Abrissschutt
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Rödersdorferstraße 28 in Bayreuth: Hier stand bis vor kurzem ein 1802 erbautes Fachwerkhaus, das lange ein begehrtes Postkartenmotiv war.

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"Abriss des Jahres 2023" ist ein Fachwerkhaus in Bayreuth

Der Bayerische Landesverein für Heimatpflege hat wieder eine Auswahl von Abrissen gesammelt und den "Sieger" gekürt. Wobei das eher ein Skandal als ein Sieg ist. Abgerissen wurde ein Fachwerkhaus, das als eines der schönsten in Oberfranken galt.

Über dieses Thema berichtet: Die Kultur am .

Das Fachwerkhaus in der Rödensdorferstraße in Bayreuth wurde 1802 gebaut und galt lange als eines der schönsten Fachwerkhäuser Oberfrankens. Ein beliebtes Postkartenmotiv – tatsächlich zierte es auch einige Karten und ging per Post um die Welt. Bis die Eigentümer es über Jahrzehnte verfallen ließen und die Behörden vor Ort trotz Eintragung als Baudenkmal nichts unternahmen.

Der Abriss ein "Systemversagen"

In der Presse wurde mehrmals über den "Denkmalfrevel in Bayreuth" berichtet. Es half nichts. Auch nicht der jahrelange Einsatz des Vereins "Rettet die Fachwerk- und Sandsteinhäuser! e.V.", der sogar ein Kaufangebot ausgesprochen hatte. Letztes Jahr wurde das Bauernhaus plattgemacht. Nun ist es der "Abriss des Jahres".

"Mit Rödensdorf Nr. 28 ist eines der schönsten Fachwerkhäuser im östlichen Oberfranken ohne Not zugrunde gegangen", sagt Professor Günter Dippold, stellvertretender Vorsitzender des Landesvereins und Bezirksheimatpfleger von Oberfranken. Das sei leider kein Einzelfall. Ein Eigentümer, der die Sozialverpflichtung von Eigentum nicht anerkennt, treffe auf Behörden, die über viele Jahre hinweg allzu nachsichtig und nachgiebig, wohl auch nachlässig waren. "Es handelt sich um ein echtes Systemversagen."

Das 1802 erbaute Fachwerkhaus im Bayreuther Stadtteil Rödensdorf wurde 2023 abgerissen: für den bayerischen Landesverein für Heimatpflege der "Abriss des Jahres".
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Das 1802 erbaute Fachwerkhaus in Bayreuth wurde 2023 abgerissen: für den bayerischen Landesverein für Heimatpflege der "Abriss des Jahres".

Umbaukultur gefordert

An zweiter Stelle unter den skandalösen Abrissen des Jahres steht für den Bayerischen Landesverein für Heimatpflege der sogenannte Opfertrakt der Heil- und Pflegeanstalt Erlangen. Die Nationalsozialisten hatten in diesem Gebäude viele Patienten auf sogenannten Hungerstationen getötet. "So schlimm es ist, was im Opfertrakt passiert ist, so wichtig wäre es gewesen, diesen als Erinnerung an die Verbrechen der Vergangenheit zu erhalten. Eine Schande, solch ein Mahnmal abzureißen", schrieb eine Einsenderin.

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Der Opfertrakt der Heil- und Pflegeanstalt Erlangen.

An dritter Stelle der Abrisse steht der Alte Güterbahnhof von Kulmbach. Mit den genannten Abrissen gehen nicht nur wichtige geschichtsträchtige und identitätsstiftende Gebäude verloren, sondern wird auch viel graue Energie verschwendet. "Wir brauchen nicht mehr eine Baukultur, sondern eine Umbaukultur", sagt Rudolf Neumaier, Geschäftsführer des Bayerischen Landesvereins für Heimatpflege. "Wir müssen erkennen, dass die Gebäude, die wir haben und gut ausschauen, die uns gut zu Gesicht stehen, dass die erhalten werden können und müssen."

"Abriss des Jahres"

Der Bayerische Landesverein für Heimatpflege hatte erneut zwölf Gebäudeabrisse – darunter vier Denkmäler – ausgewählt und auf seiner Website präsentiert. "Dass sich so viele Menschen beteiligt haben, zeigt, wie nahe ihnen diese Abrisse gehen. Mit diesen Gebäuden gehen mehr als nur die Tonnen an Baumaterial verloren, nämlich ein Stück gebaute Heimat", sagt Dr. Rudolf Neumaier, Geschäftsführer des Landesvereins. Letztes Jahr hatte bei der Aktion die Nürnberger Radrennbahn gewonnen. Das Verwaltungsgericht Ansbach stoppte den Abriss kurze Zeit später.

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