Aldi Süd testet Lebensmittel-Lieferdienst
Bildrechte: dpa-Bildfunk/ALDI SÜD

Viele Supermarktketten bieten die Lieferung ihrer Produkte an. Sie treten damit in Konkurrenz zu sogenannten Schnelllieferdiensten.

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Lebensmittel-Lieferservices: Wer liefert was und wohin?

Auch die Pandemie hat dazu beigetragen, dass viele Kunden Lebensmittel online bestellen und liefern lassen. Supermärkte, schnelle Kurierdienste sowie manch ein Discounter haben eigene Lieferdienste etabliert. Doch nutzen kann die nicht jeder.

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An der Haustür von Stephanie Schmidt klingelt es. Schnell schickt sie ihren Hund auf seinen Platz – "Bleib!" – und öffnet die Tür. Dort steht ein Mann mit roter Jacke und weißer Aufschrift: "Rewe.de – Dein Markt". Er bringt den Wocheneinkauf für die Münchnerin: Zusammen mit ihrem Mann bestellt sie regelmäßig Lebensmittel online, wenn sie entweder keine Zeit haben, einkaufen zu gehen, sie ihren Hund nicht so lange allein lassen können oder wenn sie beispielsweise krank sind.

Stephanie Schmidt hat Glück, denn sie lebt im Münchner Stadtgebiet. Das heißt, sie kann aus einer Vielzahl an Lieferdiensten auswählen, wie Knuspr, Gorillas, Flink, Flaschenpost oder Amazon. Meistens bestellt sie beim Rewe Lieferservice, "weil wir Payback-Punkte sammeln." Sie hat aber auch schon Flink und Knuspr ausprobiert, erzählt sie.

Viel Bewegung auf dem Markt der Lieferdienste

Der Markt der Lieferdienste ist vielfältig, regional unterschiedlich und er verändert sich schnell. Aktuell liefern beispielsweise Schnelllieferdienste, auch Quick Commerce genannt, wie Flink, Gorilla und Co. online bestellte Lebensmittel. Ihr Werbeversprechen ist, dass dies innerhalb kürzester Zeit passiert, in zehn Minuten oder einer halben Stunde. Zusätzlich sind sowohl Supermärkte als auch Discounter auf dem Markt vertreten.

Den Rewe Lieferdienst zum Beispiel gibt es bereits seit 2012. Einmal die Woche liefern Rewe-Mitarbeiter frische und haltbare Lebensmittel seit Neuestem gratis. Ansonsten kostet die Lieferung maximal 5,90 Euro. Die Supermarktkette ist bundesweit in rund 90 Städten ab 50.000 Einwohnern mit ihrem Service aktiv. In Bayern sind das Nürnberg, Fürth, Erlangen, Oberasbach, Schwabach, Feucht, Lauf an der Pegnitz und München.

Auch der zweite deutsche Supermarkt-Riese Edeka versendet online bestellte Lebensmittel. Allerdings bietet er in seinem Online-Shop Edeka24 nur Haltbares an und keine frische Ware, wie Obst, Gemüse oder Fleisch. Versendet werden die Lebensmittel mit der DHL. Einen eignen, bundesweiten Lieferservice bietet der genossenschaftliche Verbund nicht.

Edeka ist darüber hinaus am Lieferdienst Picnic beteiligt. Der Online-Supermarkt ist momentan vor allem in Nordrhein-Westfalen aktiv und möchte weiter in den Südwesten expandieren. Kunden können in der Picnic-App frische und haltbare Lebensmittel bestellen, die anschließend zu ihnen nach Hause geliefert werden.

Stiftung Warentest: Rewe und Bringmeister Testsieger

Darüber hinaus hat Edeka als Händler mit dem Lieferdienst Bringmeister.de zusammengearbeitet. Bis im August das Bundeskartellamt die Freigabe dazu gab, dass Knuspr den Dienst Bringmeister übernimmt. In Bayern liefert Bringmeister Lebensmittel zum Beispiel nach München, Augsburg und Ingolstadt, so heißt es zumindest aktuell noch auf der Website. Insgesamt hat Bringmeister laut Stiftung Warentest gut abgeschnitten.

Die Stiftung hat sechs Liefer- und Kurierdienste getestet: Bringmeister, Rewe, Flaschenpost, Flink, Gorillas und Getir. Untersucht wurden sie unter anderem nach den Kriterien Mindestbestellwert, Preise, Liefergebühren, Auswahl und Bezahlung. Am besten abgeschnitten haben Rewe und Bringmeister. Rewe habe als einziger Waren ohne Schäden geliefert, erklärt Anke Kapels von der Stiftung Warentest.

Die Schnelllieferdienste haben aus Sicht der Stiftung Warentest den Vorteil, dass sie oft keine hohen Mindestbestellwerte fordern. Außerdem seien sie durch die Lieferungen mit E-Rollern und E-Fahrrädern etwas umweltfreundlicher, urteilt Kapels.

Stiftung Warentest: Schnelllieferdienste haben Probleme mit Kühlware

Allerdings haben sie auch Mängel aufgewiesen. Hühnchen, Kalbsteak und Butter hätten gekühlt geliefert werden müssen, die Lebensmittel waren aber zu warm als sie bei den Testern ankamen. Der Test der Stiftung ist jedoch nur eine Momentaufnahme, erklärt Anke Kapels, weil sich der Markt der Lebensmittelhändler so schnell verändert. In der Corona-Zeit habe es einen Boom mit vielen neuen Lieferservices gegeben, der sei aus ihrer Sicht inzwischen etwas abgeflacht.

Einzelhandelsverband Bayern: Lieferdienste sind Nische

Auch Bernd Ohlmann vom bayerischen Einzelhandelsverband sieht das Bestellen von Lebensmitteln im Online-Shop eher als Nische. Menschen würden weiterhin lieber im Supermarkt einkaufen. Es sei ein Unterschied, "ob man online ein Buch oder einen Fisch kauft, wo man vielleicht noch eine Extragebühr bezahlt für den Lieferdienst."

Die Zahlen geben ihm Recht. Laut Statistischem Bundesamt wurde im Jahr 2022 online ein Umsatz von rund vier Milliarden Euro mit Lebensmitteln erzielt. Seit Jahren wird das mehr, trotzdem kaufen Verbraucherinnen und Verbraucher weiterhin vor allem in Supermärkten und Discountern ihre Nahrungsmittel ein, teilen die Statistiker mit. Lediglich etwa 2,7 Prozent ihres gesamten Umsatzes machten Unternehmen 2022 mit dem Online-Handel von Lebensmitteln.

Studie: Kurierdienste auf dem Vormarsch

Die sogenannten Quick Commerce Anbieter, wie Gorillas, Getir und Flink zum Beispiel, machen den Supermärkten und Discountern durchaus Umsatz streitig. Zu diesem Urteil kommt eine Studie der Managementberatung Oliver Wyman. Fast jeder zweite Befragte gab an, zwei bis vier Mal im Monat bei einem der schnellen Lieferservices zu bestellen.

Ein möglicher Nachteil seien allerdings die Mehr-Kosten für die schnelle Lieferung. Sie seien oft versteckt, heißt es in der Studie. 60 Prozent der Befragten denken, dass die schnellen Lieferdienste vergleichbar teuer sind, wie der Supermarkt um die Ecke. Dabei zeigt eine Analyse typischer Warenkörbe das Gegenteil: Der Lieferdienst Flink war zum Beispiel zwischen fünf und 16 Prozent teurer als der Supermarkt. Dazu kommen die Liefergebühren, für die oft gilt: je kleiner der Einkauf, desto höher die Lieferkosten.

Tipps der Verbraucherzentrale

Tatsächlich kann die Bezahlung beim Online-Bestellen von Lebensmitteln schwer zu durchschauen sein, erklärt Daniela Krehl. Sie ist Fachberaterin für Lebensmittel und Ernährung bei der Verbraucherzentrale Bayern. Natürlich sei es am besten, wenn man erst bezahlt, nachdem man die Ware bekommen hat, "weil dann das Reklamieren einfacher ist". In den meisten Shops sei das aber nicht möglich, sondern sie bieten nur bestimmte Optionen, wie das Bezahlen mit Paypal, per Kreditkarte, Lastschrift oder Sofortüberweisung. Wann immer es möglich ist, sollte man auf Rechnung bezahlen, empfiehlt die Verbraucherschützerin.

Außerdem ist es laut Daniela Krehl wichtig zu wissen, dass für das Liefern von Lebensmittel dasselbe Widerrufsrecht gilt, wie für andere Online-Bestellungen. Ist die Ware nicht einwandfrei, kann sie reklamiert und innerhalb der 14-tägigen Rückgabefrist zurückgeschickt werden.

Darüber hinaus muss sich ein Lieferant an die vereinbarte Frist halten. Tut er es nicht, kann die Bestellung widerrufen werden. Sollte die Ware etwa zermatscht oder verschimmelt geliefert werden, können Kundinnen und Kunden das natürlich reklamieren, sagt Krehl.

Lieferdienste oft nur in Ballungsräumen und Städten

Wer auf dem Land lebt, braucht sich mit diesen Fragen meist nicht zu befassen. Denn viele Kurierdienste liefern nur in Ballungsräume oder Städte. Flink zum Beispiel ist in Aschaffenburg, Erlangen, Fürth, Passau, Nürnberg, München und Regensburg unterwegs, heißt es auf der Website. Bestellt wird per App. Die Liefergebühr berechnet sich für jeden Einkauf neu, je nachdem, wie weit der Flink-Store vom Lieferort entfernt ist und wie viel bestellt wird. Erst beim Check-out aus der App wissen Verbraucherinnen und Verbraucher, wie hoch die Gebühr ausfällt.

Außerdem gibt es einen Mindestbestellwert, der sich auch nach der Entfernung des Stores berechnet. Gegenüber manch einem Konkurrenten hat Flink womöglich einen strategischen Vorteil: Der Supermarkt-Riese Rewe investiert in den Lieferdienst und garantiert als Großhändler die Lieferfähigkeit der Produkte.

Einzelhandelsverband Bayern: Lieferdienste meist nicht rentabel

Die große Schwierigkeit für alle Unternehmen sei, mit Lebensmittel-Lieferdiensten Geld zu verdienen, erklärt Bernd Ohlmann vom bayerischen Einzelhandelsverband. Viele Unternehmen hätten bereits "Geld verbrannt" und seien insolvent gegangen: "Die Wenigsten waren profitabel."

Eine der jüngsten Übernahmen fand Ende 2022 statt. Im Dezember kaufte der türkische Express-Essenslieferant Getir den europaweiten Anbieter Gorillas. Daraufhin wurden 17 Standorte der Gorillas in Deutschland geschlossen. Das Unternehmen spricht von einer Neuorientierung. In Bayern blieb nur noch ein Standort übrig, und zwar in München. Trotzdem scheint das Thema Lieferdienst viele Unternehmen umzutreiben.

Discounter drängen auf den Markt

Auch der Discounter Lidl bietet einen Online-Shop. Seit August testet außerdem der Discounter Aldi in Mühlheim an der Ruhr, Duisburg und Oberhausen, wie das mit dem Liefern funktioniert. Ob aus dem Test- ein Regelbetrieb wird, ist unklar. Auf andere Städte erweitern möchte Aldi das Lieferangebot aktuell nicht, erklärt das Unternehmen auf BR-Anfrage.

Lieferdienste: Kein offizielles Verzeichnis

Ob ein Lieferdienst in den eigenen Ort liefert, können Verbraucherinnen und Verbraucher am besten online herausfinden. Ein offizielles Verzeichnis gibt es nicht. Nachdem sich der Markt der Lieferdienste schnell verändert, wäre das womöglich auch bald veraltet.

Verbraucherzentrale: Auf Sicherheits-Siegel achten

Wer online einen Lieferdienst entdeckt, sollte nicht direkt drauflos bestellen, sondern erst einmal prüfen, ob der Dienst seriös ist, rät Daniela Krehl von der Verbraucherzentrale Bayern. Erkennen könne man das an vier Siegeln: am sogenannten "Trusted Shop Logo", dem AHI oder TÜV Süd und Safer-Shopping. Damit sei man vor allem finanziell abgesichert und falle nicht auf einen Fake Shop herein. Außerdem sei mit den Siegeln sichergestellt, dass die Lebensmittelüberwachung den Online-Shop kontrolliert.

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