Symbolbild: Jugendliche schauen ein Video an
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"Pilotentest": Gefährlicher TikTok-Trend - Schulen warnen Eltern

Kinder und Jugendliche führen durch Hyperventilieren und Druck auf den Brustkorb oder Strangulieren gezielt eine Ohnmacht herbei. Videos des "Pilotentests" verbreiten sich auf TikTok. In Hessen starb ein Mädchen. Auch in Bayern sind Fälle bekannt.

Eine vermeintliche "Mutprobe" verbreitet sich derzeit auf TikTok. Beim "Pilotentest" – auch bekannt unter dem Namen "Blackout-Challenge" – atmen Kinder und Jugendliche schnell aus und ein. Dann wird ihnen von einer weiteren Person auf den Brustkorb oder den Hals gedrückt, um die Sauerstoffzufuhr zu unterbinden. Dadurch kommt es zu einem Sauerstoffmangel im Gehirn. Kurz vor der Ohnmacht soll sich ein Rauschgefühl einstellen.

Wenn Kinder das Bewusstsein verlieren und stürzen, besteht die Gefahr von Platzwunden, Prellungen und Knochenbrüchen, bei starkem Sauerstoffmangel eine Gefahr für das Gehirn. Im Landkreis Kassel in Hessen starb nun ein 13 Jahre altes Mädchen. Die Jugendliche strangulierte sich selbst und filmte sich dabei mit dem Handy. Die Familie fand die Jugendliche tot in ihrem Zimmer, berichtete die Hessenschau. Inzwischen wurden bundesweit, aber auch in Bayern mehrere Fälle bekannt. Ob es im Freistaat weitere Fälle gibt, ist unklar. Dem Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus liegen keine validen Daten vor.

Drei Fälle in Regensburg bekannt

In Regensburg warnte das Amt für Jugend und Familie bereits Anfang Mai Erziehungsberechtigte in einem Brief, dass der "Pilotentest" zu einem "gefährlichen 'Spiel' um Leben und Tod ausarten" könne, nämlich wenn ein bestimmter Punkt während der Ohnmacht überschritten werde. Aus Regensburg wurden bisher drei Fälle gemeldet, darunter bei einem Grundschüler. Ernsthafte Verletzungen seien nicht bekannt. Zuerst hatte die "Mittelbayerische Zeitung" (Externer Link, möglicherweise Bezahl-Inhalt) über den Fall des Zweitklässlers berichtet.

"Manche Kinder und Jugendliche sind schlecht in der Lage, Gefährdungen, wie den 'Pilotentest' richtig einzuschätzen, gepaart mit fehlender Medienkompetenz", teilte Esther Christmann, Sachgebietsleitung Jugendschutz, BR24 mit. "Unsere Information bezweckt einen präventiven Charakter. Wir finden es wichtig, dass Eltern, Bezugspersonen und pädagogische Fachkräfte gefährdende Themen in einem ruhigen Moment ansprechen und über die Gefahr, die davon ausgeht, aufklären."

Ebenfalls Vorfälle an Münchner Realschulen

Dem Münchner Referat für Bildung und Sport sind drei Vorfälle an Realschulen gemeldet worden. Die betreffenden Schulen hätten den Notarzt gerufen und die Schulsozialarbeit sowie die Eltern eingeschaltet. Betroffen waren Mädchen in den 6. und 7. Klassen. Zum Glück sei bisher nichts Ernsthaftes passiert, hieß es.

Eine Münchner Realschule informierte vor den Pfingstferien Eltern über die "besorgniserregende Herausforderung". In dem Brief, der BR24 vorliegt, wird auf die Gefahren der Mutprobe hingewiesen. Zudem werden die Eltern aufgefordert, mit den Kindern über die Gefahren solcher Challenges zu sprechen und sie zu ermutigen, "sich nicht an riskanten und gefährlichen Aktivitäten zu beteiligen".

Schulamt Nürnberg bittet Lehrer, Gefahren zu thematisieren

Das Schulamt Nürnberg weiß dagegen bis jetzt von keinen Fällen. Doch nach der Anfrage von BR24 schrieb der leitende Schulamtsdirektor die Schulen an und forderte die Lehrkräfte auf, die Gefahren nach den Ferien altersgerecht in allen Jahrgangsstufen zu thematisieren und die Eltern zu informieren.

Kultusministerium verweist auf Medienerziehung

Das Bayerische Kultusministerium betonte, dass im Bereich der Medienerziehung Prävention ein wichtiger Baustein sei. Diese sei als Teil der Medienbildung fest als schulart- und fächerübergreifendes Bildungs- und Erziehungsziel im "LehrplanPLUS" verankert und damit verpflichtender Bestandteil des Unterrichts an allen bayerischen Schulen.

Den Schulen stünden verschiedene medienpädagogische Angebote zur Verfügung. Da ein Großteil der Mediennutzung im privaten Umfeld stattfinde, könne Medienerziehung nur gelingen, wenn Schule und Elternhäuser eng zusammenarbeiteten und sich gegenseitig unterstützten, teilte das Ministerium mit.

Bereits 2016 war Trend verbreitet

Berichte über Zwischenfälle beim "Pilotentest" gibt es auch aus anderen Bundesländern, zum Beispiel aus Halle und Hamburg (Externe Links). Die Polizei in Magdeburg warnte Jugendliche kürzlich auf "X" und schrieb: "Mach nicht mit und sensibilisiert andere!"

Die Mutprobe ist offenbar nicht ganz neu - bereits vor einigen Jahren war der Pilotentest unter Kindern verbreitet. 2016 starb ein Jugendlicher in Österreich (Externer Link, möglicherweise Bezahl-Inhalt). Warum der TikTok-Tend nun wieder neu aufgekommen ist, ist unklar.

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