Bayerische Unternehmen spüren die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs deutlich
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Bayerische Unternehmen spüren die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs deutlich

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Ein Jahr Ukraine-Krieg: Wie geht es den bayerischen Unternehmen?

Energiekrise, unsichere Produktionsbedingungen, Folgen der Sanktionen gegen Russland – der Krieg in der Ukraine wirkt sich auf unsere Wirtschaft aus. Auch bayerische Unternehmen spüren die Auswirkungen deutlich und bangen um ihre Zukunft.

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Konkrete Folgen des Kriegs in der Ukraine zeigen sich auch in Bayern. Doch nicht nur hohe Energie- und Rohstoffpreise machen den Firmen in Bayern zu schaffen, wie das Beispiel der Firma Ortovox aus Taufkirchen bei München zeigt.

Die Firma stellt Bekleidung und Ausrüstung für den Bergsport her. Den 24. Februar 2022 wird Stefanie Rieder-Haas, Mitglied der Geschäftsleitung des Unternehmens, so schnell nicht vergessen, denn das Unternehmen pflegt enge Geschäftsbeziehungen mit der Ukraine. "Drei unserer Lieferanten kommen aus der Ukraine. Wir produzieren da in einigen Fabriken" sagt Rieder-Haas. "Das erst mal zu fassen, dass da ein Krieg ausbricht, der so nahe an unserem Lebensmittelpunkt ist – das war für viele emotional sehr fordernd und gleichzeitig hat es uns natürlich auch vor viele wirtschaftliche Fragen gestellt."

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Unsicherheit bei Produktionsstandorten

Die Näherinnen in Bayern führen nur Reparaturarbeiten durch. Ihre Kolleginnen in der Ukraine sind für den Zuschnitt und das Zusammennähen der neuen Kollektionen zuständig. Ein wichtiger Produktionsschritt, der trotz aller Widrigkeiten weiterlaufen soll. Leicht gefallen ist diese Entscheidung nicht. "Wenn Du einfach genau weißt, wir sorgen jetzt durch unser Tun dafür, dass diese Leute ja auch ein gewisses Risiko eingehen, indem sie sich in Fabriken begeben", beschreibt Rieder-Haas die Situation. "Und dann haben wir aber schon auch gelernt, dass diese Arbeit, die wir dort bieten, Sicherheit und Struktur bietet."

Keines der ukrainischen Werke, in denen Ortovox produzieren lässt, liegt direkt in einem Kriegsgebiet. Trotzdem sind schon ganz in der Nähe einer Fabrik Raketen eingeschlagen. Die Bilanz nach einem Jahr ist durchwachsen. "Für unsere Produktionsstätten per se ist es gut ausgegangen, weil die aktuell wieder am Arbeiten sind. Es kommt wieder mehr Sicherheit zurück und da ist es gut", sagt Rieder-Haas. Auf dem Markt seien aber ökonomische Herausforderungen zu spüren. Die Nachfrage sinke, weil es eine gesamtgesellschaftliche Verunsicherung gebe. Zudem die Inflation.

Glasproduzent: Energiepreis-Entwicklung ungewiss

Auch der Glasproduzent Heinz Glas im oberfränkischen Kleintettau (Landkreis Kronach) hat eine außergewöhnlich schwierige Zeit hinter sich. Die Ware, die dort hergestellt wird, kennt die ganze Welt: Parfum-Flakons und Glasflaschen für große Kosmetiklinien. Der Betrieb ist extrem energieintensiv und schon Monate vor dem Ukraine-Krieg waren die Gaspreise massiv angestiegen.

Murat Agac, Assistent der Geschäftsleitung, hatte schon im Februar 2022 seine Sorge geäußert, dass Heinz Glas international bald nicht mehr konkurrenzfähig sein würde. Planungssicherheit und tragbare Energiekosten waren die Hauptaspekte, die er damals als wichtige Faktoren herausstellte. Und nun, ein Jahr später? Die ganz große Katstrophe ist ausgeblieben – auch, weil die Energiepreise inzwischen wieder gesunken sind. Doch eine Entwarnung ist das nicht. Das Unternehmen hat nach wie vor mit vielen Unsicherheitsfaktoren zu kämpfen.

"Es bleibt spannend. Es bleibt herausfordernd", sagt Murat Agac heute. "Wir können jetzt nicht sagen, nur weil wir dieses erste Jahr halbwegs gut überstanden haben, dass es jetzt immer besser wird oder so bleibt. Dafür gibt es leider keine Garantie. Dafür gibt es zu viele Unwägbarkeiten." Dazu zähle die Energiekrise sowie die Unsicherheit, wie sich die Preise entwickeln – und die Unsicherheit, wie es mit dem Krieg in der Ukraine weitergeht. 50 Millionen Euro will der Betrieb nun in zwei neue Glasschmelzwannen investieren, um von Gas auf Strom umzusteigen. Ohne massive staatliche Förderung wäre das nicht möglich.

Export-Probleme nach Russland

Das Familienunternehmen Bruder Spielwaren in Fürth macht 70 Prozent seines Umsatzes mit dem Export. Auch in Russland sind die Spielzeug-Autos aus Bayern beliebt. Zwischen drei und vier Millionen Euro im Jahr haben die russischen Verbraucher bisher dafür ausgegeben.

Spielwaren stehen zwar nicht auf der EU-Sanktionsliste, der Verkauf in Russland funktioniert aber trotzdem nicht mehr. "Das Geschäft ruht momentan mit Russland, weil eigentlich die ganzen Ausfuhren nicht mehr möglich waren", erklärt der geschäftsführende Gesellschafter Paul Heinz Bruder. "Die Transporte waren nicht mehr möglich – aber natürlich wurde auch der Geldfluss durch die Sanktionen unterbunden, so dass unser Kunde aus Russland eben auch seine Rechnungen nicht mehr begleichen konnte." Der Spielzeughersteller konnte den Umsatzverlust ausgleichen – das haben aber bei weitem nicht alle Firmen geschafft. Die EU-Sanktionen gegen Russland treffen die Wirtschaft hart.

IHK-Geschäftsführer: Wer sanktioniert, trägt den Schaden

"Bei Sanktionspolitik ist es eigentlich immer so, dass derjenige den Schaden tragen muss, der auch sanktioniert", sagt Manfred Gößl, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) für München und Oberbayern. "Und das kommt daher, dass es immer Ausweichreaktionen gibt – insbesondere auch, was Russland betrifft."

Mit China und Indien etwa stünden andere, bevölkerungsreichere Länder zur Verfügung anstelle des viel kleineren Europas. "In dem Fall verlieren wir aus Solidarität mit der Ukraine. Aber man kann sagen, wirklich das Gros der bayerischen Firmen und der deutschen Firmen trägt die Sanktionspolitik eins zu eins mit."

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