Drei Männer dehnen sich in der Hocke
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Es lebe die Skigymnastik!

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Fit für die Piste! Eine Kulturgeschichte der Ski-Gymnastik

"Hals- und Beinbruch": Wer heil unten ankommen will, sollte sich fit machen, bevor er sich in den Lift setzt. Eine Ausstellung in Ingolstadt erinnert an den Aufstieg des Skisports zum Massenphänomen und den Trendsport (Tele-) Ski-Gymnastik.

Über dieses Thema berichtet: Capriccio am .

Ski Heil! Was um 1890 als Freizeitvergnügen einiger Wagemutiger begann, ist in schon den 70er Jahren Massensport. Die Tourismusmanager in den Alpen begrüßten die neue Begeisterung für den Sport. Doch der Massenandrang zeigte bald seine Schattenseiten: Unfälle, Verletzte, nicht zu knapp. Das war kein Wunder: Früher sind nur fitte Sportler die Berge heruntergeflitzt, nämlich die, die sie auch erklommen haben. Jetzt wurden per Lift massenhaft Untrainierte nach oben transportiert, die irgendwie wieder herunterkommen mussten. Da konnte nur eines helfen, sich vorher fit machen für Skilaufen, mit Trockenübungen!

Das Medizinhistorische Museum Ingolstadt erzählt jetzt die Geschichte des Skisports und der Ski-Gymnastik in einer Ausstellung: "Hals- und Beinbruch! Fit für die Piste mit Ski-Gymnastik".

Ski-Gymnastik wird Trend

Wer elegant die Piste herunterwedeln und ohne Hals- und Beinbruch den winterlichen Spaß überstehen wollte, unterzog sich einem strengen Fitnessprogramm: Ski-Gymnastik wurde zur Trendsportart, selbst in den Schulsport gingen einige Trockenübungen ein. Der BR ergriff seine Chance, als Massenmedium jetzt auch die Massen in Bewegung zu setzten: Ab 1978 motivierte Teleskigymnastik ab September Millionen Zuschauer dazu, sich schon mal für den Winterspaß fit zu machen. Mindestens zweimal pro Woche sollte das Trainingsprogramm absolviert werden – möglichst im Rhythmus der Musik von Max Greger.

Mit dabei waren Christian Neureuther und Olympiasiegerin Rosi Mittermeier. "Skifahren ist ein Gesundheitssport und das hat Moderator Manfred von der Wühlbecke als erster aufgegriffen, und letztlich in die Breite gebracht, dass die Menschen gemerkt haben, ich muss was für meinen Körper tun, um gesund zu bleiben, um auch meinen Sport besser auszuüben," so Neureuther.

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Opener der Telegymnastik im BR: Sturz von Christian Neureuther und Rosi Mittermeier.

Immer exklusiver und teurer

Christian Neureuther macht noch heute, mit seinen 75 Jahren die "Abfahrtshocke", neben der "Schranzhocke" eine der kraftvollsten Trockenübungen. Im BR erinnert sich die Skilegende, wie es zu dem beliebten Opener der Sendung kam, dem spektakulären Sturz von ihm und Rosi Mittermaier: "Und dann fahr’ ich ihr hinten auf die Ski drauf und batsch machts und dann hats uns gschmissn und das war die Idealszene für die Teleskigymnastik, weil damit war der Opener gerettet."

Der Volkssport Skifahren hat unsere Gesellschaft verändert. Natürlich auch die Touristenorte in den Bergen. Mit der Zeit kommen immer mehr Bedenken, ob es nicht zu viel wird, mit dem ganzen Skizirkus. "Heute mit damals zu vergleichen ist nicht möglich. Wir leben im Klimawandel. Der Skisport hat sich total verändert. Er muss sich weiterhin verändern. Die Schneefallgrenze geht immer weiter nach oben, der Skisport wird auch immer exklusiver und teurer werden. Alles Trends, die ich gar nicht mag, weil ich am liebsten den Skisport bei den Kindern sehe. Wenn man sieht wie Kinder Skifahren lernen, die Begeisterung, der soziale Kontakt. Was sie auch an Koordinationsfähigkeiten lernen, das nehmen die ein Leben lang mit", so Christian Neureuther.

100 Jahre Ski, "Hals- und Beinbruch"

Die Ausstellung blickt auf die Geschichte des Volkssports Skilaufen zurück. Zahlreiche Film- und Hörstationen zeigen auf unterhaltsame Weise, wie man die Erkenntnisse der Sport- und Präventivmedizin in früheren Zeiten publikumswirksam vermittelte. Die Besuchenden können an einer Medienstation selbst testen, ob ihre Kondition für eine zweiminütige "Abfahrtshocke" ausreicht.

"Hals- und Beinbruch! Fit für die Piste mit Ski-Gymnastik": Die Ausstellung im Deutschen Medizinhistorischen Museum Ingolstadt läuft noch

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