Eine Hand hält ein Smartphone mit der geöffneten Website des Kulturpasses.
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Gemischtes Feedback: 18-Jährige können sich seit 14. Juni in einer App für den Kulturpass registrieren.

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Wie läuft's mit dem KulturPass für 18-Jährige?

200 Euro vom Staat für den Kulturgenuss - klingt vielversprechend. Vor zehn Tagen startete der KulturPass für 18jährige - mit erheblichen Anlaufschwierigkeiten, wie erste Erfahrungen mit der App zeigen.

Über dieses Thema berichtet: BR24 Drangeblieben am .

"200 Euro kostenlos, da sagt man doch nicht nein, oder?", bekennt Luzie Hasselberg frei heraus, schiebt aber gleich hinterher, dass es nicht allein das Geld ist, das den KulturPass in ihren Augen attraktiv macht: "Ich finde, das ist ein gutes Angebot, wenn ich 200 Euro zur Verfügung habe, um mich begeistern zu lassen." Begeistern nämlich für Kinos und Konzerte, Theater oder Museen. Aber auch den Kauf von Büchern oder Tonträgern sponsert die Bundesregierung mit dem KulturPass.

Luzie Hasselberg hat sich die App bereits heruntergeladen. Sie ist 18 Jahre alt, geboren 2005. Das ist der erste Jahrgang, der in den Genuss dieses Angebots kommt. Nächstes Jahr folgen die 2006 Geborenen.

Finanzspritzen und Euphorie-Booster

Wie es nach der zweijährigen Pilotphase weitergeht, hängt vom Erfolg der Maßnahme ab, mit der Kulturstaatsministerin Claudia Roth die nach der Corona-Pandemie noch immer darbende Kulturbranche unterstützen will. Vor allem aber soll ein neues, junges Publikum gewonnen werden. Insgesamt 100 Millionen Euro hat das Bundesfinanzministerium dafür lockergemacht. "Eine coole Idee!", findet David Hölzel, auch er Jahrgang 2005. Die 18-Jährigen würden vom KulturPass sicher sehr profitieren, ist er überzeugt.

Zuspruch von Usern wie Anbietern

Grundsätzlich auf Zuspruch stößt der KulturPass auch bei vielen Anbietern. Rund 4.900 hatten sich bereits am Starttag Mitte vergangener Woche (14.06.) registriert. "Wir freuen uns über jeden Jugendlichen, der dadurch zu uns findet. Deswegen fanden wir es auch wichtig, dass wir von Anfang an dabei sind", erklärt zum Beispiel Maik Romberg von den Münchner Kammerspielen. Er gehört zur IT-Abteilung des Theaters und war daher federführend mit der Registrierung für die App befasst. Die freilich hatte es in sich. So erfreulich sich die Idee des KulturPasses in der Theorie anhört, so unerquicklich verliefen die ersten Praxistests.

Die Tücken der Registrierung

Die Münchner Kammerspiele haben sogar eine kleine Arbeitsgruppe eingerichtet, um die Anmeldung in Angriff zu nehmen. Selbige, berichtet Romberg, sei erstmal "ziemlich verstört vor einer Reihe von Masken gesessen, die wir ausfüllen mussten. Dabei haben wir uns gefragt: Was wollen die von uns? Es fühlte sich an, als müssten wir einen Zalando-Shop befüllen. Wir wollten unsere Veranstaltungen und die Uhrzeiten eingeben, wurden aber sozusagen nach Schuhgrößen, Farben und so weiter befragt."

Ohne Anleitung ging gar nichts. Die gab es zum Herunterladen, bestehend, wie Romberg berichtet, aus ca. zehn Dokumenten von bis zu je 20 Seiten. Ein eher umständlicher Anmeldeprozess. Nur dank der vereinten Kräfte in der Arbeitsgruppe konnten die Münchner Kammerspiele den Anmeldeprozess so abschließen, dass das Theater pünktlich zum KulturPass-Auftakt am 14. Juni am Start war.

Zugangsdaten per Post - echt jetzt?

Buchhändlerin Nina Stross aus Gröbenzell wäre ebenfalls gern von Anfang an dabei gewesen. Auch sie berichtet von vielen Eingabemasken und mehreren frustrierenden Anläufen bei der Registrierung, ehe nach wiederholtem Scheitern endlich alles korrekt ausgefüllt und abgeschickt war. Die Zugangsdaten hatte sie zum Starttag aber noch nicht erhalten. Zugestellt werden sollten sie "per Post", erzählt sie und legt dabei die Stirn in Falten, als wollte sie sagen: "Echt jetzt?!"

Aber nicht nur unter den Anbietern, auch bei vielen Usern verlief der Start holprig. Um nachzuweisen, dass sie 18 Jahre alt sind, müssen sie zur Identifikation ihren digitalen Personalausweis zücken. Klingt simpel, ist es aber nicht. So jedenfalls schildert es Luzie Hasselberg. Sieben Versuche habe sie unternehmen müssen, um ihr Handy mit dem Ausweis zu verbinden: "Da dachte ich mir irgendwann, jetzt fühle ich mich aber ein bisschen verarscht."

Gutes Design, schlechte Suchfunktion

Immerhin: Wer diese Hürde genommen hat, den erwartet eine ansprechende App, findet zumindest David Hölzel: "Rein vom Interface her gefällt mir die App sehr gut. Es gibt Filterfunktionen, das Design ist interessant, die Interaktionen sind relativ simpel. Und wenn sie schwerer sind, sind sie in der App gut erklärt."

Und doch ist auch hier längst nicht alles Gold, was glänzt. Nutzer berichten davon, dass die App immer wieder Mal abstürzt. Auch der Suchalgorithmus funktioniert noch nicht optimal. Grundsätzlich kann man nicht nach einzelnen Institutionen suchen, um herauszufinden, was beispielsweise bei einem bestimmten Theater auf dem Spielplan steht, sondern nur nach einzelnen, konkreten Vorstellungen. Die Show seines Lieblingsrappers hat David aber nicht gefunden in der App. Schwer zu sagen, ob sie nicht angeboten wird oder ob die Suchfunktion schwächelt. Luzie dagegen war bereits erfolgreich und hat ihre ersten KulturPass-Euros schon ausgegeben, für ein Konzertticket.

Verfehlt die App ihr Ziel?

Der mühsame Identifizierungsprozess und die Schwächen bei der Handhabung, fürchtet Luzie, könnten viele 18-Jährige "abschrecken". Klar, 200 Euro seien ein starker Anreiz. Aber wenn die App so bedienungsunfreundlich bleibe, wie sie sich jetzt darstelle, würden die Nutzer ihr Guthaben am Ende vermutlich nur für das ausgeben, was sie eh schon kennen. Mit anderen Worten: Einfach Mal die App durchforsten, um zu schauen, was es noch so alles an Kulturangeboten gibt, von dem man vorher vielleicht noch gar nichts wusste - das werden wohl die wenigsten, wenn es an allen Ecken und Enden hakt. "Es ist doch eigentlich eines der Ziele des KulturPasses, Leuten, die kaum Zugang zu Kultur haben, diesen Zugang zu öffnen", meint Luzie, "wenn man dann aber so große Schwierigkeiten bei der Nutzung hat, dann verliert man die Lust und denkt sich womöglich sogar, dass es sich eh nicht lohnt."

Immerhin: Das Angebot wächst weiter

In der Woche nach dem Start des KulturPasses hatten sich rund 1.500 weitere Anbieter für die App registriert. Über 6.400 seien es damit, erklärte eine Sprecherin des Kulturstaatsministeriums auf BR-Anfrage, "und es werden stündlich und täglich mehr". Buchhändlerin Nina Stross aus Gröbenzell war Mitte der Woche aber immer noch nicht dabei. Die Zugangsdaten lagen nach wie vor nicht in ihrem Briefkasten. "Ich bin da aber ganz tiefenentspannt", sagt sie lachend, "weil ich mir denke, die Daten werden schon irgendwann eintreffen und dann sind wir dabei. Das Ganze läuft ja zum Glück zwei Jahre lang."

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