Sieht sich mit Vetternwirtschaft-Vorwurf konfrontiert: Robert Habeck
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Robert Habeck, grüner Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz

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Postenschacher bei den Grünen: Ämter für Familie und Freunde

Die umstrittene Postenvergabe bei der Deutschen Energieagentur lastet schwer auf Wirtschaftsminister Habeck und den Grünen. Zwar ist der Minister um Aufklärung bemüht, aber der Fall könnte der Partei noch einige Probleme bereiten. Eine Analyse.

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Es sind keine einfachen Zeiten für die Grünen: Von vielen werden sie als Verbotspartei und Moralapostel beschimpft. Obendrein kommt nun eine Personalentscheidung, die für Irritationen sorgt und dem grünen Wirtschaftsminister Robert Habeck Kritik und Häme beschert. Es geht um die Besetzung des Geschäftsführerpostens bei der bundeseigenen Deutschen Energie-Agentur (Dena); eingefädelt unter anderen von Staatssekretär Patrick Graichen, einem der wichtigsten Mitarbeiter Habecks.

CDU fordert Entlassung von Staatssekretär Graichen

Graichen war daran beteiligt, seinem engen Vertrauten Michael Schäfer den Spitzenposten bei der Dena zu verschaffen. Pikanterweise war Schäfer auch noch Graichens Trauzeuge. Seitdem ist von Vetternwirtschaft bei den Grünen und einem "Gschmäckle" die Rede.

Die CDU sieht das Bundeswirtschaftsministerium zu einer "grüne Krake" verkommen. Entsprechend hat sich Generalsekretär Mario Czaja in der Bild-Zeitung geäußert. Er fordert die Entlassung Graichens. Für Habeck wäre das ein großer Verlust, laufen doch bei seinem Staatssekretär im Wirtschaftsministerium die Fäden zum Thema Energiewende zusammen. Graichen ist unter anderem zuständig für die umstrittenen Heizungspläne.

Grüne sind bei Energiethemen Antreiber in der Ampelkoalition

Stichwort Energiewende: Hier sind die Grünen der Antreiber in der Ampelkoalition. Beim Klimaschutz, insbesondere in den Bereichen Wirtschaft, Verkehr und Bauen wollen sie Tempo machen und fühlen sich ausgebremst von SPD und FDP. Mit ihren ungeliebten Plänen zum Heizungswechsel beispielsweise verunsichern sie aber auch Millionen Vermieter und Hausbesitzer. Es entsteht der Eindruck, dass das Wirtschafts- und Klimaministerium von Robert Habeck in einer Blase agiert und den Kontakt zu den Bürgern verloren hat.

In diesen turbulenten Zeiten durfte sich Minister Habeck vergangene Woche immerhin über den 1. "Energieküste"-Award freuen - einen symbolischen Preis für seinen Einsatz für die Energiewende. Überreicht wurde ihm der Preis ausgerechnet von seinem Bruder Hinrich. Der ist Chef der Wirtschaftsförderung und Technologie Transfer Schleswig-Holstein (WTSH), die unter anderem von der schwarz-grünen Kieler Landesregierung finanziert wird. Kritiker werfen dem Minister inzwischen mangelnden Instinkt und den Grünen Abgehobenheit vor.

Grüne verlieren in Umfragen an Zustimmung

Dementsprechend die Umfragewerte: Aktuell liegen die Grünen bei etwa 15 Prozent – und damit etwa gleichauf oder knapp hinter der AfD. Wobei die umstrittene Postenvergabe in den jüngsten Umfragen noch gar nicht eingepreist ist. In den ostdeutschen Bundesländern sieht die Lage für die Grünen noch düsterer aus. Hier schafft es die Partei laut aktuellen Umfragen kaum in den zweistelligen Bereich. Nach den Höhenflügen im letzten Jahr dürfte das bei den Parteistrategen für Unruhe sorgen – auch und gerade mit Blick auf die Landtagswahlen im nächsten Jahr in Brandenburg, Sachsen und Thüringen.

Familiäre Verflechtungen beschränken sich bei den Grünen allerdings nicht nur auf den Dena-Fall. Graichens Schwester Verena ist mit dem Wirtschaftsstaatssekretär Michael Kellner verheiratet und arbeitet im Ökoinstitut, ebenso wie ein weiterer Bruder Graichens. Dass hier Interessenskonflikte möglich sind, liegt nahe. Schließlich liefert das Ökoinstitut auch Gutachten für das Bundeswirtschaftsministerium.

Habeck räumt Fehler ein und verspricht Aufklärung

Minister Habeck hat bereits kurz nach Bekanntwerden der Angelegenheit Fehler eingeräumt und ist um Aufklärung bemüht. Sein Ministerium teilte mit, dass das Auswahlverfahren für den Dena-Spitzenposten wegen möglicher Befangenheit überprüft und gegebenenfalls neu aufgesetzt werde. Auch der Koalitionspartner FDP fordert Transparenz. Jeder Anschein von Vorteilsnahme und Vetternwirtschaft müsse ausgeräumt werden, mahnte Reinhard Houben von der FDP.

Video: "Trauzeugen-Affäre" um Staatssekretär Graichen

Sieht sich mit Vetternwirtschaft-Vorwurf konfrontiert: Robert Habeck
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