Architektur (Symbolbild)
Bildrechte: picture alliance / Arcaid | Alistair Nicholls

Architektur (Symbolbild)

Per Mail sharen
Artikel mit Audio-InhaltenAudiobeitrag

Mit Bambus und Lehm: Architektur, die sich in die Natur einfügt

Seit dem Beginn des Tourismus in Bangladesch entstehen dort Ökoressorts aus Bambus und Lehm. Denn Lehm ist CO2-neutral und recyclebar. Und auch in der Hocharchitektur besinnt man sich wieder, dass Bauten keine Fremdkörper in der Natur sein müssen.

Über dieses Thema berichtet: Theo.Logik am .

Graue Betonhochhäuser, Bürotürme mit Glasfassade, die sich so aufheizen, dass man nur mit einer Klimaanlagen den Sommer übersteht. Viele Gebäude wirken beängstigend und abstoßend. Gute Architektur geht immer auch auf ihr Umfeld und auf die Landschaft ein und nutzt regionale Materialien. Welche Rolle spielt die Landschaft beim Entwurf von Gebäuden?

Architektur trägt bei, in einen Dialog zu treten

"Man kann die Leute erreichen mit Ästheik. Wir müssen Begeisterung schaffen", sagt der Däne Klaus Melbye, Direktor des Wattenmeerzentrums im dänischen Ribe. Das Wattenmeerzentrum liegt im Nationalpark Wattenmeer, in Dänemarks größtem Nationalpark. Das Bewusstsein für die Natur, die Einmaligkeit und Größe der Schöpfung, darauf liegt der Fokus im Museum. Über eine Million Zugvögel rasten hier oft monatelang. Im Wattenmeerzentrum werden alle Sinne angesprochen und auch die Architektur trägt dazu bei, in einen Dialog zu treten.

Das Museum ist vor einigen Jahren erbaut worden, ist nicht hoch, aber dafür schmiegt sich das lange Holzgebäude in die Wattenmeerlandschaft. Das Museum ist aus Holz und Lehm gebaut, mit einem Reetdach. Große Fensteröffnungen, ein Innenhof, der an ein Zen-Kloster erinnert, schaffen eine Verbindung zur Landschaft. "Das war sehr wichtig für uns, dass sich das Zentrum in Erdfarben an die Landschaft anpasst", sagt Klaus Melbye.

Wattenmeerzentrum passt sich mit Erdfarben an Landschaft an

Die dänische Architektin Dorte Mandrup ist bekannt dafür, dass ihre Bauwerke eng mit der Landschaft verzahnt sind. Mit der Landschaft im Dialog baut auch die in Bangladesch geborene und dort lebende Architektin Marina Tabassum. In der Hauptstadt Dhakar, in Amerika und England hat sie Architektur studiert. Ihre Werke reichen von Regierungsprojekten bis hin zum sozialen Wohnungsbau. Marina Tabassum ist immer auch auf der Suche nach einer ortsgebundenen Architektursprache. Architektur, die nicht mit Glas, Stahl und Beton protzt, sondern auf die Landschaft vor Ort eingeht. Sie verwendet deshalb gerne regionale Baumaterialien wie Lehm und Ziegel.

Im Architekturmuseum in München sind bis Juni noch Bauten von ihr in Modellen, Plänen und Fotografien ausgestellt. Andres Lepik, der Museumsleiter, hat die Architektin in Bangladesch besucht. "Bangladesch ist ein Land, das stark vom Wasser bestimmt wird. Das Bauen hängt an der Frage, wie geht man mit dem vielen Wasser um, das Flussbett verändert sich ständig. Deshalb ist Bauen immer nur temporäres Bauen, weil man wieder woanders hin siedeln muss. In dem Kontext spielt Architektur eine ganz andere Rolle als bei uns", erklärt Andres Lepik.

Architektur in Bangladesch stark vom Wasser geprägt

Ein Drittel des Landes ist höchstens ein Meter über dem Meeresspiegel, mit steigendem Wasser drängen Menschen in das Land hinein. Es zwingt sie zum Umsiedeln. In den ländlichen Bereichen ist sehr viel lokales Wissen über verschiedene Materialien vorhanden, wie Lehm, der dort die Hauptgrundlage fürs Bauen bildet. Dieser wird zu Ziegeln gebrannt, oder es werden kleine Häuser mit Stampflehm gemacht. "Das ist auch für uns spannend, weil getrockneter Lehm komplett CO2 neutral ist und wieder recycelt werden kann, im Gegensatz zu Beton", sagt Andres Lepik. Bangladesch habe mittlerweile auch den Tourismus als Wirtschaftszweig entdeckt. In den vergangenen Jahren sind etwa aus lokalen Materialien und Reetdächern Ökoressorts entstanden, die mit der Landschaft fast verschmelzen.

Marina Tabassum hat sich vor allem auf soziale Architektur spezialisiert und entwickelt für die ärmere Bevölkerung, aber auch für Geflüchtete Wohnlösungen. Dicke Bambusstäbe werden dabei ineinander gesteckt, so dass man besonders schnell Häuser bauen kann. Es ist ein modulares System. Die Häuser lassen sich also rasch abbauen, wenn sich der Flusslauf verändert oder die Menschen ziehen ins Dachgeschoss um, bis sich das Wasser zurückzieht. "Das hilft uns über unseren eigenen Ansatz des Bauens nachzudenken. Bauen muss sich wieder mehr auf die Natur beziehen. Wir sind gerade in einem Prozess des Umdenkens", sagt Andres Lepik.

"Man merkt, dass so ein Gebäude mit der Landschaft verschmilzt, mit diesen lokalen Traditionen und keinen Fremdkörper darstellt. Das findet jetzt auch immer mehr Aufmerksamkeit in der Hocharchitektur, in den hochpreisigen Architekturwelten", glaubt Andres Lepik. Da gebe es großes Interesse.

Sie interessieren sich für Themen rund um Religion, Kirche, Spiritualität und ethische Fragestellungen? Dann abonnieren Sie unseren Newsletter. Jeden Freitag die wichtigsten Meldungen der Woche direkt in Ihr Postfach. Hier geht's zur Anmeldung.