Menschen mit Einkaufstaschen gehen an Geschäften vorbei.
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Die Wirtschaft in Deutschland schwächelt weiter - die Konjunkturstütze Konsum gibt spürbar nach.

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Konjunktur: Deutlicher Rückgang der Inflation in Bayern

Die deutsche Wirtschaft ist im Sommer auf Talfahrt gegangen, das Bruttoinlandsprodukt schrumpfte um 0,1 Prozent im Vergleich zum Frühjahr. Doch es gibt auch gute Nachrichten: Die Inflation in Bayern ging deutlich zurück.

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Die Statistiker melden einen deutlichen Rückgang der Inflation: in Bayern auf 3,7 Prozent und auch im übrigen Bundesgebiet auf 3,8 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat Oktober 2022. Das waren gute Nachrichten, vor allem für die Verbraucherinnen und Verbraucher.

Niedrigere Energiepreise für die Verbraucher

Das Statistische Landesamt in Fürth berichtet von positiven Nachrichten für Verbraucherinnen und Verbraucher zu Beginn der Heizperiode im Oktober. So kostete Heizöl zu diesem Zeitpunkt 26 Prozent weniger als ein Jahr zuvor, und Erdgas war 17,9 Prozent billiger. Dennoch waren für Nahrungsmittel im Freistaat 6,8 Prozent mehr zu bezahlen, aber nur aufs Jahr gesehen. Zum September gaben die Preise für Lebensmittel kurzfristig um 0,5 Prozent nach. Unterm Strich ergaben sich im direkten Monatsvergleich mit dem Vormonat seit langer Zeit erstmals stabile Verbraucherpreise von +0,0 Prozent in Bayern.

Inflation auf einem Zwei-Jahres-Tief

Für ganz Deutschland gab das Statistische Bundesamt die Inflationsrate in einer ersten Schätzung mit 3,8 Prozent an, also geringfügig höher als in Bayern. Die sogenannte Kerninflation, bei der die stark schwankenden Preise für Energie und Nahrungsmittel herausgerechnet werden, betrug mit 4,3 Prozent ebenfalls deutlich weniger als in den Vormonaten. Vereinfacht gesagt war die Inflationsrate seit gut zwei Jahren nicht mehr so niedrig wie im Oktober.

Wachstum war besser als zunächst angegeben

Für das Bruttoinlandsprodukt im dritten Quartal gab das Statistische Bundesamt ebenfalls seine erste Schätzung ab. Dabei wurde zugleich das Wachstum vom ersten und zweiten Quartal nach oben revidiert. Die Wirtschaftsleistung war zuvor also etwas höher als in der ersten Betrachtung. Statt zu stagnieren mit null Prozent war die Wirtschaftsleistung im zweiten Quartal (Frühjahr) um plus 0,1 Prozent gestiegen. Und auch das erste Winter-Quartal fiel im Nachhinein besser aus: mit einer Stagnation statt mit einem leichten Minus. Der Unterschied mag in Zahlen ausgedrückt nicht groß sein, es waren insgesamt ja nur wenige Zehntelprozent. Bei der Bedeutung und Benennung muss man aber genau differenzieren. So macht es zumindest psychologisch einen anderen Eindruck, ob man sich nun in einer Rezession befindet, oder ob die Wirtschaft stagniert.

Deutschland bisher nicht in der Rezession

Von einer sogenannten technischen Rezession war im Winter die Rede, weil die Wirtschaftsleistung nach damaligen Berechnungen im 4. Quartal 2022 (Herbst) und auch im 1. Quartal 2023 (Winter) rückläufig war gegenüber dem Vorquartal. Das war aber nun nicht der Fall nach den neuesten Daten aus Wiesbaden. Es gab nur ein einziges negatives Quartal in diesem Jahr, und das war eben nicht das Erste, sondern das Dritte.

Zusammengefasst steht ein leichtes Minus zum Jahresende 2022, eine Null zum Jahresbeginn 2023, ein winziges Plus im Frühjahr, und dann wieder ein winziges Minus im Sommer. Damit wäre unsere Wirtschaft bisher ganz knapp an der Rezession, auch an einer technischen, vorbeigeschrammt.

Prognose: Minus 0,4 Prozent Wachstum im Gesamtjahr 2023

Das ändert nichts daran, dass es auch im 4. Quartal erneut leicht abwärtsgehen könnte. Spätestens dann wäre ganz zu Recht von einer Rezession – zumindest einer technischen - die Rede. So rechnet auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck zum Jahresende mit keinem Happy End. Aus seinem Ministerium hieß es zu den jüngsten Zahlen aus Wiesbaden: Das Schrumpfen der Wirtschaftsleistung im dritten Quartal ändere nichts an der Konjunkturprognose der Bundesregierung vom Herbst.

Der leichte Rückgang des Bruttoinlandsprodukts im dritten Quartal sei erwartet und bereits berücksichtigt worden. In seiner am 11. Oktober vorgelegten Herbstprojektion ging Habeck für 2023 von einem Rückgang der Wirtschaftsleistung im Gesamtjahr um 0,4 Prozent aus. Für 2024 rechnet die Bundesregierung dann mit einem Wachstum von insgesamt 1,3 Prozent.

Unternehmen und Ökonomen weiter pessimistisch für 2024

Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) bleibt zurückhaltend für die kommenden Monate. Von ihr befragte Firmen erwarteten eher eine weitere Verschlechterung ihrer Geschäftslage, und wörtlich: "Der Frust in den Unternehmen ist groß." So sei der Strompreis im Schnitt fast dreimal so hoch wie 2020. Habeck hatte zumindest den größeren Unternehmen einen verbilligten Industriestrompreis versprochen, mit dem er sich in der Bundesregierung aber bisher nicht durchsetzen konnte.

Auch Jörg Zeuner, Chefvolkswirt der Fondsgesellschaft Union Investment, sieht das deutsche Bruttoinlandsprodukt vorerst weiter auf Schrumpfkurs. Die Wirtschaft komme nicht in die Gänge, die Gründe seien vielschichtig, so Zeuner. In der Industrie sieht er zwar Anzeichen einer Stabilisierung auf niedrigem Niveau, was erfreulich sei. Auf der anderen Seite beginnt der sonst so robuste Arbeitsmarkt etwas zu schwächeln.

Darauf hat auch das Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) hingewiesen, das zur Nürnberger Bundesagentur für Arbeit gehört. Demnach steigt die Nachfrage nach Arbeitskräften in den nächsten Monaten nicht mehr so stark an, wie wir das in den vergangenen Jahren gewohnt waren.

Mäßiger Arbeitsmarkt und begrenzte Ersparnisse belasten Konsum

Für Ökonom Zeuner ist daher mit einer schwächeren Nachfrage nach Dienstleistungen zu rechnen, die bisher von einer Verschiebung des Konsums nach der Corona-Pandemie profitiert hätten. Das, was die Kunden während Corona nicht ausgeben konnten oder wollten, holten sie anschließend nach. Wegen der stark gestiegenen Inflation wurde die Kauflust aber ausgebremst.

Und jetzt kommt noch dazu, dass die Arbeitsplätze nicht mehr ganz so sicher sind. Der Arbeitsmarkt, der lange eine Konsumstütze war, zeigt Zeuner zufolge Ermüdungserscheinungen. Das bedeute, dass der Aufschwung verhalten bleibt, dass die Erholung sich verzögert und das Wachstum auf sich warten lässt. Aber immerhin, so Zeuner, das Schlimmste sollte jetzt hinter uns liegen.

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