Übergabestation an der deutsch-polnischen Grenze
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Polen ohne russisches Gas - was heißt das für Deutschland?

Polen ohne russisches Gas - was heißt das für Deutschland?

Russland stoppt seine Gaslieferungen an Polen und Bulgarien. Aktuell spricht aber wenig dafür, dass auch Deutschland kurzfristig auf russisches Gas verzichten muss, kann oder will. Die wichtigsten Antworten.

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Kein russisches Gas mehr für Polen und Bulgarien - diese Nachricht sorgt seit Dienstagabend für Schlagzeilen. Schon ab diesem Mittwoch soll der Lieferstopp für die beiden osteuropäischen Länder gelten, am frühen Morgen lag der Gasdurchfluss durch die Jamal-Pipeline von Belarus nach Polen laut Medienberichten bei null Kilowattstunden.

Die Folgen dürften unterschiedlich sein. Polen kommt nach eigenen Angaben gut ohne russisches Erdgas aus. Die Regierung in Warschau hat die vergangenen Jahre genutzt, um perspektivisch unabhängig zu werden von den Importen aus Russland - auch mit einer geplanten Ostseepipeline aus Norwegen. Polens Liefervertrag mit dem russischen Konzern Gazprom läuft Ende 2022 aus.

Anders in Bulgarien: Das dortige Energieministerium signalisiert zwar Entspannung und teilt mit, man habe Schritte zur alternativen Gasversorgung unternommen. Allerdings ist Bulgarien beim Erdgas bisher fast vollständig abhängig von Russland.

Was heißt der Gas-Lieferstopp für Deutschland?

Weil Deutschland zuletzt zwar prozentual weniger, aber insgesamt weiter viel Erdgas aus Russland bezieht, stellen sich mit der neuen Provokation aus Moskau erneut Fragen für die Energieversorgung hierzulande. Wie voll sind die deutschen Gasspeicher? Ist es realistischer geworden, dass Russland die Lieferungen nach Deutschland ebenfalls stoppt - mit welchen Folgen? Und wie versuchen andere Staaten, unabhängig zu werden von Energieimporten aus einem Land, das in der Ukraine einen brutalen Angriffskrieg führt?

Klar ist jedenfalls: Vom Lieferstopp nach Polen ist die Gasversorgung hierzulande nicht unmittelbar betroffen. Die Jamal-Pipeline ist nur eine von insgesamt drei russischen Haupt-Gasleitungen Richtung Deutschland. Schon in den vergangenen Monaten waren die Gasflüsse durch diese Leitung laut Medienberichten regelmäßig niedrig oder sogar bei null.

Wie voll sind die Gasspeicher in Deutschland aktuell?

"Die Gasversorgung in Deutschland ist stabil", notiert die Bundesnetzagentur in ihrem aktuellen Lagebericht. Es seien keine Beeinträchtigungen der Gaslieferungen nach Deutschland zu verzeichnen, auch würden die Gasnetzbetreiber keine besonderen Vorkommnisse melden.

Den Angaben zufolge waren die Gasspeicher am vergangenen Sonntag (24.04.22) zu 33,4 Prozent gefüllt. Rund fünf Wochen vorher waren es 24,2 Prozent. Seither werden die Speicher langsam wieder aufgefüllt - auch als Reaktion auf den Ukraine-Krieg und das erklärte Ziel, so schnell wie möglich unabhängig von russischem Gas zu werden. In Polen sind die Speicher prozentual gesehen deutlich voller: Offiziellen Angaben zufolge liegt der Gas-Speicherstand dort bei 76 Prozent.

Gasverbrauch: Wie geht es weiter?

Vorerst weiterhin gilt in Deutschland die Frühwarnstufe des "Notfallplans Gas", die Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) Ende März ausgerufen hat. In einem täglich tagenden Krisenstab müssen Versorger und Betreiber der Gasleitungen seitdem regelmäßig die Lage für die Bundesregierung einschätzen. Der Staat greift aktuell aber noch nicht in den Gasmarkt ein.

Ohnehin dürften die kommenden Wochen und Monate eine Beruhigung bringen: Im Winter liegt der Gasverbrauch laut Bundesnetzagentur ungefähr achtmal höher als im Sommer. Weil deutlich weniger verbraucht wird, werden die Gasspeicher in den Sommermonaten aufgefüllt. Laut einer Vorgabe der Bundesregierung müssen die Speicher am 1. November zu mindestens 90 Prozent gefüllt sein. Unverändert sind alle Menschen in Deutschland angehalten, wo möglich Gas und Öl zu sparen. Aktuell ruft auch der ADAC zum Spritsparen auf.

Wie viel Gas bezieht Deutschland aus Russland?

Über die deutsche Energie-Abhängigkeit von Russland ist seit dem Beginn des Kriegs in der Ukraine viel diskutiert worden. In den vergangenen Jahren betrug der russische Anteil bei den Erdgas-Importen rund 55 Prozent. Nach Angaben Habecks sind es jetzt noch 35 Prozent, zuletzt war von 40 Prozent die Rede. Trotz dieses leichten Rückgangs sind sich die meisten Expertinnen und Experten einig: Stand jetzt ist die deutsche Gas-Abhängigkeit von Russland noch zu hoch, um einen Lieferstopp oder einen selbst gewählten Ausstieg wirtschaftlich einigermaßen unbeschadet zu überstehen.

Wie schnell man der Gas-Abhängigkeit entkommen kann, ist unklar: Wirtschaftsminister Habeck nennt rund zwei Jahre als Zeitfenster. Andere Vertreter der Bundesregierung sprechen weniger konkret von einem mittel- bis langfristigen Ziel. Helfen soll unter anderem Flüssiggas: Sogenannte LNG-Tanker und stationäre Terminals können die Abhängigkeit von Russland verringern. Aber die Umsetzung dauert - wohl mindestens drei oder vier Jahre. Klar ist, dass Deutschland auch weiter auf Gas-Importe angewiesen sein wird: Heimisches Gas deckt den Verbrauch höchstens zu etwa fünf Prozent ab.

  • Zum Artikel: Welche Folgen hätte ein sofortiger Gas-Lieferstopp aus Russland?

Welche Länder in Europa beziehen Gas aus Russland?

Viele europäische Staaten setzen bisher auf Gas aus Russland - mit ganz unterschiedlichen Abhängigkeiten. Laut der EU-Kommission betrug der russische Anteil am verbrauchten Gas vor zwei Jahren etwa in Finnland 94 Prozent. In Bosnien-Herzegowina waren es demnach sogar 100 Prozent. In Italien lag der Anteil bei 46 Prozent, in Frankreich bei 24 Prozent und in den Niederlanden bei 11 Prozent. Die Zahlen geben aber womöglich nicht den aktuellen Stand wieder - denn wie Deutschland haben auch andere Staaten auf den russischen Einmarsch in die Ukraine energiepolitisch reagiert.

Auch Österreich bezieht Gas aus Russland - Mitte März machte russisches Gas 80 Prozent des Gesamtbedarfs aus. Das Land ist laut seiner Energieministerin Leonore Gewessler vom aktuellen Gaslieferstopp nach Bulgarien und Polen nicht betroffen. Anzeichen, dass sich das ändern könnte, sieht die Grünen-Politikerin nicht. Die Zahlung an Gazprom würden in Euro getätigt, sagte Gewessler im ORF-Radio. Dieser Aspekt ist interessant - denn Russland hat den Lieferstopp für Polen und Bulgarien offiziell damit begründet, dass die Länder nicht in Rubel bezahlt hätten. Auch die Bundesregierung hat vor einigen Wochen erklärt, die Gaslieferungen weiter in Euro zu bezahlen.

Welche Forderungen stellt Russland für Gaslieferungen?

Ende März hatte Kremlchef Wladimir Putin gefordert, dass mit Wirkung zum 1. April westliche Staaten Konten bei der Gazprom-Bank eröffnen müssen, um russische Gaslieferungen zu bezahlen. Andernfalls würden die Lieferungen für die "unfreundlichen" Länder eingestellt. Die Summen, um die es geht, sind immens: Zuletzt zahlten die EU-Staaten Russland jeden Tag bis zu eine Milliarde Euro für die Lieferung von Gas, Öl und Kohle.

Nach einem von Putin unterzeichneten Dekret können die Zahlungen weiter in Euro oder Dollar auf das russische Konto eingezahlt werden. Die Gazprombank konvertiert das Geld in Rubel und überweist den Betrag in der russischen Währung an Gazprom. Bei einem Ausbleiben der Zahlungen würden die Lieferungen eingestellt, hatte Putin gedroht. Die Umstellung auf Rubel war eine Reaktion Moskaus auf westliche Sanktionen wegen Russlands Krieg gegen die Ukraine.

Welche Länder haben den Gas-Import selbst gestoppt?

Freiwillig auf russisches Gas verzichten, um bei der Energieversorgung unabhängig von Putin zu sein - für diesen Weg haben sich die baltischen Staaten entschieden. Seit dem 1. April fließt kein russisches Erdgas mehr nach Lettland, Estland und Litauen. Der litauische Präsident Gitanas Nauseda rief die anderen EU-Staaten auf, es dem Baltikum gleichzutun.

(mit Informationen von dpa, AFP und Reuters)

Katharina Dröge (Grüne) hat sich im Morgenmagazin zu einem möglichen Stopp der Gaslieferungen von Russland an Deutschland geäußert.
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Katharina Dröge (Grüne) hat sich im Morgenmagazin zu einem möglichen Stopp der Gaslieferungen von Russland an Deutschland geäußert.

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