Auch Blödelbarden können malen. Otto Waalkes feiert seinen bevorstehenden 75. Geburtstag mit einem künstlerischen "Feldzug der Komik". Im Buchheim Museum zeigt er seine Neukreationen berühmter Gemälde – der Ottifant darf darauf nicht fehlen.
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Deutscher Großkomiker: Otto Waalkes am Freitag in Bernried

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"Otto. Die Ausstellung": Komische Kunst im Buchheim Museum

Auch Blödelbarden können malen. Otto Waalkes feiert seinen bevorstehenden 75. Geburtstag mit einem künstlerischen "Feldzug der Komik". Im Buchheim Museum zeigt er seine Neukreationen berühmter Gemälde – der Ottifant darf darauf nicht fehlen.

Über dieses Thema berichtet: Die Kultur am .

Zu definieren, was Kunst ist, "dürfte ungefähr so schwierig sein wie die Definition von Komik", sagt einer, der es wissen muss, denn er versteht von beidem etwas: Otto. "Wen wir als Künstler anerkennen, ist stark abhängig von Mode und Zeitgeist. In meinen Studentenjahren kam die praktische These auf, jeder Mensch sei ein Künstler – hübsch demokratisch und von vielen gern gehört." So liest man es in Otto Waalkesʼ Autobiographie "Kleinhirn an alle", die 2018 erschien.

Doch Otto Waalkes will gar nicht Joseph Beuys bemühen. Er ist Pragmatiker und Pragmatiker sagen sich: "Ein Künstler ist, wer das, was er macht, für Kunst hält. Wenn er Glück hat, schließen sich andere seiner Meinung an und bezahlen Geld dafür. Andy Warhol sagte es noch kürzer: 'Kunst ist alles, womit man durchkommt.'"

Übermalungen von Klassikern des Expressionismus

Abstraktion, sagt er, ist der "Nonsens in der Malerei". Ein gutes Motto für Otto und seine Kunst-Ausstellung im Buchheim-Museum Bernried. Darin sieht man z.B. ein ikonisches Gemälde des Expressionismus: Erich Heckels Orgie in tiefen Rottönen "Der schlafende Pechstein" von 1910. Ein Porträt, das den Maler Max Pechstein ruhend im Liegestuhl zeigt. Entstanden ist seinerzeit im Nordseebad Dangast, keine hundert Kilometer entfernt von Emden, wo Otto Waalkes vor nunmehr fast 75 Jahren auf die Welt kam. In Waalkesʼ exklusiv für die Bernrieder Ausstellung angefertigter Nachbildung schläft ein Ottifant auf Pechsteins Schoß.

Man muss das als schelmischen Akt verstehen. Einmal mehr erweist er sich als Picaro, als Schalk. Nicht umsonst zitiert Waalkes in seiner Autobiographie einen Satz Pablo Picassos, der am 2. Mai 1952 in einer Rede in Madrid gesagt haben soll: "Ich bin nur ein Spaßmacher, der seine Zeit verstanden hat und alles, was er konnte, herausgeholt hat aus der Dummheit, der Lüsternheit und Eitelkeit seiner Zeitgenossen."

Die abstrakte Malerei freilich gibt Waalkes kaum etwas: "Ich habe nie abstrakt gemalt. Ich wüsste auch gar nicht, wie das gehen soll. Was malt man denn da? Träume? Visionen? Fantasien? Oder ist es bloß eine Theorie, die man bebildert? Zum Beispiel meine, die besagt, dass die Abstraktion so etwas wie der Nonsens in der Malerei ist, leider ohne dabei sehr komisch zu wirken."

Otto mag es konkret

Also malt Otto Waalkes, Sohn des Malermeisters Karl Waalkes, der ab 1970 an der Hamburger Hochschule für Bildende Künste bei den phantastischen Realisten Rudolf Hausner und Hans Tiemann studierte, lieber konkret und realistisch – und karikiert weniger die alten als vielmehr die noch nicht ganz so alten Meister. Zu seinen Vorbildern zählt er dabei die Zeichnungen von Wilhelm Busch ebenso wie die von F.K. Waechter – für ihn wirken sie so, "als wäre das Auge unmittelbar mit der federführenden Hand verbunden gewesen".

Der Ottifant, seine Erfindung aus Schülertagen, darf dabei naturgemäß nicht fehlen. Franz Marcs blaue Pferde verwandeln sich so etwa zum „Turm der blauen Ottifanten“ (2015) – und David Hockneys "A Bigger Splash" zeigt in Ottos Version "The Biggest Splash" (2014) einen Ottifanten, der durch seinen Hüpfer vom Sprungbrett im kalifornischen Swimmingpool einen gehörigen Spritzer erzeugt. "Wenn ich mir einen Klassiker vornehme, gehe ich ähnlich vor wie diese Klassiker selbst", so Waalkes: "Von Manet und Munch bis Hopper und Hockney ist kein Meisterwerk vor mir sicher. Was ich male, sind eigentlich Coverversionen: Bekannte Vorbilder ottotypisch verfremdet durch den sparsamen Einsatz von Ottifanten, Flügelkappen und Ur-Faultieren."

Spielerischer Zugang zur klassischen Moderne

Vor allem Kindern wird so ein spielerischer Zugang zu den Klassikern der modernen Kunst ermöglicht. Was Otto Waalkes seine Ottifanten-Bilder, das sind seinem ebenfalls nebenher malenden einstigen WG-Mitbewohner Udo Lindenberg seine "Likörelle". Rund 200 Gemälde und Zeichnungen versammelt "Otto. Die Ausstellung" ab diesem Samstag bis zum 5. November im Buchheim Museum Bernried – daneben sind Plattencover, Filmplakate oder Requisiten wie der Pilsumer Leuchtturm zu bewundern.

Natürlich kann und will Otto Waalkes dabei die ihnen zugrundeliegenden Originale nicht toppen. Die Frage "Wozu dann überhaupt noch malen?" beantwortet er ganz einfach so: "Weil es Spaß macht. Kunst braucht eigentlich kein Mensch, Komik auch nicht. Aber verzichten würde ich auf beides ungern." Es könnte gut sein, dass gerade jüngere Menschen diese Ausstellung besuchen werden, hat Ottos Song "Friesenjung" von 1993 ein erstaunliches Comeback hingelegt und es dank der Zusammenarbeit mit dem Berliner Rapper Ski Aggu und viraler Verbreitung auf der Social-Media-Plattform Tiktok auf Platz eins der Single-Charts geschafft.

Ältere Otto-Fans hingegen werden sich bei dieser Kunst-Ausstellung an den alten Otto-Witz aus den frühen 80-er Jahren erinnern: Der rasende Reporter Harry Hirsch behauptet, sich live von der documenta zu melden, wird dann unterbrochen und muss sich flugs korrigieren: Er befinde sich gar nicht auf der documenta, sondern "auf der Gabriele", aber er könne all seinen Zuschauern versichern, auch das sei "ein herrliches Gefühl".

Anmerkung: Ob der begleitende Katalog zur Ausstellung Otto-Katalog heißen wird, ist der Redaktion nicht bekannt.

Werk von Otto im Buchheim-Museum
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Werk von Otto im Buchheim-Museum

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