Synagoge in Amberg
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Synagoge in Amberg

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Wie das Pessachfest in einer jüdischen Gemeinde gefeiert wird

Am Montag hat Pessach begonnen, eines der wichtigsten Feste im Judentum – vergleichbar mit dem Osterfest. Die Juden erinnern an die Befreiung der Israeliten aus der Sklaverei. So liefen die Vorbereitungen – in schwierigen Zeiten für Juden in Bayern.

Über dieses Thema berichtet: Schalom - Jüdischer Glaube, jüdisches Leben am .

In der Küche der jüdischen Gemeinde Amberg geht es rund. An Pessach nimmt es Rabbiner Elias Dray besonders genau. Vor dem Kochen der traditionellen Speisen muss die Küche erstmal koscher gemacht werden. Schon vor einer Woche haben er und seine Gemeindemitglieder damit angefangen.

Arbeitsflächen, Besteck, Geschirr, Töpfe, Ofenplatten und die Spülmaschine: Alles muss sauber geputzt und darf 24 Stunden lang nicht benutzt werden. Dann wird es mit heißem Wasser übergossen und mit kaltem Wasser gleich wieder abgelöscht. Nur dann entspricht es den jüdischen Speisegesetzen. Tagelang haben Amira und ihr Team aus Helferinnen Fleisch, Fisch und andere traditionelle Pessach-Speisen vorbereitet. Außer am Sabbat, da wird Ruhe gehalten.

Genauer Ablauf des Pessach-Fests

Das Pessach-Fest beginnt am Montagabend mit einer großen gemeinsamen Feier in den Räumen der jüdischen Gemeinde Amberg über der Synagoge. Zum so genannten Seder kommen 90 Gemeindemitglieder zusammen. Beim Essen trinken sie vier Becher Wein, halten ganz genaue Reihenfolgen und Vorgaben ein, danken Gott und sprechen über die zehn Plagen, über Sklaverei und Freiheit und über Selbstbestimmung. Die weiteren Feiertage begehen die Gläubigen dann zuhause.

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Der Amberger Rabbiner Elias Dray (rechts) macht mit einem seiner Helfer die Gemeindeküche koscher. Die Arbeitsflächen werden hierfür abgekocht.

Draußen: Baseballcap statt Kippa

Rabbiner Elias Dray hat für die Vorbereitungen und das Fest zwei Talmud-Studenten aus Israel eingeladen. Außerdem ist der 13-jährige Schüler Daniel aus Amberg zum Praktikum da. Alle tragen sie eine Kippa in den Räumen der jüdischen Gemeinde. Draußen zieht jeder ein Baseballcap drüber. Das äußere Zeichen des Judentums zeigen sowohl der Rabbiner als auch die jungen Männer nicht mehr offen in Deutschland.

"Judenhass" deutlich spürbar

"Man kann schwer einschätzen, was da gerade immer für Leute da sind. Die Situation ist gerade sehr angespannt, deshalb ist man schon sehr vorsichtig", sagt Elias Dray. Der Amberger Rabbiner lebt mit seiner Familie auch in Berlin, wo Feindseligkeiten gegenüber Juden deutlicher spürbar sind. In Form von Graffitis zum Beispiel. In der Hauptstadt arbeitet er mit einem Imam auch in einem muslimisch-jüdischen Projekt in Schulen zusammen. In Bayern sei es dagegen eher ruhig. Dennoch hätten überall auf der Welt Leute weniger Verständnis für Israel, es finde gerade ein "Switch" statt, sagt er.

Der Nahostkonflikt und seine Geschichte seien kompliziert. Dennoch wird der Rabbiner nicht müde, zu erklären. Trotz der schwierigen Lage schottet Elias Dray die Gemeinde nicht ab, sondern öffnet sie, lädt zu Führungen durch die Synagoge ein. Er will im Gespräch bleiben, erklären, andere Perspektiven aufzeigen.

"Mit der Brille von außen"

Das sei die Verpflichtung von uns allen, dass wir eine ausgeglichene Gesellschaft haben und fair Dinge einschätzen, sagt er. "Wenn wir nicht mehr miteinander sprechen können, dann ist es sehr schlimm". Er plädiert dafür, auch andere Perspektiven zu sehen. "Wenn man es mit der Brille von außen anschaut, ist es echt anders, als wenn man sich als Staat angegriffen fühlt", so Dray.

Jakov (19) ist Talmud-Student aus Israel. Er kommt aus der Mitte des Landes, wo der Krieg nicht so sehr spürbar ist, wie im Süden oder Norden. Er fühle die Angst und die Besorgnis für das ganze Volk, sagt er auf Hebräisch. Er bete auch jeden Tag in der Synagoge und hoffe, dass es bald besser werde.

Unter Polizeischutz, aber ohne Angst

Die Pessach-Feierlichkeiten in Amberg finden – wie alle Feiertage - unter Polizeischutz statt, ein Sicherheitsdienst bewacht die Räume der Gemeinde zusätzlich. Angst haben die Gemeindemitglieder aber nicht. 160 davon zählt Rabbiner Elias Dray derzeit. Amerikaner, Deutsche und Zugewanderte aus Osteuropa. Beim Koscher-Machen der Gemeindeküche treffen englisch, hebräisch, deutsch und osteuropäische Sprachen aufeinander. Sie alle verbindet eine gemeinsame Geschichte und ein gemeinsamer Glaube, den sie feiern wollen.

Küche wird für 24 Stunden nicht benutzt

Trinkgläser tauschen Rabbiner Elias Dray und sein Team komplett aus. Es werden die Gläser aus dem Keller geholt, die nur für Pessach bestimmt sind. Holzgegenstände werden genau auf Risse kontrolliert und bei Bedarf ausgemustert. Alles, was nicht für das Kochen und Zubereiten der Pessach-Speisen gebraucht wird, räumen die Frauen, Jungs und der Rabbiner in einen Nebenraum.

Es wuselt in der Küche. "Den Frühjahrsputz haben die Juden erfunden", scherzt der Rabbiner mit einem breiten Lächeln im Gesicht. Wenn alle Flächen, Geschirr, Besteck und Küchengeräte koscher gemacht sind, decken er und sein Team es mit Plastik- oder Alufolie ab. 24 Stunden später beginnt die Zubereitung von Fleisch – unter Aufsicht des Rabbiners – einen Tag später folgen die Fischspeisen und andere Pessach-Spezialitäten. Am Montag muss alles fertig sein, dann kann das Fest kommen.

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