Annalena Baerbock (Buendnis 90/Die Gruenen), Bundesaussenministerin, und Tamim bin Hamad Al Thani, Emir von Katar,
Bildrechte: pa/dpa/photothek | Kira Hofmann

Annalena Baerbock (Buendnis 90/Die Gruenen), Bundesaussenministerin, und Tamim bin Hamad Al Thani, Emir von Katar,

Per Mail sharen
Artikel mit Audio-InhaltenAudiobeitrag

Gipfel zu Gaza-Krieg: Baerbock drängt auf Schutz von Zivilisten

Außenministerin Baerbock ruft zu mehr Hilfe für die Bevölkerung im Gazastreifen auf. Auf einem sogenannten Friedensgipfel in Kairo sagte sie, dass die Täter des Hamas-Terrors nicht für das palästinensische Volk sprächen, sondern nur für sich selbst.

Über dieses Thema berichtet: Nachrichten am .

Ein "Gipfel für den Frieden", etwa 300 Kilometer vom Gazastreifen entfernt: Mit wortgewaltigen Reden haben sich Spitzenpolitiker in Kairo für ein schnelles Ende des Gaza-Kriegs stark gemacht. Beim Gipfeltreffen auf Einladung Ägyptens gab es scharfe Kritik an Israels Angriffen im Gazastreifen wie auch am Terror der dort herrschenden islamistischen Hamas. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock forderte - wie auch andere europäische Vertreter - besseren Schutz von Zivilisten.

Hoffnung auf eine Entspannung gab es bei der Konferenz nicht. Israel war nicht eingeladen. Einige Hilfslieferungen für die notleidenden Menschen im Gazastreifen liefen derweil an, die schweren Kämpfe gingen dabei aber weiter.

Foto aus dem Konferenzraum.
Bildrechte: Bayerischer Rundfunk 2023
Artikel mit Video-InhaltenVideobeitrag

Foto aus dem Konferenzraum.

Baerbock: Zwischen Terroristen und Zivilbevölkerung unterscheiden

Auf der Konferenz rief Deutschlands Außenministerin Annalena Baerbock dazu auf, "jederzeit zwischen Terroristen und der Zivilbevölkerung zu unterscheiden." Der Kampf gegen die Hamas müsse mit größtmöglicher Rücksichtnahme auf die humanitäre Lage geführt werden, forderte die Ministerin. Die Grünen-Politikerin stellte dabei erneut klar: "Für Deutschland ist die Sicherheit des Staates Israel nicht verhandelbar." Auch EU-Ratspräsident Charles Michel sagte, Zivilisten und deren Infrastruktur im Gazastreifen müssten geschützt werden.

Jordaniens König: "Unsere Leben sind weniger wert als die anderer"

Doch für diesen Schutz passiert derzeit offenbar nicht genug. Das "unerbittliche Bombardement in Gaza" sei "auf jeder Ebene grausam und skrupellos", sagte Jordaniens König Abdullah II. "Es ist eine kollektive Strafe für eine belagerte und hilflose Bevölkerung. Es ist ein eklatanter Bruch des humanitären Völkerrechts. Es ist ein Kriegsverbrechen." Weil die Welt schweige, sei die Botschaft an die arabische Welt: "Palästinensische Leben sind weniger wert als israelische. Unsere Leben sind weniger wert als die anderer."

Ägyptens Präsident und Gastgeber Abdel Fattah al-Sisi versicherte, dass die Palästinensner ihr Land nicht verlassen wollen - "selbst wenn sie bombardiert werden". Sie würden bis zum Schluss ausharren, sagte auch Palästinenserpräsident Mahmud Abbas. "Wir werden niemals gehen. Wir werden niemals unser Land verlassen. Wir werden aufrecht auf unserem Land stehen bis zum Ende."

Vertreter vieler Staaten mahnen zum Frieden

An dem Gipfel nahmen Staats- und Regierungschefs der Nahostregion sowie Vertreter der UN und westlicher Staaten teil. Mit im großen Saal saßen auch EU-Ratspräsident Charles Michel sowie Außenminister aus Großbritannien, Frankreich, Kanada, der Türkei, Brasilien und anderen Staaten. Auch beim Treffen dabei war der Emir von Katar, Tamim bin Hamad Al Thani. Seit Jahren genießt Hamas-Chef Ismail Haniyya Unterschlupf im reichen Emirat.

Es sei die wohl schwierigste Situation seines "beruflichen, persönlichen oder politischen Lebens", sagte der britische Außenminister James Cleverly. Er habe die israelische Regierung zur Wahrung internationalen Rechts und zum Schutz von Zivilisten in dem Gebiet aufgerufen, so Cleverly. Die französische Außenministerin Catherine Colonna erklärte, ein humanitärer Korridor in den Gazastreifen könne Anlass eines Waffenstillstands sein.

Meloni: "Wir dürfen nicht in diese Falle tappen"

Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni warnte vor einer unüberwindlichen Spaltung von Israelis und Palästinensern und warb für eine Zweistaatenlösung. Die Geschehnisse im Gazastreifen dürften nicht "zu einem weit größeren Konflikt, einem religiösen Krieg, einem Kampf der Kulturen" werden, betonte Meloni in Kairo. Sie habe den Eindruck, dass die Hamas mit ihrem Großangriff auf Israel genau darauf abgezielt habe. "Wir dürfen nicht in diese Falle tappen", sagte Meloni.

Auch EU-Ratspräsident Michel sprach sich für eine Zweistaatenlösung aus: "Wir sind der Ansicht, dass auch die Stärkung der Palästinensischen Autonomiebehörde unterstützt werden muss, die den legitimen Bestrebungen des palästinensischen Volkes entspricht."

Lichtblick: Kurze Grenzöffnung in Rafah

Lediglich die Öffnung des Grenzübergangs Rafah für zwei oder drei Stunden war ein kurzer Lichtblick. Dort begannen von Ägypten aus erste Hilfslieferungen für die notleidende Zivilbevölkerung. Dem Ägyptischen Roten Halbmond zufolge kamen 20 Lastwagen vor allem mit Nahrungs- und Arzneimitteln über die Grenze. Es sind die ersten Lieferungen über Rafah seit Beginn des Krieges zwischen Israel und der Hamas vor zwei Wochen. Zuletzt hatten sich etwa 170 Lastwagen mit Versorgungsgütern auf ägyptischer Seite vor dem Übergang gestaut. Mehrere Länder wollen ihre Hilfsgelder für die Palästinenser aufstocken, auch Deutschland.

Karte: Übersicht des Gazastreifens

UN: Nichts kann den Hamas-Angriff rechtfertigen

UN-Generalsekretär António Guterres bezeichnete die Klagen der Palästinenser beim Gipfel als legitim. "Wir können und dürfen den größeren Kontext dieser tragischen Ereignisse nicht ignorieren: den langen Konflikt und 56 Jahre unter Besatzung, ohne ein Ende in Sicht", sagte Guterres. Im Gazastreifen ereigne sich derzeit eine "humanitäre Katastrophe", sagte Guterres und forderte ein weltweites "Handeln zur Beendigung dieses schrecklichen Albtraums". Es müsse "viel mehr" Hilfe für die 2,4 Millionen Bewohner des palästinensischen Gebietes geben. Die Menschen bräuchten eine "anhaltende Lieferung von Hilfe".

Nichts könne aber den "verwerflichen Angriff der Hamas rechtfertigen". Guterres forderte eine Feuerpause im Gazastreifen. Ziel sei humanitäre Hilfe für dortige Zivilisten, die Freilassung aller aus Israel entführten Geiseln und Bemühungen, die Gewalt einzudämmen.

Zeitstrahl: Geschichte der israelisch-palästinensischen Dauerkrise

Und, so der Generalsekretär, der Konflikt könne nur mit einer Zweistaatenlösung befriedet werden, einen für Israelis und einen für Palästinenser. "Die Zeit zum Handeln ist gekommen, handeln, um diesen schrecklichen Albtraum zu beenden", sagte er.

Im Video: Das Tunnelsystem der Hamas

Tunnel im Gaza-Streifen
Bildrechte: BR
Artikel mit Video-InhaltenVideobeitrag

Tunnel der Hamas

Mehr als 5.000 Tote und 200 Verschleppte

Die islamistische Hamas war am 7. Oktober mit Hunderten Terroristen in israelische Grenzorte eingedrungen und hatte ein Massaker mit 1.400 Todesopfern angerichtet. Gut 200 Menschen wurden als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt, darunter auch deutsche Staatsbürger. Israel verhängte nach den Hamas-Angriffen eine Blockade des Gazastreifens und bombardiert dort seither Ziele. Bei den Angriffen starben nach jüngsten Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums im Gazastreifen mindestens 4.385 Menschen. Die Zahlen können derzeit nicht unabhängig überprüft werden.

Mit Informationen von dpa, AFP und Reuters.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!