Der Bethlehemitische Kindermord, Gemälde von Peter Paul Rubens in der Alten Pinakothek München, Foto vom März 2022.
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Der Bethlehemitische Kindermord, Gemälde von Peter Paul Rubens in der Alten Pinakothek München, Foto vom März 2022.

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München: Klimaaktivisten kleben sich an Rubens-Gemälde fest

Klimaaktivisten haben sich in der Alten Pinakothek am Rahmen eines Rubens-Gemäldes festgeklebt. Die Polizei sprach am Sonntag von einem Millionenschaden. Nicht die erste Klebeaktion - und es gab noch eine Aktion: in der Allianz-Arena am Samstag.

Wie ein Twittervideo der Aktionsgruppe "Letzte Generation" zeigt, betraten zwei Männer den Sicherheitsbereich unmittelbar vor einem zwei mal drei Meter großen Gemälde des flämischen Malers Peter Paul Rubens und lösten dabei einen akustischen Alarm aus. Anschließend klebten sie sich mit jeweils einer Hand links und rechts am Rahmen des Gemäldes fest. Das Bild zeigt den "Bethlehemitischen Kindermord", ein Spätwerk von Rubens (1577-1640).

Aktivisten beziehen sich auf Gemälde-Motiv

Die Aktionsgruppe nimmt Bezug auf das Motiv. Im Gemälde würden Kleinkinder ihren Müttern entrissen und im Auftrag Herodes blutig ermordet. Die Klimakatastrophe treffe alle elementar und könne zu Krieg führen, der auch Kunst vernichten würde, heißt es in einem Tweet.

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Einsatz von Lösungsmitteln am Bilderrahmen

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen und die Polizei konnten die Aktivisten "durch umsichtiges und sofortiges Eingreifen" mithilfe von Lösungsmitteln schließlich wieder vom historischen Zierrahmen entfernen, erklärte die Pressesprecherin der Alten Pinakothek am Abend auf BR-Anfrage. Während das großformatige Gemälde unbeschadet geblieben sei, habe der Klebstoff am Rahmen Schäden verursacht, so die Pressesprecherin.

Polizei spricht von Millionenschaden

Die Aktivisten seien kurzzeitig festgenommen worden, mittlerweile jedoch wieder auf freiem Fuß. Gegen sie werde wegen Hausfriedensbruch sowie wegen Sachbeschädigung ermittelt, so ein Polizeisprecher heute.

Die Schadenshöhe am Gemälde steht laut Polizei noch nicht endgültig fest. Die Restauratoren seien hier noch dabei, die Beschädigungen am Bilderrahmen zu untersuchen. Nach Rückprache mit dem Museum könne man aber wohl von einem Millionenschaden sprechen, teilte ein Polizeisprecher am Sonntag mit. Das Bild und auch der dazugehörige Bilderrahmen seien von unschätzbar kulturhistorischen Wert, so dass selbst bei kleinen Beschädigungen schnell eine sehr große Schadenssumme im Raum stehe, so die Polizei.

Chef der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen kritisiert Aktivisten

Der Generaldirektor der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen Bernhard Maaz wies das Vorgehen der Klimaaktivisten zurück: "Es ist nicht legitim, einmalige kulturelle Menschheitszeugnisse zu beschädigen, um auf die faktisch gegebenen klimatischen Probleme hinzuweisen."

In ähnlicher Weise wie am Freitag in München hatten sich in den vergangenen Tagen Klimaaktivisten an Gemälderahmen in Frankfurt, Dresden und Berlin geklebt.

Leiter der Hamburger Kunsthalle äußert Sympathie für Aktionen

Die Aktionen stießen großenteils auf Ablehnung, aber nicht überall. In einem Interview mit dem NDR erklärte etwa Alexander Klar, der Leiter der Hamburger Kunsthalle, er habe den Aufsichten "gesagt, dass sie das hinnehmen mögen". Sein Museum sei ein offenes Haus. "Meine Sympathie ist mit den Aktivisten, und als Museumsmensch kann ich nur sagen, dass wir gehalten sind, unsere Werke zu schützen. Diese sehen wir nicht in schlimmer Gefahr, weil das ein sehr zivilisierter Protest ist, der viel Öffentlichkeit bekommt."

Klar begrüßte sogar, es sei "schön, dass Museen offensichtlich als Plattform wahrgenommen werden, an denen man so etwas machen kann. Das zeigt doch so einen Paradigmenwechsel. Irgendwann waren Museen die Orte, an denen niemand ist, da brauchte man keinen Protest machen. Wenn wir jetzt die Orte sind, wo man sich dranklebt, sind wir eine Plattform geworden. Das sollte uns freuen."

Geschäftsführer Deutscher Kulturrat: "Eindeutig der falsche Weg"

Olaf Zimmermann, der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrats, machte dagegen deutlich, diese Art der Aufmerksamkeitserzeugung für klimapolitische Anliegen sei abzulehnen: "So sehr ich die Verzweiflung der Klimaaktivisten nachvollziehen kann, so deutlich sage ich, die Aktionen sich an Rahmen berühmter Kunstwerke zu kleben, sind eindeutig der falsche Weg. Die Gefahr der Beschädigung der Kunstwerke ist sehr groß."

Protestaktion beim Bundesligaspiel in der Allianz Arena

Eine weitere Protestaktion der Klimaaktivisten der "Letzten Generation" hat am Samstagabend zur kurzzeitigen Unterbrechung des Bundesliga-Topspiels des FC Bayern gegen Borussia Mönchengladbach am Samstagabend geführt. Die Stadionordner der Allianz Arena führten in der Anfangsphase Personen vom Feld, die zu den beiden Toren von Bayern-Keeper Manuel Neuer und Yann Sommer gelaufen waren. Es schien so, als wollten sie sich an den Torpfosten festmachen.

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Klimaaktivisten der "Letzten Generation" werden von Ordnern vom Platz getragen. Sie wollten sich wohl an den Torpfosten festmachen.

Botschaft: "Stoppt den fossilen Wahnsinn"

In einer Pressemitteilung schrieb die "Letzte Generation", dies sei geschehen, "um zu verdeutlichen, dass der drohende Klimakollaps auch vor dem Lieblingssport der Deutschen keinen Halt machen wird". Den Angaben zufolge waren fünf Personen beteiligt, darunter drei 20-Jährige. Sky-Kommentator Wolff-Christoph Fuss hatte den Schriftzug auf der Kleidung "«Stoppt den fossilen Wahnsinn") während des Zwischenfalls vorgelesen. Die Polizei nahm die Aktivisten auch hier vorübergehend fest und eröffnete Ermittlungen wegen Hausfriedensbruch.

In diesem Jahr blockierten die Klimaaktivisten der "Letzten Generation" bundesweit bereits Hunderte Straßen. Die Aktivisten fordern von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), dass sie sich stärker für den Ausbau der erneuerbaren Energien einsetzen.