Landwirt im Rinderstall: Mann hält die Kette eines Tieres.
Bildrechte: BR / Allgaier

Martin Rothmayr will einen modernen Laufstall für seine Tiere bauen. Das Landwirtschaftsministerium aber zweifelt an der Wirtschaftlichkeit.

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Ärger mit dem Amt – Keine Förderung für Tierwohl-Stall

Die Anbindehaltung bei Rindern soll verboten werden. Viele Landwirte müssen neu oder umbauen. Weil ein Kuhstall viel Geld kostet, gibt es eine staatliche Förderung. Doch nicht jeder kommt in den Genuss. Ein Beispiel aus Sonthofen im Allgäu.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Schwaben am .

Eine rote Fahne baumelt am Fahrradgepäckträger, mit einem Stock klopft Martin Rothmayr immer wieder die Straße. Er treibt seine elf Kühe vom Stall auf die Weide. Das Braunvieh läuft mitten durch den Sonthofener Ortsteil Altstädten und muss sogar über ein Bahngleis. Gut eine dreiviertel Stunde sind der Nebenerwerbslandwirt und seine Frau jeden Tag unterwegs. Deshalb würden sie gerne in der Nähe der Weide einen neuen Stall bauen. "Das würde uns natürlich viel Zeit sparen und unsere Tiere hätten weniger Klauenprobleme, wenn sie nicht auf der Teerstraße laufen müssten", sagt Rothmayr.

Alter Stall lässt sich nicht umbauen

Ein moderner Laufstall soll den Anbindestall ersetzen. Denn der ist schon über 110 Jahre alt. "Heutzutage sind die Kühe größer und der Boden ist fast ein bisschen zu kurz, damit sie gut liegen können. Ein Ausbau des Stalls wäre wegen statischer Probleme schwer möglich", sagt der Milchviehhalter. Außerdem hätte er auf seinem Hof gar nicht genug Platz, weil die Tiere auch raus ins Freie sollen. Den neuen Stall plant er für 24 Kühe und bislang sah es eigentlich gut aus. "Wir hatten den Plan mit dem Landwirtschaftsamt gemacht und ihn noch mal für Kühe mit Hörnern geändert, dass der Stall breiter wird. Aber jetzt scheitert es an der Bewilligung des Zuschusses."

Mehr Geld fürs Tierwohl

Das bayerische Agrarinvestitionsförderprogramm, kurz AFP, stellt Landwirten eine Unterstützung von bis zu 40 Prozent für zuwendungsfähige Nettoausgaben in Aussicht. Die Obergrenze wurde erst dieses Jahr von 800.000 Euro auf 1,2 Millionen Euro angehoben. Das Programm für Investitionen in Tierwohlställe speist sich aus Mitteln der EU, des Bundes und des Freistaats. In Bayern steht jedes Jahr ein Etat von 70 bis 80 Millionen Euro zur Verfügung, mit dem rund 400 Maßnahmen gefördert werden. Der Höchstbetrag liegt bei 480.000 Euro je Projekt.

Ohne Zuschuss kein Darlehen

Rothmayr hofft auf eine Unterstützung von rund 240.000 Euro, denn ohne diese Summe wird es finanziell nicht klappen. Seine Bank möchte Sicherheiten, schließlich kostet der neue Stall über eine Million Euro. Viel Arbeit, Zeit und auch Geld hatte Rothmayr bereits in die Planung gesteckt, doch das Landwirtschaftsamt lehnte seinen Antrag ab, woraufhin der Landwirt Widerspruch einlegte. Er wünscht sich, die Akten der Behörde einsehen zu dürfen. "Das Problem ist, dass mir die Zeit davonläuft. Der Stall muss bis Ende 2024 melkfertig sein, sonst klappt es nicht mehr mit der Förderung", so Rothmayr. Doch woran hakt es?

Welche Kriterien gelten für eine Förderung?

Das zuständige Landwirtschaftsamt in Kempten verweist auf BR-Anfrage an die Staatliche Führungsakademie in Landshut und die wiederum an das Bayerische Landwirtschaftsministerium. Konkrete Auskünfte zum Fall in Sonthofen gibt es nicht. Referatsleiter Gerhard Brandmaier betont aber, dass generell neun von zehn gestellten Förderanträgen für Stallbauten bewilligt werden. Landwirte müssten allerdings bestimmte Kriterien erfüllen. Der häufigste Grund für eine Ablehnung sind fehlende Unterlagen, etwa wenn keine Baugenehmigung vorliegt. Es komme aber auch auf die Wirtschaftlichkeit an. "Es geht hier um Steuergelder und die Ämter müssen gemäß Haushaltsrecht genau prüfen. Aber wir wollen die Betriebe auch nicht in ein Vorhaben hineinberaten, wo wir sagen, das ist zum Scheitern verurteilt oder finanziell auf Kante genäht."

Streit mit Amt über Betriebsergebnis

Martin Rothmayr glaubt, dass das Landwirtschaftsamt den Gewinn seines künftigen Stalls schlicht zu niedrig ansetzt. "Wir bekommen für unsere Heumilch fast 52 Cent, das Amt geht von 44 Cent für den Liter aus", sagt Rothmayr. Auch bei der Milchmenge und dem Einsatz der Futtermittel gebe es unterschiedliche Ansichten. Das Amt wolle ihm nicht glauben, dass seine Tiere maximal ein Kilo Kraftfutter am Tag bekommen und sonst nur Heu und Gras fressen, so der Landwirt.

Verbot der Anbindehaltung in wenigen Jahren

Er sorgt sich, wie es mit seinem Hof weitergehen wird. Denn die Bundesregierung hat angekündigt, die Anbindehaltung spätestens 2031 zu verbieten, möglicherweise auch schon 2028. Zwar gibt es Überlegungen, die sogenannte Kombinationshaltung, bei der die Kühe im Winter im Stall und im Sommer auf der Weide sind, weiterhin zu erlauben. Doch gesetzlich beschlossen ist noch nichts, die Lage ist unklar. Auch seitens der Molkereien und des Lebensmitteleinzelhandels wächst der Druck. Schon jetzt verbannen manche Supermärkte Milch aus Anbindehaltung, die bei einigen auch die Kombihaltung umfasst, aus den Regalen. "Ich möchte nicht, dass unser Hof aufgelöst wird. Es hat immer Spaß gemacht mit den Tieren, deshalb möchte ich ihn gerne mal übernehmen", sagt Martin Rothmayrs Sohn Benedikt.

Inzwischen deutlich weniger Kühe in Bayern

Die Zahl der Halter von Milchkühen ist in Bayern stark rückläufig: Das zeigen aktuelle Zahlen des Landesamts für Statistik. Gab es im vergangenen Jahr noch rund 24.600 Haltungen im Freistaat, so sind es dieses Jahr nur noch rund 23.700. In etwas mehr als der Hälfte der bayerischen Betriebe gibt es noch Anbindehaltung. In den meisten dieser Höfe wiederum sind die Tiere ganzjährig angebunden.

Inzwischen ist es Abend geworden im Allgäu und damit Zeit für Martin Rothmayr, die Tiere von der Weide zurück in den Stall zu holen. 16 Landwirte gab es vor 30 Jahren noch im Ort - inzwischen sind es nur noch drei. Kühe sind selten geworden und nicht jeder freut sich, wenn sie durch die Straßen laufen. Denn hin und wieder verursachen die Tiere auch mal kleinere Schäden. Mit dem neuen Stall wäre dieses Problem gelöst und auch für die Kühe würde einiges besser werden. "Wenn es um Kontrollen geht, ist die Behörde da. Aber wenn es darum geht, wie man langfristig Tierwohl schaffen kann, dann gibt es wenig Hilfe", klagt Rothmayr. Der Landwirt hofft, dass es mit dem Widerspruch doch noch klappt. Bis dahin muss er seine Kühe jeden Abend noch an die Kette legen.

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