Süßigkeiten wie Bonbons, Schokolade, Gummibärchen und Donuts liegen durcheinander auf einem Tisch (Symbolbild)
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Ungesunde Lebensmittel sollen künftig weniger beworben werden dürfen

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Kinderschutz: Özdemir schwächt Werbeverbot für Ungesundes ab

Seit Monaten diskutiert die Ampel über Werbeverbote für ungesunde Lebensmittel, um Kinder zu schützen. Landwirtschaftsminister Özdemir hat das Gesetzesvorhaben nun entschärft. Ob der FDP die Änderungen ausreichen, ist fraglich.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Der Schokoriegel gegen den kleinen Hunger, die bunten Frühstücksflocken für Kinder – Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) will Werbung für ungesunde Lebensmittel im Umfeld von Kindern verbieten. Einen ersten Entwurf fürs Gesetz hat er bereits Ende Februar vorgelegt, doch seitdem hängt der in der Abstimmung mit anderen Ministerien.

Der FDP gehen die Vorschläge viel zu weit. Özdemir hat seinen Gesetzentwurf nun abgeschwächt. Das Ministerium habe "Anregungen und Kritik einfließen lassen" und den Entwurf "entsprechend präzisiert", sagte der Grünen-Politiker der "Rheinischen Post". Doch das Grundsatzproblem des Streits bleibt.

Werbeverbot zwischen 17 und 22 Uhr

Eine Änderung des Gesetzesvorhabens ist demnach: Werbung für Ungesundes soll im Fernsehen und beim Streaming werktags zwischen 17 und 22 Uhr verboten sein, da in diesem Zeitfenster besonders viele Kinder vor dem Fernseher sitzen würden. Samstag und Sonntag soll das Zeitfenster für das Verbot noch größer sein. Der bisherige Gesetzentwurf sah vor, diese Werbung fast den ganzen Tag - nämlich zwischen 6 und 23 Uhr - zu verbieten.

Außerdem ist weiterhin eine Bannmeile für Plakatwerbung geplant, also 100 Meter rund um alle Orte, die Kinder regelmäßig aufsuchen. Die soll jetzt nur noch rund um Schulen und Kitas kommen, nicht mehr aber zum Beispiel rund um Spielplätze.

Naturjoghurt kann doch beworben werden

Auch bei den Kriterien, welche Lebensmittel unter das Verbot fallen, macht Özdemir Zugeständnisse. Insgesamt orientiert sich der Gesetzentwurf dabei am Nährwertprofil der Weltgesundheitsorganisation, das strenge Höchstgrenzen beim Zucker-, Salz- und Fettgehalt vorsieht. Bisher hätte demnach für Vollfett-Joghurt und griechischen Joghurt in den oben beschriebenen Zeiten nicht mehr geworben werden können, weil der Fettgehalt zu hoch ist. Für ungesüßten Joghurt soll es jetzt keine Beschränkungen mehr geben.

Bei Milch und Fruchtsäften galten auch bisher schon Ausnahmen. Allerdings: Butter und der meiste Käse würde Stand jetzt weiter unter die Verbotsregeln fallen. Ebenso wie Süßigkeiten, Chips und süße Getränke.

Streit in der Ampel

Insgesamt dürften die Regeln dennoch weiterhin weit über das hinausgehen, was die FDP mittragen will. Im Kern geht es um einen Streit darüber, wie die Vereinbarung im Koalitionsvertrag zu verstehen ist. Da hatten sich die Ampelparteien bereits auf ein Werbeverbot "für an Kinder gerichtete Werbung" geeinigt. Was darunter zu verstehen ist, darüber wird diskutiert.

Die FDP sagt, damit ist nur Werbung gemeint, die sich direkt an Kinder richtet, wie zum Beispiel mit Comicfiguren und Werbung bei Kindersendungen sowie in Kinderzeitschriften. Die Grünen argumentieren, dass immer dort, wo Kinder mitschauen, zum Beispiel bei Familienfilmen, die Werbung auch mit an Kinder gerichtet ist.

Lebensmittelverband und Werbeindustrie fürchten Nachteile

In Deutschland sind 15 Prozent der Kinder übergewichtig. Mitverantwortlich dafür sehen Gesundheitsexperten und Verbraucherschützer die Werbung für Ungesundes. Kinder sehen laut einer Studie im Schnitt täglich 15 Werbespots und Anzeigen für Lebensmittel mit hohem Zucker-, Fett- und Salzgehalt.

Lebensmittelverband und Werbeverband (ZAW) zweifeln daran, dass Werbeverbote einen positiven Effekt auf das Ernährungsverhalten haben und dazu beitragen, Übergewicht bei Kindern zu verringern. Sie fürchten eine massive Überregulierung und Nachteile für den TV-Markt. Nahrungsmittelhersteller würden 80 Prozent ihrer Werbemittel im TV-Markt investieren. Die Verbotspolitik nähme in Kauf, "die Refinanzierung von Medien und Sport weitgehend zu beschädigen", sagte ZAW-Präsident Andreas Schubert bereits im Februar.

Ein konstruktiver Austausch mit dem Ministerium fände leider nicht statt, so das ZAW nun BR24 gegenüber. Man kenne die Vorschläge lediglich aus der Presse. "Soweit wir das sehen, bleibt das Ministerium bei einem völlig überschießenden Werbeverbot für 70 bis 80 Prozent aller Lebensmittelprodukte. Solch ein Eingriff in die Kommunikation der Unternehmen hätte unverantwortliche negative Folgen für den Wettbewerb und die Medienvielfalt ohne Einfluss auf die reale Ernährung von Kindern. Diese wird von den Eltern und heutzutage mehr als früher von staatlichen Stellen in Kita und Schule bestimmt."

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