Rammstein-Sänger Till Lindemann am Mikrofon.
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Till Lindemann, Sänger der Band Rammstein, tritt am Dienstagabend in der Bamberger Brose Arena auf.

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Till Lindemann in Bamberg: Aktivisten treffen auf Tausende Fans

Aktivisten aus vier fränkischen Städten wollen am Abend vor der Brose Arena in Bamberg gegen den Auftritt des Rammstein-Sängers Till Lindemann demonstrieren. Sie werden auf Tausende Fans treffen, die sich mit dem Sänger solidarisch zeigen.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Till Lindemann, Sänger der Band Rammstein, tritt am Dienstagabend in der Bamberger Brose Arena auf. Die Veranstalter rechnen mit vollem Haus, vor der Halle protestiert ein Aktionsbündnis aus mehreren fränkischen Städten gegen das Konzert.

"Keine Bühne für Täter" steht auf einem Transparent. In den Händen halten es Veronika Zollner und Mariella Feldmann, die in Wirklichkeit anders heißen. Die beiden sind Teil des Aktionsbündnisses "Keine Bühne Bamberg". Ihr Ziel: Sie wollen den Auftritt von Rammstein-Sänger Till Lindemann in der Bamberger Brose Arena am Dienstag verhindern. Das Aktionsbündnis setzt sich aus feministisch ausgerichteten Gruppen aus Bamberg, Nürnberg, Würzburg und Coburg zusammen.

Causa Till Lindemann: Aktionsbündnis glaubt Anschuldigungen

Dass die Staatsanwaltschaft Berlin die Ermittlungen gegen Lindemann wegen des Verdachts auf Begehung von Sexualdelikten eingestellt hat, interessiert die Aktivistinnen nicht. "Die fallengelassenen Ermittlungen sind kein Freispruch, sind auch kein Unschuldsbeweis, für uns ist Lindemann weiterhin Täter, wir glauben den Betroffenen", erklärt Feldmann im Gespräch mit BR24.

Lindemann sei für das Aktionsbündnis nur die Spitze des Eisbergs. Der Fall verdeutliche strukturelle und gesellschaftliche Probleme. Viele Opfer von sexualisierter Gewalt würden sich nicht trauen, an die Öffentlichkeit zu gehen. Es sei schwer, sich zu öffnen und darüber zu sprechen.

Im Fall Lindemann müssten sie Angst haben, angefeindet zu werden. Nachdem Frauen im Frühjahr 2023 Anschuldigungen gegen Lindemann öffentlich gemacht hatten, hätten diese Hassnachrichten und Morddrohungen erhalten.

Ein Plakat der Aktionsbewegung "Keine Bühne Bamberg" mit der Aufschrift "Glaubt Opfern sexualisierter Gewalt".
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Rammstein-Frontsänger Till Lindemann tritt in Bamberg auf. Das Konzert ist ausverkauft. Ein Aktionsbündnis will den Auftritt verhindern.

Konzert in Bamberg wird nicht abgesagt

Von der Stadt Bamberg und dem Veranstalter, dem Concertbüro Franken, fordert das Aktionsbündnis "Keine Bühne Bamberg" nun, das Lindemann-Konzert am Dienstag zu verbieten und abzusagen. Das sei nicht machbar, erklärt Axel Ballreich vom Concertbüro Franken auf Anfrage von BR24. Als Veranstalter habe man Verträge zu erfüllen und keinerlei juristische Handhabe. Im Fall Lindemann sei noch nicht mal eine Anklage erhoben worden. Bis zu einer Verurteilung gelte in Deutschland die Unschuldsvermutung. Bei einer Konzertabsage durch den Veranstalter müsste dieser mit Schadenersatzforderungen in sechsstelliger Höhe rechnen. Zudem sei der Vertrag mit Lindemann bereits vor Bekanntwerden der Vorwürfe gegen den Sänger geschlossen worden. Die Stadt Bamberg bestätigt das.

Auch eine Absage des Konzerts durch die Stadt Bamberg sei nicht realistisch. "Von dem Vertrag zurücktreten würde bedeuten, dass sehr hohe Kosten auf uns zukommen würden, weil man uns dafür verantwortlich machen würde und sagen würde: Ihr seid regresspflichtig", so Dominik Nakic, Geschäftsführer der Bamberg Arena Betriebsgesellschaft mbH (BAB).

Sollten Künstler oder Musiker rechtlich für schuldig befunden werden, habe die Stadt die Möglichkeiten, angemessen zu handeln und beispielsweise Veranstaltungen nicht stattfinden zu lassen. Im Fall von Till Lindemann gelte allerdings weiterhin die Unschuldsvermutung, die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gegen ihn wurden eingestellt. Ein bloßer Verdacht bilde keine rechtliche Grundlage, um die Veranstaltung absagen zu können, so Nakic weiter.

"Luisa ist hier": Awareness-Konzept in der Bamberger Brose Arena

Um die Sicherheit aller Konzertbesucherinnen und Besucher sicherzustellen, greifen die Verantwortlichen auf das Sicherheitskonzept "Luisa ist hier" zurück. Es soll Menschen, die unter Umständen sexualisierter Gewalt ausgesetzt sind, die Möglichkeit geben, sich mithilfe eines bestimmten Codes direkt an das Personal zu wenden. Dann können die mutmaßlich Betroffenen in Sicherheit gebracht werden. Dass die Gäste sicher sind, habe für die städtische Tochtergesellschaft BAB oberste Priorität, so Nakic. Das Personal sei entsprechend geschult worden und ein Safe Space sorge für einen sicheren Rückzugsort.

"Es wird darüber hinaus beim Konzert am 14. November keine Row Zero und keine After-Show-Party geben, darauf hatten wir auch beim Veranstalter gedrängt." Dominik Nakic, Bamberg Arena Betriebsgesellschaft mbH.

Protest bei Till Lindemann Konzert in Bamberg angekündigt

Für die Aktivistinnen und Aktivisten des Aktionsbündnisses ist das zu wenig. Zwar sei das Awareness-Konzept ein sinnvoller Schritt, allerdings würden die gesellschaftlichen und strukturellen Probleme dadurch nicht gelöst werden, so Feldmann. Nach derartigen Vorwürfen wegen sexueller Übergriffe und Machtmissbrauchs im Rahmen von Konzerten dürfte Lindemann keine Bühne mehr geboten werden, lautet die Meinung des Aktionsbündnisses.

Der Auftritt des Rammstein-Sängers in Bamberg sei für die Aktivistinnen "ein öffentlicher Schulterschluss mit Lindemann" und eine "fahrlässige Inkaufnahme von weiteren sexuellen Übergriffen". Am Tag des Konzerts will das Aktionsbündnis "Keine Bühne Bamberg" vor der Halle demonstrieren.

Auch frühere Rammstein-Fans sind kritisch

Einige Fans des Musikers indes sehen das ganz anders. Bei einer Umfrage von BR24 in Bamberg heißt es zum Beispiel: "Bis die Vorwürfe gerichtlich bewiesen sind, ist der Mann unschuldig und soll seine Kunst ausüben." Andere hingegen betrachten den Sänger seit Bekanntwerden der Vorwürfe durchaus kritisch. "Ich persönlich muss sagen, dass mit den Anschuldigungen ein großes Misstrauen gewachsen ist gegenüber der Band und ich auch Schwierigkeiten hab, mir die Lieder weiterhin anzuhören", so ein Fan zu BR24. Ein anderer meint: "Ich bin auch ehemaliger Rammstein-Fan. Aber solange ich nicht weiß, dass da nichts vorgefallen ist, würde ich persönlich auf kein Konzert gehen und würde unterschreiben, dass es von den Veranstaltern nicht unterstützt wird und abgesagt wird."

Demonstration: Bis zu 200 Protestierende angemeldet

Auch bei den bisherigen Konzerten Lindemanns, der bis zum Jahresende im Rahmen seiner Solo-Tour 24 Auftritte in 13 Ländern geplant hat, war es zu Demonstrationen und Protest gekommen. Beim Tour-Auftakt in Leipzig demonstrierten rund 600 Menschen, in Düsseldorf waren es etwa 200. Wie viele Demonstrierende am Dienstag vor der Brose Arena in Bamberg demonstrieren werden, ist nicht klar.

Fest steht, dass die Demonstration ordnungsgemäß bei der Polizei angemeldet wurde. Erwartet würden bis zu 200 Personen, wie ein Polizeisprecher auf Nachfrage von BR24 bestätigt. Auch ein Gegenkonzert einer Punkband ist an anderer Stelle geplant. Ab 20 Uhr spielt dabei die Punk-Band Wrackspurts in der Johanniskapelle am Oberen Stephansberg, so die Aktivistinnen.

Viele seiner Fans halten Lindemann währenddessen weiter die Treue: Bislang herrschte bei den Konzerten volles Haus. Auch in Bamberg wird die Halle ausverkauft sein.

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Aktivistinnen haben Plakate gemalt und Vorträge zum Thema sexualisierter Gewalt organisiert. Sie protestieren gegen das Lindemann-Konzert.

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