Konferenzzentrum in Montreal
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Weltnaturgipfel einigt sich auf Abschlusserklärung

Auf der Weltnaturkonferenz COP15 in Montreal haben sich die Teilnehmerländer auf ein Naturschutzabkommen geeinigt. Mindestens 30 Prozent der Land- und Meeresflächen sollen bis 2030 unter Schutz gestellt werden. Kritikern geht das nicht weit genug.

Über dieses Thema berichtet: BR24 Infoblock am .

Nach rund zweiwöchigen Verhandlungen haben sich die Teilnehmer des Weltnaturgipfels im kanadischen Montreal auf eine Abschlusserklärung geeinigt. Darin setzen sich die rund 200 Staaten unter anderem das Ziel, mindestens 30 Prozent der weltweiten Land- und Meeresflächen bis 2030 unter Schutz zu stellen.

Zudem sollen Entwicklungsländern jährlich 30 Milliarden Dollar (28 Milliarden Euro) für Naturschutz zur Verfügung gestellt werden. Bei der Konferenz hatten knapp 5.000 Delegierte aus 193 Ländern zwei Wochen lang um das Abkommen mit dem Namen "Kunming-Montréal" gerungen. Die chinesische Gipfelpräsidentschaft sprach von einem "historischen Moment". Der Vertrag soll ein Meilenstein vergleichbar mit dem Pariser Weltklima-Abkommen von 2015 sein.

Jubel nach Einigung

Nach der Verabschiedung brach bei der Plenarsitzung im Kongresszentrum in Montreal, die zuvor immer wieder zeitlich nach hinten verschoben worden war, Jubel aus.

Bundesumweltministerin Lemke würdigt Abkommen

Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) würdigte die Abschlusserklärung als Signal der Entschlossenheit. "Die Staatengemeinschaft hat sich dafür entschieden, das Artenaussterben endlich zu stoppen", betonte die Ministerin in Montreal. Der Beschluss spanne "einen Schutzschirm für unsere Lebensgrundlagen" auf. Die Gefährdung durch Pestizide werde bis 2030 halbiert und umweltschädliche Subventionen von 500 Milliarden Dollar pro Jahr abgebaut. "Heute ist ein guter Tag für den weltweiten Natur- und Umweltschutz", sagte die Grünen-Politikerin.

Der Direktor der Naturschutzorganisation "Campaign for Nature", Brian O'Donnell sagte, ein Naturschutzziel dieser Größenordnung sei noch nie beschlossen worden. "Damit haben wir eine Chance, die biologische Vielfalt vor dem Zusammenbruch zu bewahren", sagte er.

Geteilte Reaktionen von NGOs

Bei Vertretern von Nichtregierungsorganisationen stieß das Abkommen dagegen auf gemischte Reaktionen. "Es ist als Erfolg zu bezeichnen, dass nach zähen Verhandlungen der Vertragsstaaten überhaupt eine Vereinbarung zustande gekommen ist", so Jannes Stoppel von Greenpeace.

Es handele sich um ein "lückenhaftes, aber letztlich überraschend gutes Rahmenwerk", sagte Florian Titze vom Umweltverband "WWF Deutschland". Georg Schwede, ebenfalls von der Organisation "Campaign for Nature" sagte, das Abkommen biete die Chance, "die so dringend notwendige Trendwende zur Bewältigung der Biodiversitätskrise einzuleiten".

Kritiker: Zweifel an der Umsetzung

Einigen Kritikern gingen die Formulierungen zum Abbau oder zur Reform von Subventionen aber nicht weit genug. Sie monierten, das Dokument fordere lediglich, bis 2025 Subventionen zu benennen und dann bis 2030 an einer Verringerung zu arbeiten. "Es enthält einige starke Signale in Bezug auf Finanzen und biologische Vielfalt, geht aber nicht über die Ziele von vor zehn Jahren hinaus, wenn es darum geht, die Ursachen für den Verlust der biologischen Vielfalt in Branchen wie Landwirtschaft, Fischerei und Infrastruktur zu bekämpfen", sagte Andrew Deutz von der Organisation "The Nature Conservancy". Auch bestehe die Gefahr, dass es nicht vollständig umgesetzt werde.

Nabu: Welt rast auf Abgrund zu

Der Naturschutzbund Nabu reagiert mit Ernüchterung auf die Abschlusserklärung. Trotz inhaltlicher Fortschritte reiche die Vereinbarung nicht aus, um den Verlust der Artenvielfalt und von Ökosystemen zu stoppen oder umzukehren. "Die Welt rast in der Natur- und Klimakrise auf einen Abgrund zu", warnte Nabu-Präsident Jörg-Andreas Krüger. "Doch statt entschieden zu bremsen, geht sie lediglich etwas vom Gas."

Eine Million Arten von Ausrottung bedroht

Die Vernichtung der Artenvielfalt gilt als ähnlich große Bedrohung wie die Erderwärmung und steht häufig auch in Zusammenhang dazu. Das gilt etwa für die Vernichtung des Regenwaldes oder von Seegraswiesen. Derzeit sind mehr als eine Million Arten - vor allem Insekten - von der Ausrottung bedroht.

Die Arten verschwinden in einem Tempo, das es in den vergangenen zehn Millionen Jahren nicht gegeben hat. Dies gefährdet unter anderem die Entwicklung von Heilmitteln, die sich häufig auch auf die genetische Basis von Pflanzen- und Tierarten stützen. Ziel ist es, den Verlust der Arten bis 2030 zu stoppen.

Der 15. Weltnaturgipfel hätte ursprünglich schon 2020 in China stattfinden sollen, wurde dann aber wegen der anhaltenden pandemischen Lage dort verschoben und "zerteilt". Der erste Verhandlungsteil fand im vergangenen Oktober hauptsächlich online im chinesischen Kunming statt.

Mit Informationen von dpa, AP und AFP

Ob die Vereinbarungen der Weltnaturkonferenz im kanadischen Montreal eingehalten werden - viele Naturschutzverbände sind skeptisch.
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Ob die Vereinbarungen der Weltnaturkonferenz im kanadischen Montreal eingehalten werden - viele Naturschutzverbände sind skeptisch.

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