Historische Altstadt von Freising mit dem Stadtbach, der Moosach, im Vordergrund
Bildrechte: BR/ Birgit Grundner

Innenstadt beleben: Fluss auf, Autos raus, Sitzgelegenheiten rein

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Flair in Freising: Offenlegung des Stadtbachs belebt Stadtmitte

Den Stadtbach freigelegt, mehr Platz für Fußgänger geschaffen, Sitzgelegenheiten installiert: Das Beispiel Freising zeigt, wie ein Stadtzentrum wieder mit Leben gefüllt werden kann – entgegen aller Befürchtungen der Gegner im Voraus.

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

Gleich die ersten Passanten, die ich an diesem sonnigen Vormittag nach ihrer Meinung frage, geraten regelrecht ins Schwärmen. Die Umgestaltung der Freisinger Innenstadt? Sehr gelungen! "Schaut super aus. Kann man schön flanieren", sagt einer. "Früher war das so eine altbackene Stadt und jetzt's ein bisschen ein Flair", ein anderer. "Klein Venedig! Also mir gefällt's ganz gut."

Stadtbach wieder freigelegt

Es muss ja nicht gleich ein Canal Grande sein. Die Moosach ist nur ein Bach, der durch die Obere Hauptstraße fließt. So wie früher, bevor er im späten 19. Jahrhundert an immer mehr Stellen überwölbt wurde. Jetzt ist er wieder freigelegt. Am Ufer sind Sitzstufen. "Ich denk mir, da muss ich mich jetzt schnell hinhocken und schauen, wie es wirkt", sagt eine Fußgängerin. "Aber ich find's sehr, sehr positiv."

Die Freilegung der Moosach war umstritten. Die Gegner fürchteten etwa Probleme bei Hochwasser und Belastungen durch Ratten. Stadtbaumeisterin Barbara Schelle hat aber noch keine gesehen, wie sie versichert: "Ratten mögen ja das Licht gar nicht, sondern suchen die Dunkelheit. Und jetzt ist der Deckel weg, und es ist sehr hell. Die Moosach plätschert, und das ist ein wirklicher Gewinn. Man sieht, wie auch Kinder darin rumstapfen und Erwachsene, um sich die Füße zu kühlen, man isst da das Eis. Es gibt aber auch einen zweiten Punkt, weshalb dieses Gewässer diesen Raum aufwertet: Das kühlt ja auch und das ist ein sehr großer Pluspunkt für die Klima-Anpassung, die wir jetzt dringend brauchen."

Mehr Platz für Fußgänger

Die Hauptstraße durch die Freisinger Innenstadt ist so lang wie in München die Strecke vom Stachus zum Tal. Früher gehörte sie vor allem den Autofahrern. Links und rechts waren Gehwege entlang der mittelalterlichen Hausfassaden. Durch die Innenstadt-Sanierung sollten Fußgänger mehr Platz bekommen und auch der Einzelhandel profitieren. "Und das erreicht man durch mehr Aufenthaltsqualität", erklärt Barbara Schelle. "Und damit, dass man auch andere Dinge anbietet, weshalb die Leute in die Innenstadt gehen. Der Verkehr ist ein großes Thema: Wie geht man mit dem Durchgangsverkehr um? Weil die Innenstadt so gut liegt, dass es auch eine gute Abkürzung ist, um sich einige Ampeln zu sparen."

Der gesamte Bereich zwischen den Häuserzeilen ist jetzt niveaugleich gepflastert und verkehrsberuhigt. Autos sollen möglichst draußen bleiben, auch wenn das noch nicht in allen Köpfen angekommen ist. "Es geht nicht ohne Auto“, zeigt sich ein weiterer Passant verständnisvoll. "Die Oma, die zum Arzt muss, der Taxifahrer, der Lieferverkehr … Man muss immer etwas reintransportieren. Kein Thema. Aber diese Leute, die mit dem SUV vier Stunden vorm Kaffee stehen und da ihren Espresso schlürfen, das muss nicht sein. Da kann man auch einmal zu Fuß gehen. Ich find's traurig, wenn man eine Stadt renoviert und dann ist es wieder ein Parkplatz."

Auch der Einzelhandel floriert

Und die Geschäftsleute? Nützt die Umgestaltung ihnen nun? "Die Leute kommen, die Leute schätzen es und es ist schon eine positive Stimmung", sagt eine Ladenbesitzerin. "Aber die Bauzeit war natürlich horrend. Und das war wirklich eine lange Durststrecke für uns alle, für die Kunden, für uns Geschäftsleute."

Wirtschaftsreferentin Teresa Degelmann wünscht sich, dass sich das auch weit über Freising hinaus herumspricht. "Wir erhoffen uns natürlich auch mehr Touristinnen und Touristen aus ganz Bayern. Menschen, die am Wochenende zu uns kommen und hier die neue Qualität genießen an unserer eröffneten Moosach, die Geschäfte. Wir haben den Domberg, die Sanierung, die Erneuerung des Diözesan-Museums, die Kultur, wir haben den Lindenkeller und Weihenstephan. Es ist einfach das Gesamtkonzept, was Freising attraktiv macht."

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