Bundesinnenministerin Faeser hat das Betätigungsverbot für die Hamas und ein Verbot des Unterstützervereins Samidoun in Deutschland verkündet.
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Bundesinnenministerin Faeser hat das Betätigungsverbot für die Hamas und ein Verbot des Unterstützervereins Samidoun in Deutschland verkündet.

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Innenministerin verbietet Hamas und Netzwerk "Samidoun"

Innenministerin Faeser hat ein Betätigungsverbot für die Terror-Organisation Hamas erlassen. Zudem gab sie die Auflösung des Vereins "Samidoun" bekannt. Bayerns Ministerpräsident Söder rief Muslime auf, sich von der Hamas zu distanzieren.

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Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat die Tätigkeiten der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas und das pro-palästinensische Netzwerk "Samidoun" verboten. Das teilte sie in Berlin mit.

Faeser: Kein Platz für Antisemitismus in Deutschland

Mit den Verboten zieht die Bundesregierung die Konsequenz aus den Terrorangriffen der Hamas auf Israel im vergangenen Monat. Hamas sei eine "Terrororganisation", die das Ziel verfolge, "den Staat Israel zu vernichten", sagte Faeser. Der Verein Samidoun verbreite "als internationales Netzwerk unter dem Deckmantel einer 'Solidaritätsorganisation' für Gefangene in verschiedenen Ländern israel- und judenfeindliche Propaganda". Samidoun "glorifiziert" verschiedene ausländische Terrororganisationen, unter anderem die Hamas, so die Innenministerin.

"Antisemitismus hat in Deutschland keinen Platz, wir werden ihn mit aller Kraft bekämpfen", sagte Faeser. Sie fügte hinzu: "Das Abhalten spontaner 'Jubelfeiern' hier in Deutschland in Reaktion auf die furchtbaren Terroranschläge der Hamas gegen Israel zeigt das antisemitische, menschenverachtende Weltbild von Samidoun auf besonders widerwärtige Weise."

Wer aktiv ist, macht sich strafbar

Im Fall von Hamas und den ausländischen Strukturen von Samidoun geht es um ein sogenanntes Betätigungsverbot, für die deutschen Strukturen von Samidoun zudem um ein Vereinsverbot. Die Folgen sind ähnlich: Eventuelles Vermögen wird eingezogen, Internetauftritte und Aktivitäten in sozialen Medien werden verboten. Wer weiter für die Organisationen aktiv ist, macht sich strafbar.

Das Innenministerium begründete das Betätigungsverbot für die Hamas damit, dass diese sich "gegen den Gedanken der Völkerverständigung" richte und "erhebliche Interessen" der Bundesrepublik beeinträchtige. Der Verein Samidoun befürwortet nach Angaben des Innenministeriums "Gewaltanwendung als Mittel zur Durchsetzung politischer Belange" und "unterstützt Vereinigungen, die Anschläge gegen Personen oder Sachen veranlassen, befürworten und androhen".

Kanzler Olaf Scholz (SPD) hatte bereits kurz nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel ein Betätigungsverbot für die beiden Organisationen in Aussicht gestellt. Eine solche Ankündigung im Vorfeld eines Verbots ist sehr ungewöhnlich.

Sowohl Hamas als auch "Samidoun" israelfeindlich

Die Hamas ist von der EU und den USA als Terrororganisation eingestuft. Hinter ihr stehen nach Schätzungen des Verfassungsschutzes in Deutschland rund 450 Menschen, von denen viele deutsche Staatsbürger sind. Einen offiziellen Ableger der islamistischen Gruppierung gibt es hierzulande aber nicht. Vereine, die der Bewegung nahestanden, wurden vor einigen Jahren bereits verboten.

Samidoun ist eine Gruppe, die sich selbst als "palästinensisches Gefangenensolidaritätsnetzwerk" bezeichnet. Nach Einschätzung von Verfassungsschützern gehört Samidoun zur radikalen Palästinenserorganisation PFLP (Volksfront zur Befreiung Palästinas) und ist israelfeindlich. Die PFLP selbst propagiert den bewaffneten Kampf gegen Israel, ist aber im Gegensatz zur Hamas nicht religiös geprägt. Samidoun hatte schon wenige Stunden nach dem Blutbad in Israel am 7. Oktober für Entrüstung gesorgt, weil Mitglieder des Netzwerks zu Ehren der Hamas Süßigkeiten auf der Sonnenallee im Berliner Bezirk Neukölln verteilten.

Audio: Faeser verkündet Betätigungsverbot für Hamas und Auflösung von "Samidoun"

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat die Tätigkeiten der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas und das pro-palästinensische Netzwerk "Samidoun" verboten.
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Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat die Tätigkeiten der Hamas und das Netzwerk "Samidoun" verboten.

Israel dankt Faeser für Verbot

Israels Außenminister Eli Cohen lobte das Verbot. Im Kurznachrichtendienst X schrieb er: "Dies ist ein weiterer entscheidender Schritt der entschlossenen Umsetzung und Durchsetzung von Maßnahmen gegen palästinensische Terrororganisationen." Deutschland sei ein enger Verbündeter und wichtiger Partner, wenn es darum gehe, gegen Terrororganisationen vorzugehen - sowohl in Deutschland selbst als auch im internationalen Rahmen.

Die israelische Botschaft in Deutschland dankte der Innenministerin für die Verbote. "Die Bundesregierung zeigt klare Kante und macht damit deutlich: Null Toleranz für Terrorismus und Antisemitismus", hieß es in einer offiziellen Erklärung. Die Verbote seien eine wichtige Entscheidung mit Signalwirkung.

Lob auch von jüdischen Organisationen

Vom Zentralrat der Juden hieß es, das Verbot sei konsequent. Nun müsse "weiteren Hassorganisationen, die in Deutschland agieren, das Handwerk gelegt werden", forderte Präsident Josef Schuster.

Auch der Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, Volker Beck, begrüßte die Verbote und nannte sie "längst überfällig". Es werde jetzt darauf ankommen, dass das gesamte Um- und Vorfeld von Samidoun und Hamas bei der Durchsetzung des Verbotes einbezogen werde. Der Grünen-Politiker äußerte aber auch leise Kritik: Es sei zu hoffen, dass durch die vorherige Ankündigung der Verbote nicht alle Beweismittel beseitigt wurden - "und die Wirkung des Verbotes hierdurch abgeschwächt wird".

Polizei in Berlin rechnet mit Protesten

Die Berliner Polizei stellt sich unterdessen auf Proteste ein infolge der Verbote. Man gehe davon aus, dass die Entscheidung "zu einer Emotionalisierung" führen werde, sagte eine Polizeisprecherin. Für eine Demonstration am Samstag, zu der mehrere propalästinensische Gruppierungen bundesweit aufrufen, sind rund 1.000 Teilnehmer angemeldet. "Wir können nicht ausschließen, dass es deutlich mehr werden", so die Polizeisprecherin.

Auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) geht davon aus, dass die Berliner Polizistinnen und Polizisten die Auswirkungen des Verbots der Organisationen zu spüren bekommen. Dennoch helfe die Entscheidung sehr, denn dadurch sei der Rechtsrahmen klar, betonte der GdP-Bundesvorsitzende Jochen Kopelke. "Der Schutz jüdischen Lebens in Deutschland hat höchste Priorität und deshalb werden wir auch diese Terrororganisation in Deutschland mit Härte und Professionalität bekämpfen!"

Söder ruft Muslime zur Distanzierung von Hamas auf

Unterdessen forderte CSU-Chef Markus Söder die Muslime in Deutschland auf, sich vom Terror der Hamas zu distanzieren. "Bei der Verurteilung des Hamas-Terrors dürfen wir nicht generell Muslime bei uns unter Verdacht stellen", sagte er dem Münchner Merkur: "Deswegen mein Appell an alle: Distanziert euch bitte vom Terror der Hamas!“

Man müsse sich "darauf einstellen, dass die Lage auch bei uns aufgeheizter und ungemütlicher wird. Es ist daher wichtig, dass wir den Frieden im eigenen Land schützen und wahren", erklärte Söder: "Wir haben eine klare Haltung: Wir stehen zu Israel und werden jüdisches Leben schützen – das ist ein Schutzversprechen des Freistaats und von mir ganz persönlich. Jeder Angriff auf jüdisches Leben ist ein Angriff auf uns alle.“

Mit deutlicher Kritik reagierte Söder auf die antiisraelischen Äußerungen des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan: "Es ist gefährlich, wenn sich ein Nato-Mitglied so äußert wie die Türkei unter Erdogan. Das kann nicht unwidersprochen bleiben." Mit Blick auf eine mögliche Deutschland-Reise von Erdogan sagte Söder, er erwarte in diesem Fall von Kanzler Olaf Scholz "Klartext".

Mit Informationen von dpa, Reuters und AFP

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