Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck unterhält sich mit Stefan Brieschenk, Mitgründer und Chefingenieur von RFA
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Bundeswirtschaftsminister Habeck besucht auf seiner Sommertour zwei bayerische Raumfahrtunternehmen.

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Made in Bavaria: Kleine Raketen - große Hoffnungen

Aus Bayern in den Orbit: Gleich zwei bayerische Firmen arbeiten daran, mit kleinen Trägerraketen in Zukunft kleine Satelliten ins All zu bringen. Vom Konzept zeigte sich Wirtschaftsminister Habeck bei einem Besuch in Augsburg fasziniert.

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Als Markus Söder im Landtagswahlkampf 2018 mit dem Slogan "Bavaria One" für ein bayerisches Raumfahrtprogramm warb, erntete er viel Spott. Fünf Jahre später stehen im Freistaat gleich zwei Firmen vor dem Erststart ihrer Trägerraketen Made in Bavaria: die Rocket Factory Augsburg (RFA) und Isar Aerospace aus Ottobrunn. Die jeweils knapp 30 Meter langen Raketen sind deutlich kleiner als zum Beispiel eine Ariane, die vom Raumfahrtzentrum Kourou in Französisch-Guayana startet. In der Branche werden sie deshalb Microlauncher genannt. Sie sollen Starts in den Weltraum quasi industrialisieren und deutlich erschwinglicher machen als heutige Systeme.

Unternehmer erwarten riesige Nachfrage

Die Nachfrage nach - zumindest in Raumfahrt-Dimensionen - günstigen Raketenstarts werde in den kommenden Jahren riesig sein, davon sind die Anbieter überzeugt. Es geht um Tausende von kleinen Satelliten, die in den Weltraum transportiert werden sollen, zum Beispiel für Erdbeobachtungen, Landwirtschaft, Wetterdaten und Telekommunikation. Sie wiegen oft nur wenige Kilogramm, weshalb eine riesige Ariane-Rakete viel zu groß und zu teuer für sie wäre. "Die Rakete ist komplementär zu den großen Raketen", glaubt Stefan Brieschenk von RFA und vergleicht die beiden Möglichkeiten mit der Wahl zwischen Taxifahren und Busfahren.

Zukunft der europäischen Ariane-Rakete ungewiss

Auch der Staat habe Interesse an Satelliten, die verschiedene Daten aufzeichnen können, sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) bei einem Besuch bei RFA - zumal derzeit offen ist, wie schnell es mit dem europäischen Ariane-Programm weitergeht. Das letzte Exemplar der Ariane 5 startete kürzlich ins All, ihre Nachfolgerin Ariane 6 liegt jahrelang hinter dem Zeitplan zurück.

Die kleineren Raketen können deutlich schneller starten, erklärt Professor Ulrich Walter von der TU München: "Wenn der Kunde kommt, dann kann man sagen: Wir fliegen Euch in sechs Monaten. Das kann Ariane nicht. Da muss man zwei Jahre warten, bis der Start stattfindet."

Erste Microlauncher-Starts für 2024 angekündigt

Noch etwas ist bei den Microlaunchern anders als beim internationalen Großprojekt Ariane: Die Raketen aus Augsburg und Ottobrunn entstehen nahezu komplett in Bayern. Viele der Bauteile stammen ebenfalls von Zulieferern aus dem Freistaat. Dafür greift RFA auf bereits bestehende und bewährte Fertigungsteile besonders aus der Automobilindustrie zurück, die für die Raumfahrt angepasst werden, aber auch auf selbst hergestellte Teile aus dem 3D-Drucker und einen besonders energieeffizienten Antrieb.

Von diesem Konzept zeigte sich Habeck "fasziniert". Er lobte den Ansatz, den Weltraum mit solchen kleinen Raketen zugänglicher zu machen. Habeck erklärte zudem, dass Microlauncher und junge Unternehmen wie RFA für die europäische Raumfahrt "extrem wichtig" seien. Ob die großen Hoffnungen der bayerischen Raketenbauer aufgehen, könnte sich schon in naher Zukunft entscheiden: Beide Hersteller planen im Laufe des nächsten Jahres die Erststarts ihrer Microlauncher.

Habeck: "Enthusiasmus für Standort Deutschland"

Wenn derzeit oft von einer drohenden De-Industrialisierung Deutschlands die Rede ist, dann kommen diese Klagen zumeist aus der sogenannten Old Economy. Bei seiner Tour zu den Raumfahrt-Startups in Bayern erlebte Habeck dagegen ein völlig anderes Stimmungsbild. So auch beim Gang durch die Produktion von Isar Aerospace in Ottobrunn. "Der Enthusiasmus für den Standort Deutschland, der war besonders. Und die Selbstverständlichkeit, mit der hier über Industrialisierung geredet wird. Und man sieht es dann vor Ort. Man sieht die 3D-Drucker arbeiten oder die Fräsen, vom Roboter geführt. Das macht es dann anschaulich. Und begeisternd."

Söders "Bavaria One"-Programm

Im Oktober 2018 hatte die bayerische Staatsregierung die Raumfahrtstrategie "Bavaria One" beschlossen. 700 Millionen Euro hatte die Landesregierung damals bereitgestellt, um Bayern, wie Ministerpräsident Söder damals sagte, zu Europas Nummer 1 in der Luft- und Raumfahrt zu machen. Über das Programm sollte die Gründung eines neuen Instituts und viele andere Space-Valley-Projekte finanziert werden. Als Herzstück der bayerischen Weltraum-Offensive wurde das "Department Aerospace and Geodesy (ASG)" der TUM in Ottobrunn gebaut.

Im Video: Habeck besucht Aerospace

 Aerospace
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Aerospace

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