Schwarzes Gefäß mit Rissen in der Oberfläche, an dem weiße und blaue Glasur herunterrinnt
Bildrechte: BR / Julie Metzdorf

Keramikgefäß von Andrea Müller in Raku-Technik

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Große Hitze und ein wenig Magie: Der Brand in der Keramik-Kunst

Keramik wird im Ofen gebrannt. Der ist ein Ort der Alchemie und entzieht sich der vollständigen Kontrolle. Die "Galerie Handwerk" in München widmet dem Brand in der Keramik ihre aktuelle Ausstellung.

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

Die große Erzählung der Keramik spricht viel vom Ton: Wie da aus einem Klumpen batziger Lehmerde plötzlich ein Gefäß wird, groß und kraftvoll oder zart und filigran. Allein durch die Hand eines Menschen. Auch die Glasur bekommt viel Aufmerksamkeit, sie dichtet das Gefäß ab, macht es alltagstauglich, bringt Farbe und Glanz ins Spiel. Am Ende aber, wenn der Ton aufgearbeitet, die Formen geformt, die Glasur aufgetragen und alle Entscheidungen getroffen sind, übergibt der Keramiker das Stück dem Feuer. Flammen, Asche, Ruß und Luft gestalten die Oberfläche mit, die Hitze macht den Ton fest. Der Brand macht die Keramik, heißt es, und der Ofen macht den Brand.

Das Holz macht die Farbe

Die älteste Form ist der Holzbrand, bei dem die Keramik direkt in den Flammen steht. "Je nachdem, welches Holz man verfeuert", sagt Galerieleiterin Barbara Schmidt, "entstehen andere Mineralien und entsprechend entstehen andere Farben."

Beispielhaft für den Holzbrand sind die großen und kraftvollen Arbeiten von Nikolaus Steindlmüller. Er baut seine Stücke aus grobem Lehm voller Steinchen und Muscheln. Gebrannt werden die Stücke in einem Anagama-Ofen, den er selbst bei Prien am Chiemsee gebaut hat. Ursprünglich kommt die Ofenform aus Japan. Ein solcher Ofen ist groß wie ein Zimmer, mehrere Keramiker bestücken ihn gleichzeitig. Der Brand darin dauert mehrere Tage.

Gebrannte Muster aus Blättern und Gräsern

Gleich daneben Arbeiten der Französin Gaelle Virmont: kugel- und eiförmige Hohlkörper, glatt geschliffen und gewachst, glänzen sie wie Speckstein. Der Rest ist Malerei. Vor dem Brand bindet Gaelle Virmont Naturmaterialien um die Gefäße: Farne, Gräser, Blätter. Beim Verbrennen werden sie zu Farbe, wie kosmische Nebel ziehen sich die verschiedenen Nuancen über die Oberfläche. "Das ist ungeheuerlich, was da alles passiert", sagt Galerieleiterin Barbara Schmidt, "wie abstrakte Malerei".

Eine andere Technik ist das Raku-Verfahren. Die schwarzen Arbeiten von Andrea Müller zeigen Risse an der Oberfläche, dort, wo das glühende Gefäß mit Zangen angefasst wurde. Das Gefäß wird dafür mit Zangen in die größte Hitze gestellt. Wenn dann die Glasur zu schmelzen beginnt, holt man es wieder heraus, legt es in Tannennadeln oder Holzspäne, die ihrerseits zu brennen beginnen. Dadurch wird das Gefäß dann schwarz.

Moderne Technik und eine Ästhetik der Klarheit

Aber auch Gas- und Elektroöfen haben ihre Vorteile, hier lodern zwar keine Flammen im Inneren, dafür kann man in ihnen eine Ästhetik der Klarheit und Perfektion erzielen und bekommt wiederholbare Ergebnisse. Und auch hier kann gemalt werden. Beim sogenannten Kapselbrand werden die zu brennenden Stücke zunächst in Kisten, die Kapseln, gestellt. Die Ausstellung zeigt eine ganze Gruppe von Arbeiten von Dennis Demand, klassische Gebrauchskeramik in einfachen Formen, aber mit einer unglaublich lebendigen Oberfläche.

Holzbrand, Raku, Anagama oder Salzbrand leben vom Zufall. Doch dank ihrer Erfahrung und ihres Wissens können die Keramikerinnen und Keramiker diesen Zufall ein wenig steuern. Feuer, Holz, Gräser, Salz und Asche und die formenden Hände der Keramiker arbeiten zusammen und machen Keramik zu einem Gemeinschaftsprodukt von Natur und Mensch.

"Der Brand": Ausstellung bis 10. Februar in der Galerie Handwerk in München. Jeden Donnerstagabend finden Führungen statt. Am 25.1. gibt es einen Vortrag von Dennis Demand zu seinem Kapselbrand.

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