Landwirt Johannes Hofer
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Höfesterben: Wenn nur noch ein Bauer im Dorf ist

Jedes Jahr sinkt die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe in Bayern. Immer häufiger bleibt dann kein oder nur noch ein Hof im Ort. Das hat Folgen für die Dorfgemeinschaft – und diejenigen, die "letzter Bauer im Dorf" sind.

Über dieses Thema berichtet: Unser Land am .

Als der Großvater von Johannes Hofer den Milchviehbetrieb in Winklham bei Altötting geführt hat, gab es dort noch zwölf Milchviehbetriebe. Heute ist der 36-jährige Johannes Hofer der letzte Milchbauer in dem 250-Einwohner-Dorf.

Der Letzte im Ort - so geht es mittlerweile vielen Landwirten in Bayern. Genaue Zahlen, wie viele Dörfer nur noch einen landwirtschaftlichen Betrieb haben, gibt es nicht. Aber der Blick auf die Zahlen zum Rückgang der Höfe in Bayern spricht eine deutliche Sprache: Im Jahr 2010 gab es laut bayerischem Agrarbericht noch rund 117.000 Betriebe. Elf Jahre später, im Jahr 2021, waren es 14.000 Betriebe weniger.

  • Zum Artikel: "Außerfamiliäre Hofnachfolge: Hilfe gegen das Höfesterben?"

Im Video: "Der letzte Bauer im Dorf: Welche Folgen das Höfesterben für das Dorfleben hat"

Weniger Landwirte: Nachwuchsprobleme bei Ehrenämtern

Nur noch ein Bauer im Dorf - das kann weitreichende Folgen für die Dorfgesellschaft haben. Johannes Hofer ist zum Beispiel seit vielen Jahren Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr. Für ihn als Landwirt selbstverständlich, sagt er. Denn schließlich kann es auch leicht mal passieren, dass er auf seinem Hof Hilfe braucht. "Also gebe ich auch meine Hilfe weiter." Viele andere Dorfbewohner machten das nur noch, indem sie die Feuerwehr finanziell unterstützen - aber nicht mehr aktiv.

Dazu kommt, dass untertags die vorhandenen Einsatzkräfte oft nicht mehr so einfach ausrücken können, weil sie als Festangestellte ihren Arbeitsort nicht verlassen können. "Früher war es so, wenn unterm Tag eine Alarmierung war, dann sind ein paar Bauern beieinander gewesen und gut war's", erzählt Johannes.

Auch Engagement der Bäuerinnen fehlt

Häufig sind auch die Bäuerinnen in einem Dorf sehr aktive Frauen, erzählt Christiane Ade, stellvertretende Landesbäuerin des Bayerischen Bauernverbands. "Sie engagieren sich in der Kirche, im Gemeinderat oder in der Nachbarschaftshilfe." Gibt es weniger Höfe, fehle in vielen Dörfern mit der Zeit dieses Engagement.

Dazu kommt, dass den verbliebenen Landwirtinnen und Landwirten der Austausch mit Gleichgesinnten fehlt, sagt Johannes Hofer. "Früher war es so, wenn beim Wirt irgendwas gesagt worden ist – der Huber, der Meier oder sonst wer, jeder hat sofort irgendwas drauf sagen können. Jetzt kann es keiner mehr."

Landesbäuerin: Bauernkinder werden für Arbeit der Eltern kritisiert

Eine weitere Entwicklung, die Christiane Ade als Folge dessen beobachtet, ist, dass es in den Dörfern immer weniger aktive Landwirte gibt: Bauernkinder werden von anderen Kindern in der Schule dafür kritisiert, wie ihre Eltern arbeiten. "Wir sprechen da tatsächlich schon vom Mobbing der Bauernkinder", so Ade.

Häufig gehe es dabei um den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in der Landwirtschaft. Aus ihrer Sicht hat das vor allem seit dem Volksbegehren "Rettet die Bienen" zugenommen, das medial sehr präsent war. "Und das ist für Kinder natürlich sehr schwierig, wenn man dafür kritisiert wird, was die Eltern daheim machen. Da sind Kinder völlig überfordert."

Mehr Austausch mit Verbraucherinnen und Verbrauchern nötig

Auch die Kinder von Johannes Hofer haben das in der Grundschule schon erlebt. Die Hofers haben eine konventionelle Landwirtschaft, und das wurde in der Schule dann plötzlich zum Thema: "Da merkt man natürlich, das kommt von den Eltern. Da wird dann von anderen Kindern in die Runde geschmissen: 'Ihr spritzt wieder alles kaputt.' Wo ich sage, ja, ihr solltet mal fragen, warum, was machen wir da genau?"

Sein Weg, damit umzugehen: Er sucht den direkten Austausch. Er stellt beispielsweise Flächen für Blühstreifen zur Verfügung. Wenn er die Blühflächen pflegt, kommt er immer wieder mit Menschen ins Gespräch und kann seine Arbeit den Menschen erklären, die sonst nicht mit der Landwirtschaft in Berührung kommen.

Schulprojekte: Verständnis für Landwirtschaft fördern

Christiane Ade setzt ebenfalls auf mehr Verständnis durch Wissen. Die stellvertretende Landesbäuerin des Bayerischen Bauernverbandes (BBV) bietet zum Beispiel für Schulklassen Führungen auf ihrem Milchviehhof in Neu-Ulm an. Auch viele andere Landfrauen engagieren sich bayernweit, um den Kindern die Landwirtschaft wieder näherzubringen, zum Beispiel mit dem Projekt "Landfrauen machen Schule". "Da geht man in den Unterricht und außerdem kommen die Kinder auf den Hof und können vor Ort miterleben, wie das Lebensmittel produziert wird, was da an Arbeit drinsteckt und an Zeit und Mühe." So erreiche man letztendlich bei den Kindern wieder mehr Wertschätzung für die Lebensmittel.

Genau der richtige Weg, findet auch Johannes Hofer und lobt das Projekt "Schulgarten", das es in der Grundschule seiner Kinder gibt. "Das ist toll, dass man die Kinder wieder an das hinführt: Was heißt es eigentlich, eine gelbe Rübe zu setzen, zu pflegen und zu ernten."

In der Serie "Hofgeflüster" besucht "Unser Land"-Reporterin Stefanie Heiß Höfe in Bayern. Hier geht es in mehreren Folgen um Themen, über die sonst nur hinter vorgehaltener Hand gesprochen wird. Alle Videos der "Hofgeflüster"-Serie gibt es hier.

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