Erhebung: Große regionale Unterschiede bei der Pflege
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Erhebung: Große regionale Unterschiede bei der Pflege

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Pflegereport: Heime in Ostbayern fallen durch Probleme auf

Pflegeheim ist nicht gleich Pflegeheim: in Deutschland gibt es große regionale Unterschiede bei der Qualität. Das zeigt der Pflegereport 2023 des AOK-Bundesverbands. In Bayern gibt es demnach vor allem im Grenzgebiet zu Tschechien Probleme.

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Was man sich als Laie schon gedacht hat, lässt sich jetzt auch ganz genau mit harten Zahlen belegen: Nicht alle Pflegeheime sind gleich gut. Der AOK-Bundesverband hat die Abrechnungsdaten von Pflege- und Krankenkassen ausgewertet, also geschaut, was wurde wo wie oft verschrieben oder behandelt.

Die Daten von 350.000 Menschen, die in Pflegeheimen wohnen, wurden untersucht. Und der daraus entstandene AOK-Pflegereport zeigt ziemlich deutliche regionale Unterschiede bei der Qualität der Pflege. Zum Beispiel, was die Versorgung dementer Patienten mit Flüssigkeit angeht. Wenn es dort Defizite gibt, kann das dazu führen, dass der Patient ins Krankenhaus eingewiesen werden muss.

Ostbayerische Kreise fallen wegen Pflege dementer Patienten auf

Und da - so sagt Antje Schwinger, eine der Autorinnen der Studie - sticht eine Region in Bayern besonders heraus: "Vier von 100 Pflegeheimbewohnenden haben im Bundesdurchschnitt solch eine Krankenhauseinweisung aufgrund von Dehydration. Wenn wir auf die 20 auffälligsten Kreise hier schauen, dann sehen wir an der tschechischen Grenze zum Beispiel: Bis zu 200 Prozent über dem, was wir statistisch erwarten würden, sehen wir dort an Einweisungsraten", berichtet Antje Schwinger.

Schwandorf, Cham, Regen, Freyung-Grafenau - sie alle lagen deutlich über dem Bundesschnitt, wie man online im "Qualitätsatlas Pflege" nachschauen kann. Dabei ist wichtig zu wissen, dass sie damit nicht allein waren, es gab bundesweit Kreise, die ganz ähnliche Quoten haben. Warum es aber zu dieser Ballung im bayerisch-tschechischen Grenzgebiet kommt, diese Frage beantwortet der Report nicht. Tatsächlich wurde nur der Ist-Zustand erhoben, die Gründe blieben außen vor. Fragt man trotzdem danach, kann auch Antje Schwinger nur spekulieren. Sie sagt, die Ursachen könnten ganz unterschiedlich sein: "Auf der Hand liegt natürlich immer: Ist es der Personalmangel? Aber natürlich auch die schlechte Verzahnung der pflegerischen und ärztlichen Versorgung."

Probleme auch in der häuslichen Pflege

Und Georg Sigl-Lehner, der Präsident der Vereinigung der Pflegenden in Bayern, sagt zum Thema Dehydration, er sei erstens sicher, dass das nicht nur in Ostbayern, sondern auch anderswo ein Problem sein könne - auch in der häuslichen Pflege -, und dass man sich zweitens der Verantwortung bewusst sei. "In Einrichtungen müsste man und hat man das Thema auf der Agenda. Das heißt: Es ist wesentlicher Bestandteil von der täglichen Versorgung, ausreichende Flüssigkeitszufuhr. Ich kann und darf nicht ausschließen, dass es im Einzelfall auch in Heimen zu Dehydrationen kommt. Aber noch mal: Es liegt in der Verantwortung des Personals, darauf zu achten. Ausschließen kann man es generell aber nicht."

In Ostdeutschland werden weniger Beruhigungsmittel verschrieben als im Westen

Ein anderer Befund des Pflegereports ist ein deutlicher Unterschied zwischen West und Ost bei der Verschreibung von Schlaf- und Beruhigungsmitteln an Heimbewohner: In den östlichen Bundesländern werden viel weniger derartige Medikamente gegeben als im Westen. Als Extrembeispiele kann man Teltow-Fläming in Brandenburg heranziehen: Dort werden gerade mal für zwei Prozent der Menschen, die in Heimen leben, dauerhaft Beruhigungs- und Schlafmittel verschrieben. Ganz im Westen dagegen, im saarländischen Kreis Merzig-Wadern, liegt diese Quote über 25 Prozent - also mehr als zehn Mal höher. Natürlich muss man fragen, woran das liegt. Der Bericht gibt keine Antwort, die Stiftung Patientenschutz hält es für möglich, dass unruhige Patienten im Osten eher fixiert, im Westen dagegen eher medikamentiert werden.

Bericht soll Diskussionen anstoßen, nicht Lösungen bieten

Was bleibt dann vom Pflegereport, wenn er zwar Missstände aufzeigt, aber weder nach den Gründen fragt noch echte Lösungsvorschläge macht? Es bleibt - so sagen die Autorinnen und Autoren - ein enorm wichtiger Datensatz, der Grundlagen schaffen kann für Diskussionen. Der Report sei eben nicht dafür gedacht, zum Beispiel bei der Suche nach dem richtigen Heim zu helfen, sagt Antje Schwinger, er richte sich an "die Pflegekassen, die Krankenkassen, die Kommune, die politisch Verantwortlichen dort. Und was können sie tun? Schauen Sie auf die Probleme, stellen Sie sich die Frage, was läuft bei uns anders als bei denen, bei denen es ja bessere Lösungen zu geben scheint."

Der Deutsche Pflegerat jedenfalls bilanziert, der Bericht zeige deutlich, dass die Zusammenarbeit zwischen Pflegenden, Ärzten und anderen Heilberufen verbessert werden müsse.

Pflege-Report 2023
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