushaltskrise habe die Unsicherheit in Deutschland erhöht, so die Experten der Industriestaatenorganisation.

OECD senkt Prognose für Deutschland

Nachdem das deutsche Bruttoinlandsprodukt 2023 leicht geschrumpft ist, erwartet die OECD nun nur mehr einen Zuwachs von 0,3 Prozent; im November war die Industriestaatenorganisation noch davon ausgegangen, dass die deutsche Wirtschaft im Jahr 2024 um 0,6 Prozent wachsen wird.

Auch für den Euroraum senkte die Organisation die Wachstumserwartung für 2024 leicht auf 0,6 Prozent herab. Der Weltwirtschaft prognostizierte sie in diesem Jahr einen Zuwachs von 2,9 Prozent, etwas mehr als noch im Herbst angenommen, aber immer noch eine Abschwächung gegenüber 2023 mit damals 3,1 Prozent.

Nur Argentinien merklich schwächer als Deutschland

Die etwas optimistischere Einschätzung für die Weltwirtschaft geht laut OECD vor allem auf eine starke wirtschaftliche Entwicklung der USA (2,6 Prozent) zurück, während Deutschland und Frankreich (0,6 Prozent) die Wachstumserwartungen der Eurozone drücken. Italien (0,7 Prozent) und Spanien (1,5 Prozent) wird ein deutlich besseres Abschneiden zugetraut. Nur Argentinien soll merklich schlechter abschneiden als die Bundesrepublik (-2,3 Prozent). Für 2025 senkte die OECD ihre Prognose für Deutschland von 1,2 auf 1,1 Prozent, womit sie erneut unter dem Schnitt der Euro-Zone von 1,3 Prozent bliebe.

Schwierige globale Lage

Die Folgen angespannter Finanzbedingungen schlügen sich auf den Immobilien- und Kreditmärkten nieder, hieß es von der OECD. Der globale Handel bleibe gedämpft. Die Angriffe auf Schiffe im Roten Meer haben Frachtkosten stark steigen lassen und Versandzeiten in die Länge gezogen. Dies erhöhe den Preisdruck und störe Produktionszeitpläne. Insgesamt sieht die Organisation die starken geopolitischen Spannungen als wesentliches kurzzeitiges Risiko für Konjunktion und Inflation. Dies gelte insbesondere dann, wenn der Konflikt im Nahen Osten den Energiemarkt stören sollte.

Angesichts steigender Schulden und anstehender Ausgaben sieht die OECD den Finanzdruck auf Regierungen steigen. Zudem brauche es stärkere internationale Kooperation, um den globalen Handel wieder aufleben zu lassen, schneller und besser bei der Dekarbonisierung voranzukommen und Schuldenlasten in Staaten mit geringerem Einkommen zu mildern.

Deutsche Probleme: Energie- und Haushaltskrise

Das schwach erwartete Abschneiden der deutschen Wirtschaft liege vor allem daran, "dass die energieintensive Industrie ein größeres Gewicht in der deutschen Wirtschaft hat als in anderen Ländern der Euro-Zone", erklärte OECD-Expertin Isabell Koske. "Die Abhängigkeit von russischen Energieimporten war in Deutschland größer als zum Beispiel in Frankreich." Das habe nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine zu einer stärkeren Verteuerung von Energie in Deutschland geführt. Diese beeinträchtige die Produktion in energieintensiven Industrien noch immer.

"Zudem hat die Haushaltskrise die Unsicherheit für die Unternehmen und Haushalte erhöht", nannte Koske auch ein hausgemachtes Problem. Die Bundesregierung ist nach dem Verfassungsgerichtsurteil zur Schuldenbremse auf einen Sparkurs eingeschwenkt. Die Krise habe zum Rückgang der Investitionen im vierten Quartal 2023 geführt und den privaten Konsum trotz gestiegener Reallöhne zurückgehalten. Der Arbeitsmarkt zeigt sich trotz konjunktureller Dauerflaute vergleichsweise robust. "Der Fachkräftemangel ist das größte Problem für viele deutsche Unternehmen", sagte Koske. "Trotz gegenwärtig schlechter Geschäftslage halten deshalb viele Unternehmen an ihren Arbeitskräften fest."

Das rät die OECD

Um die Konjunktur wieder in Schwung zu bekommen, muss nach den Worten von OECD-Experte Robert Grundke vor allem die Finanzierung der geplanten Projekte im Klima- und Transformationsfonds über 2024 hinaus geklärt werden, um für Unternehmen und Haushalte Planungssicherheit zu schaffen. "Um die Energiewende und die Digitalisierung zu beschleunigen, müssen die Infrastrukturplanung und die lokale Verwaltungskapazität verbessert und der Verwaltungsaufwand verringert werden", sagte Grundke. Verbindliche und einheitliche IT-Standards sollten aufgestellt, kommunen- und länderübergreifend die Harmonisierung der Verwaltungsverfahren sowie gemeinsame Software-Entwicklung gefördert werden.

Die in Paris ansässige OECD vereint Länder, die sich zu Demokratie und Marktwirtschaft bekennen. Mittlerweile sind neben großen Volkswirtschaften wie Deutschland, den USA und Japan auch Schwellenländer wie Mexiko und Chile Mitglied.

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung hat ihren Zwischenbericht zur weltweiten Wirtschaftsprognose vorgestellt. Für den Euroraum senkte die Organisation die Wachstumserwartung leicht herab.
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OECD hat ihren Zwischenbericht zur weltweiten Wirtschaftsprognose vorgestellt. Für den Euroraum senkte sie die Wachstumserwartung herab.

Mit Informationen von dpa und Reuters

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