Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), spricht bei der Weltklimakonferenz COP27.
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Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), spricht bei der Weltklimakonferenz COP27.

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COP27: Scholz sagt ärmeren Staaten Millionen für Klimaschäden zu

Scholz verspricht bei der UN-Klimakonferenz neue Finanzmittel. Für die Bewältigung von Klimaschäden in ärmeren Ländern soll es 170 Millionen Euro geben. Derweil gehen die Mahnungen zu verstärkten Maßnahmen für die Eindämmung des Klimawandels weiter.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Rund 200 Länder diskutieren zurzeit in Ägypten auf der UN-Klimakonferenz - nach und nach ergeben sich Zusagen und weitere Forderungen. So hat Kanzler Olaf Scholz (SPD) 170 Millionen Euro für die Bewältigung klimabedingter Schäden in Entwicklungsländern zugesagt. Deutschland werde "die vom Klimawandel am schwersten betroffenen Länder gezielt im Umgang mit Verlusten und Schäden unterstützen", sagte er am Montag in seiner Rede vor dem Konferenzplenum. Daher stelle seine Regierung 170 Millionen Euro für die Klimarisiko-Finanzierung und den neuen Globalen Schutzschirm gegen Klimarisiken bereit.

Den auch als "Global Shield" bekannten Schutzschirm hatte Deutschland in diesem Jahr im Rahmen seiner G7-Präsidentschaft aus der Taufe gehoben. Darin sollen Aktivitäten im Bereich der Klimarisikoabsicherung und -vorsorge gebündelt werden.

Reaktionen auf Scholz' Ankündigung: "Tropfen auf den heißen Stein"

Die Klima-Expertin von Brot für die Welt, Sabine Minninger, nannte Scholz' 170-Millionen-Euro-Zusage "eine wichtige Maßnahme, um den ärmsten Menschen des Globalen Südens nach einem Wetterextremereignis schnell wieder auf die Beine zu helfen". Sie greife angesichts des Ausmaßes des Problems allerdings "zu kurz". Ähnlich äußerten sich die Hilfsorganisationen Care und die NGO Germanwatch, die von einem "Tropfen auf den heißen Stein" sprachen.

Scholz: Energiewende "sicherheitspolitischer Imperativ"

Außerdem stufte Scholz in Scharm el-Scheich den Umstieg von fossilen auf erneuerbare Energien als sicherheitspolitische Notwendigkeit ein. Russlands Krieg gegen die Ukraine habe der Welt vor Augen geführt, dass die Energiewende "nicht nur ein Gebot vorausschauender Klima-, Wirtschafts- und Umweltpolitik" sei, sondern "auch ein sicherheitspolitischer Imperativ". "Es darf keine weltweite Renaissance der fossilen Energien geben", appellierte Scholz an die Konferenzteilnehmer. "Und für Deutschland sage ich: Es wird sie auch nicht geben."

Scholz sagte, der Ukraine-Krieg habe Deutschland zwar dazu gezwungen, "für kurze Zeit notgedrungen auch wieder Kohlekraftwerke ans Netz zu nehmen". Seine Regierung stehe aber "fest zum Kohleausstieg" und habe daher erst vor wenigen Tagen "beschlossen, dass ein Teil unserer Kohlekraftwerke noch früher stillgelegt wird als ursprünglich geplant".

Klimakonferenz: Deutschland verdoppelt Gelder für Waldschutz

Darüber hinaus erhöht Deutschland im globalen Kampf gegen die Erderhitzung seinen Beitrag zum internationalen Waldschutz. Von einer soll er auf zwei Milliarden Euro steigen. Das zusätzliche Geld für den Zeitraum bis 2025 wird über das Bundesentwicklungsministerium bereitgestellt, wie das Ressort am Montag mitteilte.

"Diese Zusage ist ein starkes Zeichen der Solidarität, sowohl für die Weltklimakonferenz in Ägypten als auch für die Weltnaturkonferenz im Dezember in Kanada", erklärte Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) in Berlin. Wälder seien "Heimat für Tier- und Pflanzenarten, aber auch Lebensgrundlage von Menschen auf der ganzen Welt". Darum sei "Waldschutz auch Armutsbekämpfung", betonte Schulze.

Bilaterale Programme mit Partnerländern

Investiert werden die insgesamt zwei Milliarden Euro nach Angaben des Bundesentwicklungsministeriums zum größten Teil über bilaterale Programme mit Partnerländern wie Brasilien, Ecuador, Madagaskar oder Pakistan. So habe sich Pakistan das Ziel gesetzt, bis 2023 Waldlebensräume mit zehn Milliarden Bäumen wiederherzustellen. Finanziert werden zudem multilaterale Initiativen, wie die zentralafrikanische Waldinitiative CAFI und die Kongobecken-Waldpartnerschaft mit inzwischen 122 Partnern.

Seit 1990 gingen laut dem Ministerium schätzungsweise 420 Millionen Hektar Wald verloren, das entspricht ungefähr der Größe der Europäischen Union. Im vergangenen Jahr hatten sich daher bei der UN-Klimakonferenz in Glasgow rund 150 Länder, darunter Deutschland, zu dem Ziel bekannt, die Entwaldung und Landdegradierung bis 2030 zu stoppen.

  • Zum Artikel: "Weltklimakonferenz – Braucht es die Proteste?"

Scholz plant mehrere Treffen

Für Scholz stehen am Montagabend mehrere multilaterale Treffen an. Am Dienstag richtet er dann Veranstaltungen zum Thema klimabedingte Schäden und Verluste sowie zum sogenannten Klimaclub aus, der im Rahmen der deutschen G7-Präsidentschaft konzipiert wurde.

Außerdem trifft Scholz unter anderem den pakistanischen Regierungschef Shebaz Sharif, dessen Land in diesem Jahr Opfer schwerer Überschwemmungen wurde. UN-Generalsekretär António Guterres mahnte auf der Konferenz bereits massive Hilfe für Pakistan an. Darüber hinaus wählte er eindringliche Worte: "Wir sind auf einem Highway in die Klimahölle und haben den Fuß auf dem Gaspedal."

Macron: "Ära des Klimanotstands"

Mit Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron saß Scholz schon in Ägypten zusammen. Dieser sprach sich bei der Konferenz dafür aus, Länder mit besonders wichtigen Naturräumen wie Urwäldern oder Mangroven finanziell bei deren Schutz zu unterstützen. "Wir müssen dringend diesen Ökosystemen einen Sonderstatus zuerkennen und den Ländern, die sie beherbergen, politische und finanzielle Verträge anbieten, um ihnen bei deren Schutz zu helfen", sagte Macron am Montag in seiner Rede vor dem Plenum der sogenannten COP27.

Macron sagte überdies zu, für den Schutz solcher "entscheidenden Ökosysteme" ein Schutzprogramm aufzulegen. In seiner Rede verwies er außerdem darauf, dass die Welt in eine "Ära des Klimanotstands" eingetreten sei. Noch habe die internationale Gemeinschaft aber "die Möglichkeit, das Ausmaß der Erhitzung zu begrenzen, indem wir unsere Emissionen bis 2030 halbieren". Außerdem will er den Klimaschutz trotz des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine nicht vernachlässigen. "Wir werden unsere Klimaverpflichtungen nicht Russlands Energiedrohung opfern."

Globalisierungsexperte warnt vor Klimakatastrophe

Der Globalisierungsexperte Franz Josef Radermacher mahnte derweil eindrücklich Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawandels an. "Wir marschieren im Moment sehenden Auges auf eine Klimakatastrophe zu", sagte er bei BR24 im Fernsehen. Die EU müsse sich international beim Klimaschutz stärker einbringen, so seine Forderung. "Als einer der stärksten Teile der Welt engagieren wir uns international nur mit sehr bescheidenem Aufwand." Radermacher ist Mitglied im "Club of Rome", einer Denkfabrik, die sich für eine nachhaltige Zukunft der Menschheit einsetzt, Lösungen für globale Probleme sucht und auch UN-Generalsekretär António Guterres berät.

Radermacher kritisierte das "Green-Deal-Programm" der EU als nicht ausreichend. Zwar werde versucht, in der EU die CO2-Emissionen zu reduzieren. Nötig wäre jedoch, dass die EU sich auch anderswo engagiere. Nur bei uns einzusparen, helfe nicht, die Klimakatastrophe zu vermeiden. Notwendig sei eine Zusammenarbeit zwischen reicheren und ärmeren Ländern.

"Es müsste sehr viel Geld aus den reichen Ländern zur Vermeidung eines enormen CO2-Aufbaus in den armen Ländern fließen." Die reichen Länder jedoch weigerten sich, "ihr Geld muss zuhause bei ihnen bleiben", kritisierte der Experte. Schwierigkeiten bei globalen Transfers seien der tiefere Grund, weshalb man in der Klimafrage nicht weiterkomme. "Und da helfen im Kern diese internationalen Konferenzen nicht."

Mit Informationen von AFP und dpa

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