Polizeikräfte sperren das Gebiet in Jacksonville ab, wo zuvor Schüsse gefallen sind.
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Polizeikräfte sperren das Gebiet in Jacksonville ab, wo zuvor Schüsse gefallen sind.

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Mehrere Tote: Rassistisch motivierter Amoklauf in den USA

In einem Laden in einem mehrheitlich von Schwarzen bewohnten Viertel von Jacksonville in den USA hat ein junger Mann um sich geschossen und drei Menschen getötet. Anschließend erschoss er sich selbst. Der Sheriff nennt Hass auf Schwarze als Tatmotiv.

Über dieses Thema berichtet: Bayern 2 am Sonntagvormittag am .

Ein maskierter weißer Mann, der von der Polizei inwischen als der 21-jährige Ryan P. identifiziert wurde, hat in einem Geschäft in Jacksonville im US-Staat Florida drei schwarze Menschen erschossen. Die Tat ereignete sich in dem mehrheitlich von Afroamerikanern bewohnten Viertel Newton, in das der mutmaßliche Schütze vom benachbarten Bezirk Clay County gefahren war, wo er bei seinen Eltern lebte, wie Sheriff T.K. Waters mitteilte. Der Mann nahm sich nach der Bluttat das Leben.

Der mutmaßliche Schütze habe Schriftstücke hinterlassen, die noch vor dem Angriff an Strafverfolgungsbehörden und an mindestens ein Medienhaus geschickt worden seien. "Er hasste schwarze Menschen", sagte Waters. Die Bundespolizei FBI leitete eine Untersuchung zu einem mutmaßlichen Hassverbrechen ein. Sowohl Präsident Joe Biden als auch Justizminister Merrick Garland wurden informiert.

Zwei Männer und eine Frau erschossen

Der Amoklauf ereignete sich am Samstagnachmittag (Ortszeit) vor und in einem Supermarkt. Vor dem Laden gab P. elf Schüsse durch die Windschutzscheibe eines Autos ab, in dem eine Frau saß. Die 52-Jährige war sofort tot. Ein anderes Todesopfer - einen 19 Jahre alten Marktangestellten - verfolgte der Schütze durch den Laden. Ein 29-jähriger Kunde wurde erschossen, als er mit seiner Freundin das Geschäft betrat. Zudem habe P. weitere Menschen in dem Laden zu treffen versucht, jedoch mehrmals daneben geschossen. Als Beamte das Geschäft stürmten, tötete der Schütze sich selbst.

Polizei findet das "Tagebuch eines Verrückten"

Während der Tat schrieb P. eine Textnachricht an seinen Vater, in der er ihn aufforderte, seine Zimmertür aufzubrechen, wie der Sheriff mitteilte. Der Vater fand dort einen Abschiedsbrief, ein Testament und Texte und verständigte die Polizei.

Sheriff Waters bezeichnete die gefundenen Schriften als rassistisch, sie seien das "Tagebuch eines Verrückten": "Er war einfach völlig irrational. Aber trotz seiner irrationalen Gedanken wusste er, was er tat. Er war zu 100 Prozent klar."

Wollte der zuerst auf ein Campusgelände?

Der Tatort befindet sich in der Nähe der Edward Waters University, einer traditionell von Schwarzen besuchten kleinen Hochschule. Dort hatte der Tatverdächtige offenbar zuerst seinen Wagen geparkt, die Polizei verneinte jedoch die These, dass er ursprünglich vorgehabt haben könnte, an der Universität zuzuschlagen.

Als ein Mitglied des Sicherheitspersonals den mutmaßlichen Schützen aufgefordert habe, sich zu identifizieren, habe sich der junge Mann geweigert und sei deshalb gebeten worden, den Campus zu verlassen. Er sei daraufhin zu seinem Auto zurückgelaufen. Ehe er das Gelände verlassen habe, sei er noch dabei beobachtet worden, wie er seine Weste und eine Maske anzog und ein TikTik-Video von sich aufnahm.

Datum scheinbar bewusst ausgewählt

Der mutmaßliche Schütze habe allein gehandelt, sagte der Sheriff. Es gebe keine Hinweise, dass der Verdächtige zu einer größeren Gruppe gehört habe. Seine Schriftstücke ließen bei Ermittlern den Schluss zu, dass er bewusst am fünften Jahrestag einer Bluttat während eines Videospiel-Wettbewerbs in Jacksonville zugeschlagen habe. Am 26. August 2018 hatte ein junger Mann bei jenem Gaming-Event das Feuer eröffnet und zwei Menschen getötet, ehe er sich selbst richtete.

Die Bluttat von Jacksonville trug sich zudem einige Stunden vor dem Ende einer Großkundgebung zum 60. Jahrestag des vom Bürgerrechtler Martin Luther King angeführten Marschs auf Washington am 28. August 1963 zu. Damals strömten bis zu 250.000 Menschen auf die National Mall in der US-Hauptstadt, um die Gleichberechtigung von Schwarzen einzufordern. King hielt seine legendäre Rede "I have a Dream".

Der Täter kaufte seine Waffen legal

Inzwischen teilten die Behörden mit, dass Ryan P. seine Waffen in den vergangenen Monaten legal gekauft habe, obwohl er 2017 wegen eines Falles von häuslicher Gewalt für eine psychiatrische Untersuchung in eine Klinik eingewiesen worden war. Nach Angaben von Sheriff T.K. Waters benutzte der junge Mann ein halbautomatisches AR-15-Gewehr und eine Glock-Pistole.

Die Verkäufer der Waffen hätten zuvor alle vorgeschriebenen Verfahren eingehalten. Da P. nach seiner Untersuchung wieder entlassen wurde, sei seine Einweisung bei der Hintergrundüberprüfung nicht aufgefallen, wie Sheriff Waters sagte: "Darin liegt das Problem. Wenn eine Person mit hasserfüllten Absichten nach einer Waffe greift, ist es sehr schwierig, so etwas zu verhindern", erklärte er.

Buhrufe gegen den Gouverneur

Floridas republikanischer Gouverneur Ron DeSantis, unter dem das Waffenrecht in dem Staat gelockert wurde, wurde am Abend bei einer Totenwache für die Opfer in Jacksonville mit lauten Buhrufen bedacht. Stadträtin Ju'Coby Pittman schritt ein und mahnte die Menge zur Ruhe. "Es geht heute nicht um Parteien", sagte sie: "Eine Kugel kennt keine Partei."

DeSantis kündigte Unterstützung für die Opferfamilien und staatliche Finanzhilfen für Sicherheitsmaßnahmen in der Edward Waters University an. Den Schützen bezeichnete der Gouverneur als "Top-Liga-Dreckskerl". Man werde nicht zulassen, dass Menschen in Florida wegen ihrer Ethnie ins Visier genommen würden.

Biden: Ideologie einer weißen Überlegenheit hat keinen Platz in den USA

Präsident Joe Biden mahnte mit Blick auf den Fall, die Bürger müssten klar und entschlossen betonen, dass die Ideologie einer Überlegenheit der Weißen keinen Platz in Amerika habe. "Wir müssen uns weigern, in einem Land zu leben, wo schwarze Familien, die zum Geschäft gehen, oder schwarze Studierende, die zur Hochschule gehen, in Furcht leben müssen, wegen ihrer Hautfarbe niedergeschossen zu werden", hieß es in der Erklärung Bidens vom Sonntag.

Kritiker warnen vor Attacken auf die "Wokeness"

Kritiker verwiesen unter dem Eindruck des Vorfalls in Jacksonville auf gesellschaftspolitische Entscheidungen der republikanischen Regierung Floridas unter DeSantis, etwa jene, die Lehre von schwarzer Geschichte in den Schulen des Staates einzuschränken. "Wir können nicht tatenlos zusehen, wie unsere Geschichte ausgelöscht wird, wie unsere Leben entwertet werden, wie Wokeness attackiert wird", sagte Angie Nixon, eine demokratische Abgeordnete im Repräsentantenhaus von Florida.

Die tödlichen Schüsse in Jacksonville weckten Erinnerungen an frühere Hassverbrechen an schwarzen US-Bürgern. Im Mai 2022 tötete ein weißer Jugendlicher aus rassistischen Motiven in einem Supermarkt in Buffalo im Staat New York zehn Menschen. Im Juni 2015 erschoss ein ebenfalls junger Weißer während einer Bibelstunde in einer mehrheitlich von Afroamerikanern besuchten Episkopalkirche in Charleston im Staat South Carolina neun Menschen.

Mit Informationen von AP

Im Audio: Gedenken auf Martin Luther Kings "I have a dream"-Rede

Der US-Bürgerrechtler Martin Luther King winkt bei einer Kundgebung von der Lincoln-Gedächtnisstätte in Washington aus seinen Anhängern zu (
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