Die Erde aus dem Weltall betrachtet.
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Dass die Erde rund ist, ist seit Jahrhunderten wissenschaftlich belegt. Die Flat-Earth-Theorie hält sich dennoch hartnäckig - auch auf TikTok.

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Warum sich Flat-Earth-Theorien jetzt auch auf TikTok verbreiten

Warum sich Flat-Earth-Theorien jetzt auch auf TikTok verbreiten

Der Glaube, die Erde sei flach, ist uralt – und so etwas wie der Klassiker unter den Verschwörungstheorien. Seit Kurzem verbreiten sich sogenannte Flat-Earth-Inhalte auch auf TikTok. Warum glauben junge Leute daran?

Über dieses Thema berichtet: radioWelt am .

Er ist so etwas wie der Klassiker unter den Verschwörungstheorien: der Glaube, dass die Erde eine flache Scheibe ist. Im Weltbild der sogenannten “Flat-Earther” - wie sich die Anhänger des Verschwörungsmythos auch selbst nennen - ist diese umgeben von einer hohen Eismauer, die verhindert, dass wir Menschen an den Rändern runterfallen. Über diese Scheibe spannt sich der Himmel wie eine Kuppel; Sonne und Mond wandern unter dieser Kuppel hin und her und beleuchten jeweils einen Teil der Erde. So erklärt zumindest ein Teil der Bewegung Sonnenauf- und untergang.

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So in etwa stellen sich Flacherdler die Erde vor: eine flache Scheibe, umgeben von einer Eiswand. Darüber schweben die Sonne und der Mond.

Die Theorie klingt skurril: Denn dass die Erde rund ist, das ist seit Jahrhunderten wissenschaftlich belegt. Anders als oft behauptet, gingen Gelehrte sogar schon in der Antike davon aus, dass die Erde keine Scheibe ist.

Und doch wird diese Gewissheit seit etwa dem Jahr 2015 wieder zunehmend infrage gestellt. Über das Analysetool Google Trends lässt sich nachvollziehen, wie oft seit dem Jahr 2004 in Deutschland Begriffe wie “Erde flach” gegoogelt wurden. Einen Höhepunkt erreichten Suchanfragen mit diesen Schlagwörtern im November 2017. Seit etwa Mai 2019 bewegen sie sich auf relativ konstantem Niveau.

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Die Grafik zeigt, wie häufig Menschen in Deutschland das Thema "Flache Erde" im Verlauf der letzten Jahre auf Google gesucht haben.

Auf TikTok breitet sich Hashtags zum Thema seit 2021 aus

Ganz anders stellt sich der Trend interessanterweise auf TikTok dar - also der Plattform, auf der vor allem die "Generation Z" der 16- bis 24-Jährigen unterwegs ist. Dort verbreiten sich unter Hashtags wie #flatearth oder #NASAfake kurze Videos, in denen Aufnahmen aus dem Weltall als Fälschungen hingestellt werden.

Der etwas umständliche Gedankengang ist: Weltraumbehörden wie die NASA haben sich verschworen, um der Menschheit vorzugaukeln, die Erde sei rund. Tatsächlich seien all die Weltraum-Aufnahmen von der Erde und Videos, auf denen Astronauten sich in der Schwerelosigkeit bewegen, Fälschungen: in Studios gefilmt, am Computer manipuliert.

Im Zuge der Recherche sammelte der #Faktenfuchs insgesamt 3.070 Videos mit verschiedenen Flat-Earth-Theorie-bezogenen Hashtags von TikTok und wertete diese aus. Die Videos waren auf den Hashtag-Seiten von TikTok gelistet.

Die Grafik zeigt, dass die Anzahl der Videos mit den Hashtags #flatearth, #earthisflat, #NASAlies oder #NASAfake seit Anfang 2021 stark zunimmt. Am 21. Februar 2023 hat der #Faktenfuchs mit 15 neu veröffentlichten Videos die meisten Posts zu diesen Themen an einem einzigen Tag gefunden. Insgesamt liegt die Anzahl der Posts derzeit bei etwa 200 Videos pro Monat - die Anzahl steigt aber stetig und die Abrufzahlen einzelner Videos sind teilweise sehr hoch.

Gut ein Viertel der Videos stammt von denselben zehn Accounts. Ein einziger Account veröffentlichte allein seit Januar 2021 - also in etwas mehr als zwei Jahren - 390 Videos; manchmal sogar mehrere Videos täglich. Die Videos des Users wurden insgesamt über 55 Millionen mal abgespielt, 2,7 Millionen mal geliked und knapp 194.000 Mal geteilt.

Wie TikToker Gewissheiten ins Wanken bringen

Viele TikTok-Videos sind Zusammenschnitte von Filmaufnahmen aus dem All: Astronauten, die sich in einem Raumschiff bewegen oder aus dem Fenster filmen und ihren Zuschauern die Erde zeigen. Während das Bild läuft, weist der TikToker aus dem Off auf vermeintliche Ungereimtheiten in dem Video hin. Der #Faktenfuchs hat sich zwei Beispiele mit hohen Abrufzahlen exemplarisch angeguckt:

In einem Video, das knapp 143.000 Mal angesehen wurde (Stand: 23.03.2023), ist zu sehen, wie ein auf einer Anrichte stehendes und gefülltes Wasserglas in der chinesischen Raumstation Tiangong Space Station (TSS) einfach stehen bleibt. Anders als in der Schwerelosigkeit zu erwarten wäre, fliegen Glas und Wasser nicht durch den Raum.

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Die Reels sind Zusammenschnitte von Video-Aufnahmen aus dem All, die mit falschen Behauptungen verbreitet werden.

Ein anderes Reel, das fast drei Millionen Mal abgespielt wurde (23.03.2023) und mehr als 206.000 Likes hat, zeigt eine angebliche Fliege, die in der ISS-Raumstation an einem Glas entlang zu krabbeln scheint. Für die TikTokerin, die es verbreitet, ist das ein Beleg dafür, dass das Video gefälscht sein muss. Sie geht offensichtlich davon aus, dass eine Fliege sich im Weltall nicht bewegen könnte.

Die "Fliege" ist nur ein Fleck auf dem Fenster

Beide Videos sind nicht manipuliert. Aber sie sind aus dem Zusammenhang gerissen und werden mit der falschen Behauptung verbreitet, dass sie gefälscht seien. Über Bilderrückwärtssuchen mit Screenshots aus dem Fliegen-Video lässt sich eine deutlich ältere Version des Materials finden: auf der Webseite der Bild- und Videodatenbank Getty Images. Es sind Aufnahmen von der NASA-Weltraummission ISS-13, die im August 2006 veröffentlicht wurden.

Auch in dieser Version ist die vermeintliche Fliege zu sehen. Sie wurde also offenbar nicht hineinretuschiert. Auf Nachfrage des #Faktenfuchses bei der US-Weltraumbehörde NASA erklärt der Astronaut Jeffrey Williams, der damals an Bord der Raumstation war und auch im Video zu sehen ist, gegenüber der zuständigen Pressesprecherin, dass die vermeintliche Fliege keine war - sondern nur ein Fleck am Fenster. Da sich die Kamera bewegte, sei der Eindruck entstanden, der Fleck würde sich bewegen, so eine Sprecherin der NASA.

Doch selbst wenn es eine echte Fliege wäre, wäre auch das noch kein Beweis dafür, dass die Aufnahmen gefälscht sind: Denn tatsächlich führen NASA-Wissenschaftler immer wieder Experimente mit Fruchtfliegen im All durch. Diese werden aber üblicherweise in Flaschen transportiert. Doch selbst wenn eine entkommen sollte, sagt Til Birnstiel, Professor für theoretische Astrophysik an der LMU, könnte diese wahrscheinlich "insofern fliegen, als dass dort Luft ist und sie sich mit den Flügelschlägen fortbewegen kann. Aber wahrscheinlich wird die Orientierung oder das Fliegen anders funktionieren, weil sie ja nicht von irgendeiner Kraft nach unten gezogen wird."

Er geht davon aus, dass die Fliege auch am Glas entlanglaufen könne, wonach es in dem Video aussieht. Denn: "Sie kann ja auch bei uns an der Decke laufen. Sie hält sich sozusagen an der Oberfläche fest."

Wasserglas mit Klettverschluss festgeklebt

Und wie lässt sich das seltsame Verhalten des Wasserglases in dem anderen Video erklären? In diesem Fall genügt eine einfache Google-Suche mit einigen der Begriffe, die im Video zu sehen sind, um das Rätsel zu lösen.

In einer Bildunterschrift steht dort "Tiangong Class" und "Taikonauts give tour of TSS". Wer diese Begriffe auf Google eingibt, stößt schnell auf ein Youtube-Video vom Dezember 2021.

Es stammt von einem Livestream aus dem All, den der staatliche chinesische Fernsehsender China Global Television Network übertragen hat. In dem Livestream führten chinesische Astronauten - sogenannte "Taikonauten" - vor der Kamera physikalische Experimente im All durch, um zu zeigen, wie sich verschiedene Dinge in der Schwerelosigkeit verhalten. Unter anderem ist dabei zu sehen, dass das Wasserglas mit Klettverschluss an der Anrichte festgeklebt ist. An einer Stelle im Video ist sogar zu sehen, wie eine Astronautin sich bemüht, es vorsichtig vom Klettverschluss zu lösen.

Auch dafür, dass das Wasser nicht aus dem Glas heraus schwebt, gebe es eine gute Erklärung, versichert der Astrophysiker Birnstiel dem #Faktenfuchs per E-Mail: "Die Adhäsionskräfte halten das Wasser im Glas. Das kennt man ja auch von einem Wassertropfen am Glas, zum Beispiel nach dem Abspülen bleibt Wasser am Glas 'kleben'. Diese Kraft sorgt auch dafür, dass das Wasser im Glas bleibt."

Ungereimtheiten in Videos kein Beleg für flache Erde

Doch eigentlich bräuchte es all den Aufwand, einzelne Videos zu überprüfen gar nicht. Denn: Selbst wenn ein einzelnes NASA-Video Ungereimtheiten enthalten würde, sei dies noch lange kein Beweis dafür, dass das gesamte NASA-Raumfahrtprogramm nicht existiere. Oder gar dafür, dass die Erde flach sei, betont der Astrophysiker Til Birnstiel.

Denn darüber, dass die Erde annähernd kugelförmig sei (tatsächlich ist sie an den Polen etwas abgeflacht und in der Mitte etwas bauchiger), herrsche wissenschaftlicher Konsens. Anders gesagt: Darüber ist man sich in der Wissenschaft einig ohne dass es offenen Widerspruch aus qualifizierten, wissenschaftlichen Kreisen gibt. "Und in der ganzen Geschichte der Wissenschaft ist es ja so, dass Dinge oft diskutiert wurden, solange sie nicht klar waren. Aber wenn sich die Wissenschaft einig ist, dann hat es eigentlich immer gestimmt."

Zudem dürfe man nicht vergessen, dass Wissenschaftler lernten, immer skeptisch zu sein. "Und natürlich könnte ein Wissenschaftler berühmt werden, wenn er sozusagen die anderen widerlegt. Das ist ja das Ziel. Und das haben wahrscheinlich alle anderen versucht und sind aber zum selben Schluss gekommen."

Wie sich erkennen lässt, dass die Erde rund ist

Dass die Erde kugelförmig ist, ließe sich sogar mit dem bloßen Auge feststellen, sagt Til Birnstiel. Schon den alten Griechen sei aufgefallen, dass bei einem Schiff auf offener See zuerst der Mast in Sicht komme. Erst später sei dann auch der Rumpf zu sehen - was daran liege, dass das Schiff über die Wölbung der Erde in Sicht komme.

Aber es gibt auch noch viele andere Beobachtungen, Experimente und Gesetzmäßigkeiten, aus denen sich ergibt, dass die Erde rund ist. Anbei ein paar Beispiele:

  1. Masse ziehe sich immer an, wie Astrophysiker Til Birnstiel im Interview mit dem #Faktenfuchs ausführt. "Und das bedeutet, dass alles, was groß genug wird, eigentlich kreisförmig sein muss. Das sieht man ja auch: Man könnte einfach ein Video von einem Tropfen machen im Freifall. Der würde sich aufgrund der Oberflächenkräfte zu einer Kugel zusammenziehen. Und dasselbe erwarten wir auf allen Skalen auch."
  2. Es gibt unzählige Fotos aus dem Weltall von der Erde als Globus. Es ist nicht plausibel, dass alle Weltraummissionen der Welt - von den Russen über die USA bis zu den Chinesen - unter einer Decke stecken, um der Menschheit anhand von falschen Fotos vorzugaukeln, die Erde sei rund. Gerade zu Zeiten des Kalten Krieges, als Sowjets und Amerikaner miteinander wetteiferten, hätten beide Seiten großes Interesse daran gehabt, eine solche Lüge aufzudecken.
  3. Der Mannschaft von Kapitän Ferdinand Magellan, die unter spanischer Flagge segelte, gelang es 1522 zum ersten Mal, die Erde in westlicher Richtung zu umrunden. Der Seeweg nach Indien war damals nämlich in östlicher Richtung von den Portugiesen versperrt. Ganz sicher waren sich Magellan und sein Team deshalb nicht, ob es möglich wäre auch über die unbekannten westlichen Gewässer bis in den “Fernen Osten” zu kommen. Manch einer befürchtete noch, dass sie bei dem Versuch womöglich am westlichen Ende der Erdscheibe herabstürzen würden. Doch es gelang ihnen, den amerikanischen Kontinent zu umschiffen, einen westlichen Seeweg nach Indien zu finden - und die Erde auch in diese Richtung zu umrunden. Magellan selbst erlebte den Triumph allerdings nicht mehr. Er wurde am 27. April 1521 auf den Philippinen getötet.
  4. Wenn man zum Beispiel von Santiago in Chile nach Sydney in Australien fliegen möchte, dann müsste man - im Weltbild der Flat-Earther - sehr weite Strecken in Kauf nehmen. Nämlich erst über ganz Südamerika, Nordamerika und schließlich über den arktischen und dann den Pazifischen Ozean bis nach Australien fliegen (siehe Grafik unten).
Bildrechte: "Flacherdler-Karte": Wikipedia, Montage: BR
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Im Weltbild der Flat-Earther wäre der Weg von Chile nach Australien sehr weit.

Tatsächlich fliegen Flugzeuge aber einmal quer über den Pazifischen Ozean; das zeigt eine einfache Suche auf Google Maps.

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So wird die Flugroute für einen Flug von Chile nach Australien auf Google Maps angezeigt.

Und, letztes Beispiel: Wenn es eine Mondfinsternis gibt - sich also der Schatten der Erde über den Mond legt - dann ist dieser Schatten rund. Und nur runde Objekte können einen runden Schatten werfen. Die einzige andere denkbare Erklärung dafür wäre, dass die Sonne unterhalb der Erde schwebt, der Mond oberhalb, und die Sonne die Erde von unten anstrahlt. Dann würde wohl auch eine Erdscheibe einen runden Schatten werfen. Nur: Im Weltbild der Flacherdler schwebt die Sonne ja über der Scheibe.

Warum glauben (junge) Menschen an die Flat-Earth-Theorie?

Darüber, dass Flat-Earth-Verschwörungsmythen seit einigen Jahren wieder im Aufwind sind, wurde schon viel berichtet. Doch in den meisten Medienberichten tauchen Flat-Earther als ältere Männer auf (z.B. hier und hier). Teenager sind es eher nicht.

Doch womöglich ist diese Auswahl an Gesprächspartnern nicht sehr repräsentativ. So konnte das britische Meinungsforschungsinstitut Yougov schon 2018 in einer Umfrage zeigen, dass der Glaube an die flache Erde auch unter Jüngeren verbreitet ist - zumindest in den USA. Nur etwa zwei Drittel der sogenannten Millennials dort, also der heute zwischen 20- und 40-Jährigen, sind sich sicher, dass die Erde rund ist. Etwa ein Drittel weiß es nicht so genau.

Doch woran liegt es, ob man sich für solche Behauptungen interessiert? Sebastian Bartoschek, Psychologe und Experte für Verschwörungstheorien, betont, dass zwei Gruppen besonders anfällig für Verschwörungsglauben seien - unabhängig vom Alter:

  1. Menschen, die aufgrund persönlicher oder gesellschaftlicher Krisen verunsichert sind und die über die Beschäftigung mit Verschwörungstheorien das Gefühl erhalten, wieder Kontrolle über eine unverständliche Welt zurückzugewinnen.
  2. Personen, die zum Narzissmus tendieren, und sich über das vermeintliche "Geheimwissen", über das sie verfügen, selbst aufwerten wollen.

Bartoschek vermutet, dass bei Flat-Eearthern auf TikTok vor allem der zweite Aspekt eine Rolle spielt. TikTok sei keine Plattform der sozial Abgehängten, die sich aus Frustration Verschwörungstheorien zuwenden. Eher gehe es darum, sich mit den selbstgemachten Videos wichtig zu machen: "Ich habe besonderes Wissen. Guckt mal, ich schaue hinter den Vorhang."

Auch Plattform-spezifische Gründe für die Ausbreitung

Ähnlich sieht das Katharina Kleinen-von Königslöw, Kommunikationswissenschaftlerin an der Universität Hamburg. Die Flat-Earth-Theorie sei so skurril, dass man damit leicht Klicks und Aufmerksamkeit generieren könne. Und sich mit der Theorie zu beschäftigen, biete eine ähnliche Art von Unterhaltung wie Computer-Spiele. Viele Flat-Earther filmen sich selbst bei Experimenten, mit denen sie "belegen" wollen, dass die Erde flach ist. All das passe gut zu TikTok - einer Plattform, wo Jugendliche häufig in sogenannten "Challenges" gegeneinander antreten.

Kleinen-von Königslöw geht davon aus, dass sich Flat-Eearth-Content derzeit womöglich auch deshalb so stark verbreiten kann, weil Plattformen wie TikTok weniger streng dagegen vorgehen als gegen politische Verschwörungstheorien etwa zur Corona-Impfung oder zu QAnon. Womöglich sagten sich einige Plattform-Betreiber, so Kleinen-von Königslöw im Interview mit dem #Faktenfuchs: "Who cares? Das schadet in dem Sinne niemandem. Es ist nicht zu befürchten, dass antisemitische Anschläge die Folge sind, wenn mehr Menschen glauben, dass die Erde flach ist." In einem Aufsatz, der sich derzeit noch im Review-Prozess befindet, konnte sie zusammen mit anderen Wissenschaftlern nachweisen, dass Google bei Suchen mit Begriffen zur Frage, ob die Erde rund ist, häufiger Falschinformationen liefert als etwa bei Suchen, die sich auf Impfmythen beziehen.

Doch sind "skurrile" Verschwörungstheorien wie der Glaube, dass die Erde flach ist, tatsächlich ungefährlich? Der Psychologe Sebastian Bartoschek ist sich sicher: Nein. Aus fast einem Jahrzehnt der Forschung wisse man inzwischen sehr genau, "dass Menschen, die an eine Verschwörungstheorie glauben, höchstwahrscheinlich auch an weitere glauben".

Auch der TikTok-Algorithmus spielt wohl eine Rolle

Denkbar ist, dass auch die Besonderheiten der Plattform TikTok dazu beitragen, dass sich Flat-Earth-Theorien hier besonders gut ausbreiten können. Zum einen, weil TikTok Falschinformationen ohnehin kaum zu regulieren scheint: In einer Analyse des "Medien-TÜVs" Newsguard enthielt 2022 eins von fünf untersuchten TikTok-Videos Falschinformationen.

Hinzu kommt, dass Social-Media-Algorithmen insgesamt Radikalisierungsprozesse befördern, wie der Verschwörungstheorie-Experte Bartoschek betont. Emotionale oder schockierende Inhalte erzielten mehr Abrufe und mehr Interaktionen - was wiederum dazu führe, dass diese Inhalte öfter angezeigt würden.

Fazit

Auf der Social-Media-Plattform TikTok verbreiten sich Inhalte mit Bezug auf die sogenannte Flat-Earth-Theorie. User teilen Videos, in denen sie Raumfahrtbehörden wie der NASA unterstellen, Videoaufnahmen aus dem All gefälscht zu haben. Als Belege dafür verweisen sie auf angebliche Ungereimtheiten in den Videos - etwa ein Wasserglas, das in der Schwerelosigkeit des Weltalls an seinem Platz stehen bleibt. Mithilfe von Google- und Bilderrückwärtssuchen lässt sich nachweisen, dass die Videos zwar nicht manipuliert sind - aber keineswegs belegen, was die User und Userinnen behaupten. Das Wasserglas etwa schwebt nicht, weil es für ein Experiment eigens mit Klettverschluss festgeklebt wurde.

Eine Expertin vermutet, dass Flat-Earth-Content sich auch deshalb so stark auf TikTok verbreiten kann, weil die Plattform dieser Art von Verschwörungsglauben weniger Aufmerksamkeit widme als politischen Verschwörungstheorien. Ein anderer Experte warnt davor, diese Art von skurrilen Verschwörungstheorien als "ungefährlich" abzutun: Wer an eine Verschwörungstheorie glaube, glaube oft auch an andere. Zudem stifte sie Verwirrung. Denn: Dass die Erde rund ist, das ist seit Jahrhunderten wissenschaftlicher Konsens.

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